Löhne Nachdenkliche Reden zum Tag der Arbeit in Löhne

Löhne. Zur Maikundgebung in der Werretalhalle sind rund 80 Gäste gekommen. Rund ein Drittel weniger als vor Corona, aber viele seien im Moment ja noch vorsichtig, sagt Friedel Böhse, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Herford. Die Veranstaltung zum 1. Mai in Löhne hat eine lange Tradition. Nach zwei Jahren Pandemie-Pause haben nun die Gewerkschaften auch wieder in die Werretalhalle eingeladen, dieses Jahr unter dem Titel "GeMAInsam Zukunft gestalten". Dieses nach vorne gerichtete Motto steht im Kontrast zu den Krisen, allen voran dem Ukraine-Krieg. Oder eben auch nicht - wie sowohl im Grußwort von Bürgermeister Bernd Poggemöller als auch in der Mai-Rede von Egon Schewe deutlich wird. "Der 1. Mai gehört uns." Mit diesen Worten begrüßt zunächst Friedel Böhse die Besucher in der Werretalhalle und erinnert an die Ursprünge vom Tag der Arbeit in den Streiks der Arbeiter in den Chicagoer Schlachthöfen des 19. Jahrhunderts, die damals für den Acht-Stunden-Tag kämpften. Böhse spricht über Erfolge wie den Mindestlohn und Herausforderungen wie die Folgen der Corona-Krise und der Sparpolitik der vergangenen Jahre. Aber den weit größten Teil seiner Begrüßung redet der DGB-Kreisvorsitzende über den Krieg in der Ukraine. "Wir fordern Solidarität, Frieden und Waffenstillstand jetzt." Gegen einen neuen Rüstungswettstreit müsse nun eingetreten werden. "Es ist wichtig und richtig, an einer allgemeinen und weltweiten Abrüstung festzuhalten." Diese Aussagen werden von den Zuhörern mit spontanem Applaus quittiert."Wir halten zusammen" "Corona-Krise und Ukraine-Krieg verlangen uns eine Menge ab", sagt Bürgermeister Bernd Poggemöller in seinem Grußwort. "Sie zeigen aber auch, dass wir immer wieder über uns hinauswachsen können." Er betont, wie bewundernswert die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung angesichts des Leidens in der Ukraine sei. Er weist aber auch darauf hin, dass aktuell gerade die, die nur wenig Einkommen hätten, unter Preissteigerungen und Inflation am meisten litten. "Wann wird das endlich umgesetzt, dass starke Schultern mehr tragen, als die schwachen?", fragt er. Und dann stünden auch noch so viele "Megathemen" in den nächsten Jahren an, vom Klimawandel über die Mobiliätswende bis zur Pflege-Krise. Darum sei es wichtig, an diesem 1. Mai auch wieder ein Zeichen der Solidarität zu setzen. "Wir halten zusammen, komme was wolle, um eine bessere Zukunft für uns und unsere Nachkommen zu schaffen." Nach dieser Präambel ergreift Egon Schewe das Wort. Der Löhner SPD-Politiker und stellvertretende Bürgermeister redet in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins für Kommunikation, Kultur und politische Bildung. "Es ist eine bittere historische Erfahrung, dass es nun wieder einen ultranationalistisch motivierten Überfall auf die Ukraine gegeben hat." Vor rund 80 Jahren, darauf weist Schewe hin, war es das nationalsozialistische Deutschland gewesen, dass dort eingefallen sei und Millionen Menschen verschleppt und ermordet habe. Darum komme Deutschland heute eine besondere Verantwortung zu, den Menschen aus der Ukraine zu helfen. Kanzler Olaf Scholz sei zu Recht besonnen gewesen in Bezug auf die Lieferung schwerer Waffen, das jetzige Votum des Bundestags dafür sei mit Blick auf die europäische Solidarität nachzuvollziehen. "Dennoch: Lassen wir uns nicht in eine hemmungslose Rüstungsspirale drängen", ruft Schewe.Die Verlierer der Krisen Leider sehe er auch in den Sanktionen durch den Westen eher etwas, das vor allem die russische Bevölkerung treffen werde. "Es steht zu befürchten, dass wir mit diesem Knüppel nur den Sack aber nicht den Esel treffen." Das wirklich Schlimme sei, dass es keine wirksame politökonomische Strategie gebe, die dieses Problem lösen könne. Dennoch müsse alles getan werden, um jede weitere Eskalation zu verhindern. Schewe appelliert - entsprechend der Forderungen des DBG - für ein Ende der Kämpfe und einen Waffenstillstand. Global träfen die Folgen der aktuellen Krisen wieder vor allem Menschen, die ohnehin schon ein niedriges Einkommen haben. "Nur der, der viel hat, dem wird auch viel gegeben." Die Kluft, die sich dadurch in der Gesellschaft auftue, befördere wiederum rechtspopulistische Strömungen. Diese hätten in mehreren europäischen Ländern schon in den vergangenen Jahren stark hinzugewonnen. Das dürfe nicht verharmlost werden. Wenn der soziale Rechtsstaat sein Versprechen nicht mehr einhalte, gefährde das den sozialen Frieden. "An dieser Frage entscheidet sich die Zukunft der parlamentarischen Demokratie."

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