Steinwüsten Stadt Herford greift durch: Schottergartenbesitzer müssen jetzt hohe Strafen zahlen

Herford. Schottergärten sind der Verwaltung - und vielen Bürgern und Politikern - ein Dorn im Auge: Sie heizen die Stadt auf und bieten Insekten weder Nahrung noch Unterschlupf. Weil unter vielen von ihnen auch noch Folien gegen aufkeimende Pflanzen liegen, dienen sie bei starken Niederschlägen nicht als Versickerungsflächen. Fatal in Zeiten, in denen die Grundwasserstände vielerorts sinken, plötzliche Überflutungen aber zunehmen - und damit auch die Überlastung der Kanäle. Seit 2020 ist ein Mitarbeiter der Stadt für die Beseitigung der Schotterflächen in Herford zuständig. Rund 200 Briefe hat er inzwischen an Besitzer von Steinwüsten versandt, sagt Baubeigeordneter Peter Maria Böhm. Bisher hätten aber erst 15 von ihnen ihre Flächen wieder in Grün verwandelt. Damit stehen 185 Rückbauten noch aus, allerdings hat es in 50 Fällen eine Einigung zwischen Stadt und Schottergarten-Besitzer über die Umwandlung gegeben. Bei kleinen Schottergärten bis etwa 15 bis 20 Quadratmeter erlaubt die Stadt eine dichte Begrünung mit passenden Pflanzen durch die Schotterdecke hindurch. Dadurch sei die Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der Auswirkungen der versiegelten Flächen auf die Umwelt berücksichtigt, meint Böhm. Sprich: Wer der Umwelt bisher weniger geschadet hat, der hat es dann auch leichter mit dem Rückbau. Die Verwaltung gibt Ratschläge zur Umwandlung Der Schottergarten-Beauftragte der Stadt vermittelt zudem Grundstückseigentümern, die sich bei ihm melden, die fachlichen Grundlagen für die ökologische Umwandlung - und bei Bedarf auch für pflegeleichte Gärten. Zudem gewährt er gegebenenfalls auch eine Fristverlängerung. Sowieso liegt die eingeräumte Frist zur Beseitigung der Schottergärten bei mindestens sechs Monaten. Denn sie muss eine Vegetationspause durchlaufen, weil die Pflanzen nicht jederzeit in die Erde gesetzt werden können. Der Beratungsbedarf sei insgesamt groß, hatte die städtische Stadtplanerin Maike Wöhler im Februar erzählt. Viele Menschen hätten überhaupt keinen Bezug zu ihrem Garten. Sie wüssten nicht, was Stauden und was Sträucher sind, oder dass es einjährige und zweijährige Stauden gibt. Gerade junge Leute seien da manchmal völlig unbedarft, so Wöhler damals. Sie bestellten ihren Vorgarten nach Gefallen aus dem Katalog. Und das sei dann eben unter Umständen ein Schottergarten. Eigentümer, die der städtischen Aufforderung zur Beseitigung des Schottergartens nicht nachkommen, schreibt die Verwaltung noch einmal an. Wenn sie dann innerhalb einer Frist immer noch nicht zurückbauen, erhalten sie eine Beseitigungsverfügung. Dafür erhebt die Stadt 200 Euro. Die hat die Stadt inzwischen zwölfmal eingefordert. "Bislang wurden alle erforderlichen Maßnahmen spätestens dann umgesetzt", sagt Böhm. "Würde der Schottergarten dann immer noch nicht beseitigt, würden wir ein Zwangsgeld von ungefähr 2.000 Euro verhängen. Satelliten-Aufnahmen zeigen, wo Umweltsünder zu Hause sind Der städtische Mitarbeiter, der die Bürger zum Rückbau ihrer Schottergärten auffordert, ist im Südwesten Herfords angefangen, die Besitzer der Steinwüsten anzuschreiben - und noch nicht bis in den nördlichen Teil der Stadt vorgedrungen, wie Baubeigeordneter Peter Maria Böhm sagt. Im Februar berichtete Wöhler, dass die Verwaltung allein in Elverdissen 137 Schottergärten gefunden hätte. Auf die Spur der Umweltsünder führt die Verwaltungsmitarbeiter meist zunächst der Blick ins Internet: Die Satelliten-Bilder werden dort alle zwei oder drei Jahre aktualisiert. Das relativ neue Wohngebiet zwischen Wellbrocker Weg, Ramker Weg und Bünder Fußweg hat die Verwaltung Böhm zufolge noch nicht Augenschein genommen. Dort häufen sich die Steingärten und andere großflächig versiegelte Grundstücksbereiche. Das Wohngebiet war auch schon in der Politik Thema: Der Bebauungsplan für den Bereich sieht heimische Pflanzen vor. Stattdessen wachsen dort vielfach invasive Pflanzen, also nicht heimische, die sich auch noch ausbreiten. Welche Hitze Schottergärten entwickeln, hat der hessische Landesbetrieb Landwirtschaft in einem Versuch ermittelt: Demnach lag die Temperatur der Schotterfläche meistens bei ungefähr 10 Grad, teilweise sogar 20 Grad Celsius über der von Pflanzflächen. Wenn sich nachts die Lufttemperatur abkühlte, näherte sich die Oberflächentemperaturen der beiden Flächen wieder an. Auch in Herford gibt es inzwischen Tropennächte Im Zuge der globalen Erwärmung werden die Sommermonate allerdings immer wärmer, so dass auch nachts die Temperaturen für einen längeren Zeitraum über 20 Grad Celsius liegen. Tropennächte nennen die Wissenschaftler solche Nächte. In Tropennächten gab der stark erwärmte Schotter weiterhin kontinuierlich Wärme an die Umgebung ab, so der Landesbetrieb Landwirtschaft. Das seien die Nächte, in denen die nächtliche Abkühlung, die für das menschliche Wohlbefinden notwendig sei, nicht mehr funktioniere. Dieser Effekt gelte im Übrigen nicht nur für Schotterflächen, sondern auch für andere versiegelte Flächen wie Mauern und Hauswände. Deswegen sei es in Siedlungsbereichen auch immer wärmer als im Umland, was zu Zeiten, in denen der Klimawandel noch nicht so weit fortgeschritten war, deutlich wahrnehmbar gewesen sei. Rechtliche Grundlage für das Vorgehen der Stadt sind oft die Bebauungspläne: Seit einigen Jahren nimmt die Stadt ein Schottergarten-Verbot auf, wenn sie die Pläne neu aufstellt oder ändert. Ansonsten beruft sie sich auf das Bauordnungsrecht und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover: Die Richter hatten entschieden, dass Schottergärten bauliche Anlagen sind, die einer Baugenehmigung bedürfen. Die Baugenehmigung werde fast nie eingeholt, und wenn doch, wird sie von der Stadt nicht erteilt, so Wöhler im Februar.

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