Löhne/Bad Oeynhausen. Der Angeklagte zeigte völliges Unverständnis. Gerade hatte die Staatsanwaltschaft ihr Abschlussplädoyer gehalten und ein Strafmaß von 150 Tagessätzen zu 30 Euro eine hohe Geldstrafe (4.500 Euro) gefordert. "Da kann ich lieber ins Gefängnis gehen, bevor ich das auch noch zahlen muss", sagte derwegen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung auf der Anklagebank sitzende 28-Jährige. Das Urteil des Richters unterschied sich dann tatsächlich von den Forderungen der Staatsanwaltschaft.
Aber von vorn. Der Mann mit deutscher und russischer Staatsangehörigkeit war im März dieses Jahres alkoholisiert von der Arbeit nach Hause gekommen und hatte sich mit seiner damaligen Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung in Löhne gestritten. Soweit sind sich alle Beteiligten einig. Worum es bei den Streitigkeiten der beiden genau ging, wurde jedoch nicht klar. Der Angeklagte gab im Gerichtssaal des Amtsgerichts Bad Oeynhausen an, Streitpunkt sei das Zusammenleben mit seiner künftigen Schwiegermutter gewesen. Die damalige Lebensgefährtin erklärte, sie hätten wegen ihres Anrufs bei ihrer Schwester gestritten.
Angeklagter verhindert, dass seine Lebensgefährtin die Polizei ruft
Was dann genau passierte, wissen nur die beiden Beteiligten. Die Geschädigte erstattete danach jedoch Anzeige. Der 28-Jährige stand wegen versuchter Nötigung, Körperverletzung und Beleidigung vor Gericht. In Folge der Streitigkeiten war der mittlerweile in Bad Oeynhausen wohnende Angeklagte lauter und dominanter geworden, was eine die Nachbarin bezeugen konnte.
Der Angeklagte habe versucht, ihr das Handy wegzunehmen, sagte die Geschädigte unter Tränen aus. Sie wollte verängstigt die Polizei rufen. Doch der Mann habe sich auf sie gesetzt, ihr den Mund zugehalten und mit dem Ellenbogen auf ihr Gesicht gedrückt. Dabei platzte die Lippe der mittlerweile aus Löhne weggezogenen Lebensgefährtin auf und blutete. Als die Nachbarin nicht mehr die Stimme der Frau hören konnte, rief sie die Polizei.
Die meisten Vorwürfe bestritt der Angeklagte nicht, konnte allerdings keine Straftat erkennen: "Bestimmt sind Schimpfworte gefallen in dem Streit. Aber nicht nur von meiner Seite. Und das mit der Hand auf dem Gesicht: Ja, das habe ich gemacht, aber auf die Lippe hat sie sich selbst gebissen, ich wollte nur, dass sie aufhört zu schreien." Mit dem Handy habe er aber nichts zu tun, beteuerte er.
"Ich lebe am Existenzminimum"
Der Mann war nicht zum ersten Mal aufgefallen. Die Polizei hat ihn schon beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischt, außerdem hat er eine Vorstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung, wobei es sich ebenfalls um eine Beziehungstat handelte. Eben diese Punkte merkte die Staatsanwaltschaft an und kam deshalb bei der Strafzumessung auf eine Geldstrafe von 4.500 Euro.
"Damit bin ich überhaupt gar nicht einverstanden", sagte der Angeklagte und rechnete vor, was er monatlich an Ausgaben für Kindergeld, Strafzahlungen aus früheren Verfahren und Miete hat. Er würde lieber ins Gefängnis gehen, als die hohe Geldstrafe zu zahlen. "Ich lebe am Existenzminimum", sagte der Bad Oeynhausener. Zu allem Überfluss habe er durch die Vorladung zum Gerichtstermin seinen Job verloren.
Richter David Cornelius verurteile ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Zusätzlich muss der Angeklagte 1.000 Euro ans Tierheim Vlotho bezahlen.