Herford Bombenverdacht im Briefverteilzentrum in Herford: Belegschaft beweist starke Nerven

Herford. Abteilungsleiter Stefan Dierkes vom Briefverteilzentrum der Post an der Bielefelder Straße ist stolz auf seine Leute. Er will sie auch in der Zeitung dafür loben. Die überwiegend weibliche Belegschaft hat nach seinen Schilderungen unbeirrt weiter gearbeitet, obwohl ein paar Meter weiter in der großen Halle mit den Sortieranlagen über eine Woche der Kampfmittelräumdienst im Einsatz war. Die Experten überprüften mit Bohrungen, ob tatsächlich zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg unter dem Betonfußboden schlummern, oder nicht. Es war am Ende zum Glück blinder Alarm, doch der Stress durch Umorganisation der Abläufe war groß. Ebenso die Kosten für die Deutsche Post. Sechsstellige Kosten für die Post Eine Mitarbeiterin nahm die psychische Belastungsprobe mit Humor, schildert Dierkes. "Wenn auf dem Grundstück ein Schatz gefunden wird, gehört er dem Staat. Wenn eine Bombe gefunden wird, bezahlt der Besitzer", sagte sie. Denn tatsächlich musste die Post bis auf den reinen Einsatz des Kampfmittelräumdienstes für alle Arbeiten rundherum aufkommen. Kosten: mehrere Hunderttausend Euro. "Angst hatte ich nicht", sagte Art Nezahat, die die Sortiermaschine beschickt, beim Rundgang der Presse. "Das war nicht so schlimm für mich. Ich habe nicht gedacht, dass eine Bombe hochgeht. Ein paar Kolleginnen waren aber doch nervös." Es gibt neue Luftbilder von damaligen Bombenangriffen Das Briefverteilzentrum wurde 1995 gebaut und zwischendurch erweitert. Schon seinerzeit wurde der Möglichkeit von Blindgängern nachgegangen. So nah an den Bahnschienen ist die Vermutung nicht unbegründet. Doch man fand keine Hinweise und es konnte gebaut werden. Als es im vergangenen Jahr um den Neubau einer weiteren Halle für eine Sortieranlage von Sendungen in Päckchengröße ging, sah die Sache auf einmal anders aus. Abermals musste routinemäßig auf Kampfmittel auf dem Gelände geprüft werden und siehe da: Auf Luftbildern der Alliierten, die den deutschen Behörden erst vor wenigen Jahren zur Verfügung gestellt wurden, glaubte man, zwei Bombenkrater auf der Fläche des Altbaus zu erkennen. Das war im November 2021. Gnadenfrist bis zu den Sommerferien Es zeichnete sich ab, dass der Kampfmittelräumdienst unter der größten Maschine eines der größten Deutschen Briefverteilzentren nach diesen Blindgängern suchen und sie gegebenenfalls entschärfen oder schlimmstenfalls sprengen müsste. Immerhin: Eine akute Gefahr für die rund 600 Mitarbeiter schlossen die Experten aus. Selbst bei der Untersuchung des Untergrundes mit Bohrungen und Sonden sollte keine Gefahr bestehen. So bekamen Stefan Dierkes und sein Führungskreis eine Gnadenfrist, den Betrieb vorzubereiten. Die Untersuchung sollte nicht im Weihnachtsgeschäft Teile des Betriebes lahm legen, sondern man einigte sich auf die Sommermonate Juni und Juli. Tagtäglich gehen hier 1,5 Millionen Sendungen ein und aus, vor Weihnachten um die zwei Millionen. Die Information der Öffentlichkeit unterliegt in solchen Fällen der Stadt. Um nicht unnötig Unruhe zu schüren, informiert die aber erst, wenn sich der Verdacht auf Blindgänger bestätigt hat und die Gefahr beseitigt werden muss. Auch die Belegschaft erfuhr erst kurz vor Beginn der Arbeiten in einer Betriebsversammlung am 30. Mai von der Lage. Für Entspannung habe, so Dierkes, ein älterer Experte vom Kampfmittelräumdienst gesorgt, der mit sonorer Stimme versichert habe: "Es ist noch nie etwas passiert." Und so hätten alle Leute gut und vernünftig reagiert und mitgezogen, trotz vielleicht gefühlter Gefahr. Da nun eine von zwei Sortiermaschinen für größere Sendungen ausfiel, mussten die Mitarbeiter im Briefzentrum und auch an 16 Standorten vor Ort viel mit der Hand sortieren. Niederlassungsleiter Gert Hornung ist froh, dass die Endkunden nichts gemerkt haben dürften. "Eine Sprengung wäre der absolute Albtraum gewesen" Zunächst musste ein Team von Siemens Teile der Maschine abbauen (und nach der Aktion über zwei Wochen wieder aufbauen). Dann setzte ein Spezialunternehmen insgesamt 70 Bohrungen in einer Fläche von rund sechs mal zehn Metern in den Beton. Trotz Untersuchung mit Wärmebildkamera wurden Teile der Fußbodenheizung zerstört. Dann erst setzte der Kampfmittelräumdienst im Auftrag der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg mit seinen Sonden nach - und wurde nicht fündig. "Die Zusammenarbeit mit dem Kampfmittelräumdienst und der Stadt hat gut geklappt", sagt Dierkes, der froh ist, dass nichts entdeckt wurde: "Eine Sprengung wäre der absolute Albtraum gewesen."

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