Lkw-Fahrer am Telefon gefeuert und ohne Geld in Löhne gestrandet

Löhne. Für den 40-jährigen Litauer kam die Katastrophe vier Wochen vor Weihnachten. Am Telefon wurde der Fernfahrer von seinem Chef gefeuert. Auf dem Gelände des Kohlenhofs Gohfeld stand er von jetzt auf gleich vor den Trümmern seiner Existenz. "Zwei Polizeibeamte fanden dort einen völlig aufgelösten Mann in einem Lkw vor", schreibt die Polizei in einer Pressemitteilung. Die Polizei war vom Chef des Fernfahrers kontaktiert worden. Eine litauische Logistik-Firma meldete, dass es Probleme mit einem ihrer Fahrer gäbe. Via GPS wurde der Mann am Kohlenhof geortet. Der Fahrer sprach kein Deutsch und die Polizisten kein Litauisch. Mithilfe einer Übersetzungsapp auf dem Handy klärte sich die Situation auf. "Der Fahrer hatte Stress mit seinem Chef. In einem Telefonat wurde ihm noch auf dem Hof der Job gekündigt. Der verzweifelte Litauer wusste nicht weiter – ohne Geld saß er fest und war verzweifelt", schreibt die Polizei. Die Beamten kennen sich offensichtlich in Löhne gut aus. Sie nahmen Kontakt zum Logistik-Unternehmen Kemena auf. "Die Polizei ging davon aus, dass wir bei uns litauische Arbeitskräfte beschäftigen. Das war zwar ein Irrtum, trotzdem waren sie richtig bei uns", sagt Kemena-Sprecherein Alicia Jording. Spontaner Einstellungstest auf dem Hof Die Polizei habe eher im Scherz gefragt, ob Kemena nicht noch einen Fahrer gebrauchen könne. "Die können mit dem Mann gerne vorbei kommen", habe Seniorchef Klaus Jording schnell entschieden. Denn bei der Kemena-Tochter ESJ würden tatsächlich Fahrer gesucht. Der Litauer räumte den Lkw seines ehemaligen Arbeitgebers. Das Hab und Gut des Fahrers samt eines Kartoffelsacks und Kochgeschirr zog vom Lkw in das Polizeiauto um. Und so fuhren die Beamten mit ihm auf den Betriebshof von Kemena. "Dort haben wir uns direkt überzeugt, dass er einen Lkw fahren kann", sagt Alicia Jording. Nach dem spontanen Einstellungstest ging alles ganz schnell. Der Litauer hatte einen neuen Job, wenige Stunden nach seiner Kündigung. "Wir waren absolut überrascht, dass uns die Polizei einen Mitarbeiter bis vor die Tür gebracht hat", sagt Alicia Jording. Das außergewöhnliche Engagement der Polizeibeamten sei wirklich bemerkenswert. "Das hat uns alle sehr berührt." "Unglaublich, einen Menschen mittellos auszusetzen" Überhaupt nicht nachvollziehen kann Jording das Verhalten des litauischen Logistik-Unternehmens. "Unglaublich, einen Menschen völlig mittellos einfach so auszusetzen", sagt sie. Der Mann habe nicht nur den Lkw sofort räumen müssen, auch ein Teil des Lohns wurde ihm vorenthalten. Ihm sei auch eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Litauen durch seinen ehemaligen Arbeitgeber verweigert worden. "Die Gründe für die Kündigung sind vielschichtig, nach unserem Rechtsverständnis aber völlig grundlos", betont Alicia Jording. Nach der Zusage hätten sich rührende Szenen auf dem Hof bei Kemena abgespielt. "Der litauische Fahrer, der ausschließlich seine Sprache spricht, weinte immer und wiederholte ständig das einzige deutsche Wort, dass er kannte: Danke", so Jording. Der 40-Jährige hat sich jetzt per Anhalter auf den Weg in seine Heimat gemacht. Am 1. Dezember will er wieder in Löhne sein. Dann beginnt sein neuer, unbefristeter Job bei der Kemena-TochterESJ. Und auch für seine Familie könnte es eine Perspektive in Deutschland geben. "Wir beschäftigen Mitarbeiter aus Serbien, Kroatien und Rumänien. Da unterstützen wir sie gerne, wenn es darum geht, die Familien nach Löhne zu holen. Es gibt immer wieder Situationen, wo wir auch den Ehepartnerinnen eine Job anbieten können", sagt Jording.

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