Herford Hohes Interesse an Diskussionsrunde über den Erhalt des Theaters

Herford. Aktueller geht es kaum: Die Linke lädt zur Diskussion um Denkmalschutz und Abriss des Theaters in die Kleine Markthalle und kann rund 80 Interessierten die nur Stunden vorher eingegangenen Informationen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) präsentierten. Die Partei hatte zuvor Fragen formuliert, die Georg Lunemann, Landesdirektor beim LWL, beantwortet hatte. Der stellt klar, dass aus Sicht des Denkmalschutzes einer Sanierung des Theaters nichts entgegenstehe, sich die Stadt als Untere Denkmalschutzbehörde dazu mit dem LWL ins Benehmen zu setzen habe. &bdquo;Eigentlich hatten wir einen Fachmann vom LWL eingeladen, der hatte aber vom Dienstherren keine Redefreigabe bekommen. Daher haben wir über die Fraktion ,Die Linke/Die Partei in der Landschaftsversammlung eine Reihe von Fragen zum drohenden Abriss des Stadttheaters eingereicht“, sagte Inez Deja, Vorsitzende der Linksfraktion im Stadtrat: &bdquo;Schon die schnelle Antwort zeigt, wie kritisch die Pläne des Bürgermeisters beim LWL gesehen werden.“ Denkmalschutz redet in Sachen Theater wohl ein Wörtchen mit Lunemann positioniert sich eindeutig in der Frage, ob das alte oder das neue Denkmalschutzgesetz zur Anwendung komme. Das alte Gesetz sah die &bdquo;Benehmensherstellung“ zwingend vor, das neue nur eine Beratung. Da die erste Bitte einer Einschätzung zum Thema &bdquo;Abbruchantrag Stadttheater“ seitens der Stadt als Untere Denkmalbehörde am 19. September 2021 erbeten wurde, gilt aus seiner Sicht das alte Gesetz. Daher könne sich die Stadt als Untere Denkmalbehörde den Abriss des Stadttheaters nicht selbst genehmigen. Auch die am Abrissantrag genannten baulichen Mängel, Schadstoffbelastung und Mängel bei Brand-, Arbeits- oder Gesundheitsschutz, die nur zum Teil in denkmalgerechter Form zu lösen seien, haben aus seiner Sicht als Begründungen keinen Bestand, &bdquo;da die Behebung nahezu aller der beschriebenen Mängel mittels einer Prüfung einer denkmalgerechten Alternativplanung ständig geübte Praxis der Denkmalpflege ist.“ Oder auf Deutsch: Es würden sich Lösungen für den Erhalt des Theaters, die mit dem Denkmalschutz vereinbar sind, finden lassen. Legal errichtete Gebäude genießen Bestandsschutz So sah es auch der gebürtige Herforder und Denkmalschützer bei der Stadt Bad Oeynhausen, Björn Lademann. Der fehlende zweite Ausgang, der die Nutzung der Plätze im Rang derzeit unmöglich macht, ist für ihn kein Problem. Loch in die Wand, Treppe dran – fertig. Außerdem zeigen die jüngst für den Brandschutz im Theater verbauten 500.000 Euro, dass Denkmalschutz und technische Nachbesserungen sehr wohl miteinander vereinbar seien. Zur Überraschung Vieler geht er davon aus, dass die Nachbesserungen nicht einmal notwendig gewesen seien, da genehmigte und legal errichtete Gebäude Bestandsschutz genießen: &bdquo;Erst im Fall einer Nutzungsänderung müssten neue Bauanträge gestellt und alle dann aktuellen Vorschriften berücksichtigt werden.“ Die Einschätzungen geben den Fraktionen Auftrieb, die die &bdquo;schützenswerte Nachkriegsarchitektur“ erhalten möchten. Neben der Partei Die Linke sind das FDP, das Herforder Bürger Bündnis (HBB) und die Liste 2004. Alternativen zum Monolithen OWL-Forum gesucht Im zweiten Teil der von Peter Biresch moderierten Veranstaltung ging es um das Projekt OWL-Forum, also das Gebäude, das wohl am heutigen Theaterstandort einmal Nordwestdeutsche Philharmonie, Stadttheater, Gastronomie und weitere Nutzungen auch durch die &bdquo;Freie Szene“ beherbergen soll. Grundsätzlich wurden von mehreren Seiten Befürchtungen laut, dass die seit Eingang der Förderbescheide von Bund und Land genannten Kosten von rund 100 Millionen Euro schon jetzt nicht mehr haltbar seien und sich der von der Stadt aufzubringende Anteil unkalkulierbar erhöhen könnte. Welche Kultur passt zu Herford und seiner Geschichte? Bezweifelt wurde auch, ob die vom Bürgermeister angestrebte Strahlkraft in die Region gegen die Konkurrenz von Oetkerhalle, Lokschuppen, Seidensticker- und Stadthalle allein in Bielefeld überhaupt erreicht werden könne, oder ob es nicht sinnvoller sei, sich von der Idee eines "Monolithen“ an einem suboptimalen Standort zu verabschieden. Stattdessen stellten sich die Fragen, welche Kultur zu Herford und seiner Geschichte passe und welche Gebäude und finanziellen Mittel dazu notwendig seien. Allein schon, weil die Sanierungskosten kalkulierbarer erschienen als die eines Neubaus, ging bei den Anwesenden der Trend in Richtung Erhalt des Theaters. Für das Quartier Radewig machte sich Ricarda Heeper für eine Spielstätte für die NWD auf dem Gelände des Dohm-Hotels stark, eventuell mit integrierter Musikschule. Auf breite Zustimmung stieß Bireschs Idee eines &bdquo;Kulturdreiecks“ aus Marta, Theater und neuer NWD-Spielstätte auf dem Janup, inklusive eines städteplanerischen Umbaus dieses Bereichs mit Vorrang für Fahrräder und Fußgänger. Gut doppelt so viele Beteiligte wie bei den &bdquo;offiziellen“ Dialogen Bemängelt wurde die fehlende Transparenz bei den Kultur- und Bürgerdialogen, sowohl bei den Präsenzveranstaltungen als auch auf der als zu unübersichtlich empfundenen Website www.kulturstadt-herford.de. Dabei zeigte das Interesse in der Markthalle, dass die lokale Kultur Herforder tatsächlich bewegt. Immerhin waren gut doppelt so viele Beteiligte wie zu den &bdquo;offiziellen“ Dialogen gekommen. So sicherte der kulturpolitische Sprecher der Linken, Harald Korten, zu, den weiteren Dialogprozess zu organisieren. Ob sich über die Einigkeit in der Ablehnung der Bürgermeisterpläne hinaus überhaupt auf einen gemeinsamen Gegenentwurf inklusive Perspektive für die Stadtentwicklung geeinigt werden könnte, dürfte spannend werden, zumal der Bürgermeister mit der angestrebten Beschlussfassung zum OWL-Forum noch im Dezember im Rat ein enges Zeitfenster gesetzt hat.

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