Herforder Innenstadt 50 Tauben in Herford unter gefährlichen Bedingungen vom Dachboden gerettet

Herford. Karin Gehrke (54) ist Tierschützerin mit Leib und Seele, hat sich der Stadttaubenhilfe Herford e.V. verschrieben und wird am Samstag, 17. September, alarmiert und zu einem Einsatz am Logenplatz im Herzen der Herforder Innenstadt gerufen. Was sie dort erlebt, macht sie sprachlos - und wird sie in den nächsten Tagen bis zur Erschöpfung beschäftigen. "Aufmerksame Anwohner bemerkten ein klägliches Piepsen und entdeckten in einer Ecke unter Büschen mehr als 40 Taubenküken", berichtet die Tierschützerin. Das Gelände des Fundortes beherbergt ein leerstehendes Haus, welches offenbar gerade durch ein Unternehmen entrümpelt wird, auch ein Dachdeckerunternehmen ist dort aktuell tätig und verrichtet entsprechende Dachbauarbeiten. Wer den Küken dort einen Unterschlupf gewährte, ist bislang ungeklärt. Wann das geschah, ebenfalls. Eine direkte Nachsuche nach weitere Tauben zeigt dann das ganze Ausmaß, wie Gehrke weiter ausführt: "Zusammen mit einigen Nachbarn fanden wir an und in dem Haus sechs tote Küken und 34 lebende, aber extrem dünne und teils sehr schwache Küken - von klein bis halbflügge." Gehrke bringt sie zu einer Auffangstation nach Bünde, wo sie versorgt werden, erstattet Anzeige wegen Tierquälerei und schaltet das Veterinäramt ein. Rettung von 50 Tauben unter gefährlichen Bedingungen Offenbar hatten sich die Tauben einen Unterschlupf in dem leerstehenden Haus gesucht, sind durch das marode Dach auf den Dachboden gelangt und dort dann teils in Spalten zwischen den angrenzenden Häusern links und rechts abgerutscht, da die Spalten nur zur gegenseitigen Häuserfront zur Bäckerstraße hin verblendet sind. Die Suche in dem baufälligen Haus geht weiter, Gehrke bezieht befreundete Tierschützer aus Bielefeld, Herford und Bünde mit in die Suche nach weiteren Tauben in dem Objekt ein, ruft auch die Feuerwehr zu Hilfe. Diese rückt auch an und verschafft sich ein Lagebild, hält eine Bergung der verendeten Tauben in den Spaltschluchten jedoch für zu aufwändig und gefährlich, zumal das Kreisveterinäramt bereits in den Vorgang involviert ist und die Dachdeckerfirma anwies, den gerade erst notdürftig geschlossenen Dachbereich und die vernagelten Fenster wieder zu öffnen. Nicht nur positive Stimmen Das führt bei Karin Gehrke zu Unverständnis, sie macht sich in den sozialen Netzwerken Luft und berichtet davon, dass nun alle Küken von heldenhaften Mitarbeitern der Dachdeckerfirma gerettet worden seien, während die Feuerwehr nach der Ortsbesichtigung erklärt habe, das wäre zu gefährlich und nicht machbar. Auch berichtet sie darüber, wie eine weitere Tierschützerin, trotz Höhenangst, zwei kleine Küken aus dem tiefen Spalt rettete und sogar auf ein Gerüst geklettert sei, um ein weiteres Küken zu retten. Augenzeugen, die die Rettungsaktionen vor Ort beobachtet haben, sind über das Vorgehen der Tierschützer geteilter Meinung. Während die einen es toll finden, dass sich die ehrenamtlichen Helfer derart engagieren, schütteln andere Beobachter einfach nur den Kopf. Ein Passant, der namentlich ungenannt bleiben möchte, wirft die Frage auf, mit welchem Recht die Tierschützer eigentlich fremdes Eigentum betreten und sich selbst in Gefahr begeben: "Die Holztreppen sind marode und können jederzeit durchbrechen - und in die tiefen Spalte zwischen den Häusern zu klettern, ist schlichtweg lebensgefährlich." Und auch ein weiterer Aspekt käme hinzu, wie auf Nachfrage der NW auch der Leiter der Herforder Feuerwehr, Karsten Buschmann, bestätigt: "Eine solche Aktion muss aus Sicherheitsgründen in Schutzanzügen unter Atemschutz erfolgen, da Taubenkot und auch verendete Tauben zu einer Dekontamination führen." Buschmann bestätigt auch den Einsatz vor Ort und stellt klar, dass die Feuerwehr natürlich auch für die Tierrettung zuständig sei - auch für Tauben. Man habe hier aber unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit davon abgesehen, einzugreifen, da das Veterinäramt bereits im Boot war und der Termin für den kommenden Tag anstand. Dies sei den Anliegern und Betroffenen so mitgeteilt worden. Stadt Herford müsse endlich handeln Seitens der Tierschützer wird einmal mehr der Ruf nach einem öffentlichen Taubenschlag laut. So, wie es ihn unter anderem in Bielefeld bereits gibt. Die Vorteile lägen auf der Hand, meint Karin Gehrke: "Dort, wo die Tiere fressen, verrichten sie auch ihr Geschäft, ein öffentlicher Taubenschlag würde sich dann also auch auf die Sauberkeit in der Innenstadt auswirken", meint sie. Desweiteren könne man die Eier gegen Dummies austauschen, so dass auch der Population ein wenig Einhalt geboten werden könne. Man dürfe nicht vergessen, dass es sich bei den Stadttauben um domestizierte Tiere handeln würde. Es seien Nachkommen von Hochzeits- und Brieftauben, die vor rund 20 Jahren wohl ausgesetzt worden seien. Nun sei die Stadt Herford gefordert, hier endlich zu handeln.

Mehr zum Thema