Lernen im Zoo Kein Erdmännchen-Nachwuchs: Schüler forschen im Herforder Tierpark nach dem Grund

Herford. Franziska ist die unangefochtene Chefin der Erdmännchen-Gruppe im Herforder Tierpark. Sie ist das so genannte Alpha-Weibchen, das es in jeder Erdmännchen-Familie gibt. Eigentlich hat Franziska in dieser Position vorrangig eine Aufgabe: Für Nachwuchs zu sorgen. Denn das ist bei den Erdmännchen der Chefin vorbehalten. Aber Franziska macht einfach keine Anstalten, sich zu paaren und Babys zu bekommen. Warum das so ist, dieser Frage gingen in den vergangenen vier Wochen Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler des Königin-Mathilde-Gymnasiums (KMG) nach. In einer Kooperation mit dem Tierpark stand im Projektkurs Q1 das praktische Arbeiten, die Forschung am lebenden Säugetier im Vordergrund. Oder - wie es die Schülerinnen ausdrückten - es konnte immer wieder die niedliche Erdmännchen-Gruppe im Tierpark besucht und beobachtet werden. "Das hat jede Menge Spaß gemacht." Der Spaß ist eine Sache - aber ein wenig Ernst ist auch dabei. Denn die Ergebnisse, die die Schülerinnen und Schüler am Ende Tierparkleiter Thorsten Dodt präsentieren und ihre Arbeit im Projekt, fließen nicht zuletzt auch in ihre Abiturnoten ein. "Das ist die erste Kooperation mit dem Tierpark und es ist durchaus noch mehr denkbar und wünschenswert", sagt Stephanie Graff, Kooperationsbeauftragte und Leiterin der Zooschul-AG am KMG. "Dieses praktische Arbeiten ist vor allem für unsere Schule ein großer Gewinn, nicht zuletzt, weil wir zu Fuß zum Zoo gehen können." Künftige Kooperationen zwischen Zoo und KMG erwünscht Auch Tierparkleiter Thorsten Dodt ist begeistert von der Zusammenarbeit. "Die Bildungsaufgabe, die wir erfüllen, ist für uns als Tierpark von großer Bedeutung", betont er. Vier Besuche bei den Erdmännchen habe es im Premieren-Projekt gegeben. "Da können wir schon einmal feststellen, dass wir eigentlich viel mehr Zeit brauchen", zieht Dodt ein erstes Fazit. Ein Grund: Projekte mit Tieren lassen sich schlecht planen. Das zeigte sich gleich zu Beginn der Forschungszeit. "Zunächst haben die Schülerinnen und Schüler ein paar grundlegende Dinge wie Alter und Geschlecht über unsere acht Erdmännchen erfahren. Und dann ging es daran, die Tiere zu markieren, damit die Schüler sie immer wiedererkennen konnten", erzählt Dodt. Doch die schlauen Erdmännchen spielten nicht mit. "Die haben Lunte gerochen und wir konnten sie nicht einfangen. Das kostet Zeit und da muss man bei Tieren einfach flexibel sein", so Dodt. Abends in Ruhe klappte das Markieren des Rückenfells durch die Pfleger - natürlich mit unschädlicher Farbe - schließlich noch. Besprechungen im Kakao-Raum des Tierparks "Wir haben den Tieren dann Namen gegeben", erzählen die Schüler. Neben Franziska spielten in ihren Beobachtungen auch Mopsi und Oskar eine Rolle. "Das Grundverhalten wurde schnell erkannt", lobt Thorsten Dodt. So zum Beispiel, dass in einer Erdmännchengruppe immer verschiedene Tiere für verschiedene Aufgaben zuständig sind. In der Natur gibt es das Alpha-Weibchen und das von ihr erwählte erste Männchen, die Wächter, die sich um den Schutz der Gruppe kümmern und die Lehrer, die den Nachwuchs erziehen. - Im Tierpark ist das ähnlich. Nur eben, dass die Lehrer derzeit arbeitslos sind in der Herforder Erdmännchen-Bande. "Nachdem wir 2019 den letzten Nachwuchs hatten, ist das vorherige Alpha-Weibchen gestorben. Und das nachfolgende bekommt bisher halt keine Babys, obwohl sie schon fünf Jahre alt ist", so Dodt. Dabei werden Erdmännchen bereits mit einem Jahr geschlechtsreif und können dann zwei-, manchmal sogar dreimal pro Jahr Nachwuchs bekommen. In der finalen Besprechung, die - wie nach jeder Beobachtungseinheit - im Kakao-Raum des Tierparks abgehalten wurde, stellten die Schüler auf der Grundlage ihrer Forschungen verschiedene Überlegungen an, wie der Tierpark auf die Situation reagieren könnte. Ein neues, blutsfremdes Weibchen einzusetzen, das bereits Erfahrung in Aufzucht und Führung einer Gruppe hat, war eine Möglichkeit. Ein Weibchen und Männchen aus unterschiedlichen Gruppen aus anderen Zoos zu holen, um in Herford eine komplett neue Gruppe aufzubauen, war eine weitere Idee. Beide Szenarien hätten aber zwei Nachteile: Es müssten Tiere abgegeben werden und es würde Unruhe und vielleicht auch Stress aufkommen in einer Gruppe, die eigentlich sehr harmonisch zusammenlebt. Alles bleibt erst einmal so, wie es ist Deshalb das einhellige Fazit: Die Situation sollte so belassen werden, wie sie ist. Die Schüler stellten in ihrer Forschung fest, dass es nicht nötig ist einzugreifen, da es allen Tieren gut geht, die Gruppe gut funktioniert und sonst ein völlig Erdmännchen-typisches Verhalten gezeigt wird. Das zu zerstören, nur um Jungtiere zu bekommen, sei der falsche Weg und wäre schade um die funktionierende Gruppe. Das bestätigte auch der Tierpark-Leiter: "Die Zucht sehen wir nicht als unsere Aufgabe an, nur um den Besuchern niedliche Jungtiere präsentieren zu können. Wir haben einen Bildungsauftrag und dafür zu sorgen, dass es unseren Tieren gut geht", so Dodt. Es sei aber abzuwarten, wie die Entwicklung in der Erdmännchengruppe weitergehe. "Mit ein wenig zeitlichem Abstand müsste die Situation neu überprüft werden."

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