Erinnerung an Novemberpogrom Kunstaktion in Herford: Schüler gestalten alternative Form des Gedenkens an den 9. November

Herford. Ein eher ungewöhnliches Bild bietet sich am Mittwoch an der Synagoge an der Komturstraße. Gemeinsam mit dem Künstler und Autor Nils Oskamp gestalten Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Friedenstal und des Elisabeth von der Pfalz-Berufskollegs vier große Tafeln am Zaun der Synagoge mit unterschiedlichen Motiven zum Thema Antisemitismus. Zu sehen sind unter anderem die von den Nazis ermordete Jüdin Anne Frank und eine brennende Synagoge. Auf einer weiteren Tafel ist der Satz "(Un)Menschlichkeit beginnt mit Worten" zu lesen. Organisatoren der Kunstaktion anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 sind das Kuratorium "Erinnern Forschen Gedenken", die Fachstelle "Demokratie leben" und das Landesprogramm "NRWeltoffen" mit Unterstützung der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold. "Wir haben mit den beiden Schulen schon mehrere Aktionen gemacht", sagt Christoph Laue vom Kuratorium. "Die Lehrer und Schüler waren schnell bereit, uns zu unterstützen. Das ist eine etwas andere Form des Gedenkens", ergänzt Laue. Für Meriam, die am Elisabeth-von-der-Pfalz-Berufskolleg ihr Fachabitur macht, hat eine Fahrt nach Auschwitz vor zwei Jahren vieles verändert. "Die gesamte Fahrt war sehr bewegend. Man kennt die Geschichte, aber vor Ort auf dem Boden des Grauens zu sein, hinterlässt ein anderes Gefühl. Ich bin gerne hier, es ist wichtig, vor allem die jungen Menschen an diese Zeit zu erinnen", ist sie sich mit Mitschüler Richard einig. Viele Schüler haben Rassismus selbst erlebt "Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben einen Migrationshintergrund und haben Rassismus schon selbst erlebt. Daher sind sie sehr sensibel und zeigen großes Interesse an diesem Thema", sagt Regine Stelte, Politiklehrerin am Berufskolleg. Das Wissen über die Hintergründe der NS-Zeit und die Reichspogromnacht sei allerdings häufig ausbaufähig. Für die Pädagogin ist es entscheidend, die NS-Thematik mit aktuellen Themen zu verknüpfen. "Dann bekommt man die Schüler", ist Regine Stelte überzeugt. In der Gedenkstunde im Anschluss würdigt Gisela Küster, Vorsitzende des Kuratoriums, die Mitwirkung der Schüler. "Es ist erfreulich, dass wir diesen Tag mit jungen Menschen gestalten können. Erinnerungsarbeit ist immer auch Zukunftsarbeit", so Küster. Dass man hier vor der neu erbauten Synagoge stehe, mache das Unrecht von damals fühlbar. Bürgermeister Tim Kähler mahnt, die Geschichte nicht zu vergessen, sondern aufzuarbeiten. "Solange noch immer Menschen aufgrund ihrer Religion verfolgt werden, haben wir aus der Geschichte nichts gelernt. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass jüdisches Leben hier in Herford immer seinen Platz hat", so der Bürgermeister. Nils Oskamp ist Künstler und Autor der autobiographischen Graphic Novel "Drei Steine". Darin erzählt er von seiner Zeit als Schüler in Dortmund in den 1980er Jahren und seinem verzweifelten Kampf gegen Neonazis. Zwei Mordanschläge der Neonazis hat Oskamp überlebt. Eine Ausstellung über die Graphic Novel ist noch bis Februar kommenden Jahres in der Gedenkstätte Zellentrakt zu sehen. Am kommenden Donnerstag, 17. November, findet eine Lesung mit dem Autor im Jugendzentrum Tott im Mehrgenerationenhaus Frieda statt. Beginn ist um 19 Uhr.

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