Lamm im Garten angebunden: "Unhaltbare Zustände"

Löhne. Als Jesus Christus gemäß christlicher Überlieferung unschuldig am Kreuz starb, war dies gleichzeitig die Geburtsstunde vom "Lamm Gottes" als symbolischer Analogie. Nicht ohne Grund also bekommen Lämmer zu den Feiertagen nicht nur als Festtagsbraten eine ganz neue Bedeutung. Auch in Löhne, wo ein Lämmchen pünktlich zu Ostern für Aufsehen sorgte - und selbst Polizei und Veterinäramt auf den Plan rief. Unschuldig und rein, fromm und von sanftem Gemüt. Attribute, die nicht nur Christen mit den zierlichen Jungschafen verbinden. Und vielleicht war es gerade dieser Umstand, der Spaziergängern in Obernbeck jüngst die Zornesröte ins Gesicht trieb. In einem privaten Garten entdeckten sie ein Lamm, das - ganz entgegen seines Charakters - einsam, getrennt vom Muttertier und lieblos an einem Strick angeleint war. "Unhaltbare Zustände" nennt es eine Augenzeugin, die lieber anonym bleiben möchte. Und tatsächlich mutet die Entdeckung des Tieres gleich mehrfach seltsam an. Hohe Hürden für private Schafhalter So ist eine hobbymäßige Haltung von Schafen zwar grundsätzlich gestattet. Die Auflagen dafür aber sind hoch. Das Bundes-Tierschutzgesetz etwa fordert eine "tierartgerechte und den Bedürfnissen entsprechende Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung sowie eine artgerechte Bewegungsmöglichkeit". Wie das im einzelnen aussieht, ist derweil in den Empfehlungen der Deutschen Veterinärgesellschaft sowie des Europarates geregelt. "Das Schaf ist ein Herdentier", heißt es dort unter anderem, "die soziale Isolation belastet die Tiere und wird als tierschutzwidrig abgelehnt." Auch das Anbinden wird dort ausdrücklich untersagt. Darüber hinaus unterliegen Halter einer Melde- und Kennzeichnungspflicht. Osterbraten oder Spielkamerad? Weil zumindest letzterer Punkt in Obernbeck offensichtlich nicht eingehalten wurde, ist auch die Polizei aktiv geworden. Nachdem die Beamten von mehreren Beobachtern auf das Lamm aufmerksam gemacht worden waren, stellten sie bei einem Besuch des Halters unter anderem das Fehlen einer Ohrmarke fest. Weil aus ihrer Sicht auch weitere Verstöße vorlagen, verständigten sie das Veterinäramt des Kreises Herford, das umgehend zu einer Kontrolle ausrückte. Die Frage, warum ein Privatmensch überhaupt ein einzelnes Lamm in seinem Garten an einem Strick hält, blieb dabei zunächst unbeantwortet. Während manche Zeugen eine geplante Schlachtung des Tieres für das Osterfest befürchteten, soll der Besitzer selbst von einer Anschaffung als Spielkamerad für die eigenen Kinder gesprochen haben. Fakt ist aber, dass das Veterinäramt so oder so gravierende Verstöße gegen verschiedene Grundsätze der Schafhaltung feststellte. Warum das Veterinäramt auf eine Beschlagnahmung verzichtete Zum Entsetzen der Zeugen aber sahen die Veterinäre dennoch von einer Beschlagnahmung des Tieres ab. Auf Nachfrage der Neuen Westfälischen begründet das Amt diesen Schritt mit der Einsichtigkeit des Halters. Dieser sei bereit gewesen, das Tier freiwillig abzugeben. "Das Veterinäramt hat daraufhin dem ehemaligen Tierhalter einen geeigneten und als zuverlässig bekannten Schäfer aus dem Kreisgebiet empfohlen und dieser hat das Tier bereits in seine Obhut genommen", heißt es. Ein behördliches Eingreifen sei somit nicht erforderlich gewesen. Sehr zum Leidwesen der Zeugen. Die nämlich hätten lieber einen Einzug des Lamms samt Übergabe an einen Lebenshof oder eine tiergestützte Therapiepraxis gesehen. Entsprechende Möglichkeiten hatten sie nach eigener Aussage bereits ausgelotet. "Es bleibt schließlich die Frage, was den besagten Schäfer so zuverlässig macht, dass das Tier nicht doch als Osterbraten endet", formulieren sie ihre Sorge. Tierschützer hoffen auf den Schäfer Tatsächlich aber fehlt dem Veterinäramt für ein solches Vorgehen die Handhabe. Denn laut Tierschutzgesetz muss dem Tierhalter bei festgestellten Verstößen zunächst eine Frist zu Beseitigung der Missstände beziehungsweise zur anderweitigen Unterbringung gegeben werden. Eine etwaige Veräußerung des Tieres, etwa an einen Gnadenhof, ist dem Amt erst nach Ablauf dieser Frist gestattet. "Da das Lamm bereits nachweislich tierschutzgerecht untergebracht wurde, konnte dieser Wunsch aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht erfüllt werden", heißt es in einer Stellungnahme des Veterinäramtes. Dass das Lamm nun gut versorgt ist, davon zeigen sich die Beamten indes überzeugt: "Wir überprüfen die Schäfer, die Tiere in ihre Obhut bekommen, immer auf Grundlage des Tierschutzgesetzes für artgerechte Tierhaltung. Werden diese Vorgaben erfüllt, gilt ein Schäfer als zuverlässig", sagen sie. Und genau auf diesem Umstand ruhen nun auch die Hoffnungen der Tierschützer. Gerne würden sie sich selbst vergewissern, dass das Obernbecker Lämmchen in guten Händen ist: "Vielleicht meldet sich der Schäfer ja und gestattet uns einen Besuch."

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