Kunde stiehlt Geldbörse eines Taxifahrers in Löhne und lügt vor Gericht

Löhne. Damit hat der Richter nicht gerechnet: Ein Entlastungszeuge, der Belastendes über den Angeklagten erzählt und damit sämtliche Argumente des Angeklagten vom Tisch fegt. Im Prozess gegen einen Taxikunden aus Löhne, der einem Taxifahrer die Geldbörse gestohlen und erst über Umwege zurückgegeben haben soll, gibt es ein Urteil. Der Richter fällte es allerdings in Abwesenheit des Angeklagten. Sein Verteidiger hielt allein die Stellung. Der Prozess wurde bereits zum dritten Mal im Amtsgericht Bad Oeynhausen aufgerufen. Zuvor fehlte immer wieder ein wichtiger Zeuge. Erst ging die Ladung an die falsche Adresse, dann schwänzte der Zeuge. Doch dieses Mal begleitete die Polizei den Mann zum Termin. Auf seine Aussage baute der Angeklagte. Ein mysteriöser Zettel und eine Geldbörse im Briefkasten Angeblich hatte nämlich dieser Zeuge die Geldbörse des Taxifahrers in Mennighüffen auf der Straße gefunden und mit einem Zettel ausgerechnet in seinen Briefkasten geworfen. Der Angeklagte erzählte, dass er viel zu spät seinen Briefkasten entleert habe und erst auf dem Zettel las, wem das Fundstück gehörte. Er habe dann umgehend Börse, 96 Euro Bargeld und den noch ausstehendem Taxilohn an den Taxifahrer zurückgegeben. Der Zeuge entlarvte diese Erzählung mit wenigen Worten als halbgares Märchen: "Der Angeklagte hat mich gefragt, ob ich für ihn aussagen kann", sagte der Zeuge: "Aber ich weiß nix. Ich war selbst betrunken." Auf Rückfrage des Richters, was es denn mit dem Zettel auf sich habe, erklärte der Zeuge: "Das sollte ich so sagen." Das war selbst für die Verteidigung eine Überraschung, die Staatsanwältin war kurz sprachlos. "Das war an Deutlichkeit nicht zu überbieten", sagte der Verteidiger. Weder er, noch die Staatsanwältin hatten weitere Fragen an den Zeugen, der das Gericht umgehend wieder verlassen durfte. Weil der Zeuge jedoch beim zweiten Termin geschwänzt hatte, erwartet ihn wohl noch ein Ordnungsgeld. Dem Taxifahrer ist kein Schaden entstanden Warum der Angklagte diese Geschichte erfand, ist unklar. Allerdings ist der 35-jährige Löhner mehrfach einschlägig vorbestraft und stand zum Zeitpunkt der diebischen Taxifahrt unter Bewährung. Womöglich hatte er Angst, wieder in Haft zu kommen. Der Taxifahrer war offenbar kurz abgelenkt, als sein Kunde in Mennighüffen spurlos verschwand. Das hatte der Taxifahrer dem Gericht erklärt. Ihm ist kein Schaden entstanden. Der Taxifahrer hat sein Portemonnaie, das Geld und den Taxilohn für die zunächst unbezahlte Fahrt vom Bahnhof nach Mennighüffen zurückbekommen. Die Bewährungshelferin des Angeklagten berichtete, dass ihr Klient dringend auf ausstehenden Lohn eines ehemaligen Arbeitgebers warte und derzeit für eine Zeitarbeitsfirma jobbe. "Die Arbeitsagentur fühlt sich nicht zuständig." Ihr Klient ist wegen gefährlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt und erfülle seine Bewährungsauflagen bisher zuverlässig, so die Bewährungshelferin. Seine Suchproblematiken habe er im Griff. In der Familie schwele allerdings ein Konflikt mit der Mutter seiner Kinder, der übers Familiengericht gelöst werde. "Aktuell kann ich nichts Negatives sagen", erklärte die Bewährungshelferin. Ohne Märchenstunde des Angeklagten wäre die Sache eingestellt worden Der Richter verurteilte den Angeklagten wie von der Staatsanwaltschaft beantragt zu vier Monaten Haft. Der Löhner muss außerdem die Prozesskosten schultern. In seiner mündlichen Urteilsbegründung ließ der Richter durchblicken, dass er die Sache eigentlich gern gegen geringe Auflagen eingestellt hätte. Weil der Angeklagte aber leugnete, sei er nun wegen Diebstahls überführt. Zudem sollte ein Zeuge für ihn lügen und das Gericht musste an drei Prozessterminen tagen. Der Richter: "Das ist dreist."

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