Kommentar Radler, erobert euch die Straßen!

Herford. Ob ein Tempolimit auf den Autobahnen oder mehr Raum für Radfahrer: Wenn es ums Auto geht, wird es schnell emotional. Das Verkehrsmittel auf vier Rädern ist vielen Menschen heilig. Das zeigt sich auch in Herford. Hier hat jetzt der Versuch begonnen, der die Machtverhältnisse auf der viel befahrenen Mindener Straße über Nacht verändert hat. Auf 1,2 Kilometern Länge ist den Autofahrern die jeweils äußere Spur in jede Richtung genommen worden. Zwischen Theaterkreuzung und Umgehungsstraße ist die einst zweispurige Straße nun einspurig. Eine dicke weiße Markierung zeigt: Hier haben Radler nun Vorrang. Autofahrer dürfen diese durchgezogene Linie nicht überfahren. Dieser kleine Abschnitt ist das neue Hoheitsgebiet der Radfahrer. Wer am lautesten brüllt, hat nicht immer Recht Viele Radler hat man hier vorab nicht gesehen. Auf die stark befahrene Straße haben sich viele nicht getraut und der Gehweg ist eng, teilweise uneben und es kommt zu Konflikten mit Fußgängern. Das wird sich mit dem Verkehrsversuch, der mindestens ein Jahr lang laufen soll, hoffentlich ändern. Das Experiment, das es so in Herford noch nicht gegeben hat, wird von einem externen Fachbüro aus Enger eng überwacht. Das ist richtig, um sich statt von Gefühlen von Fakten leiten zu lassen. Denn wer am lautesten brüllt, hat nicht immer Recht. Vor dem Start des Pop-up-Radwegs wurde darüber heiß diskutiert. Eine erhöhte Unfallquote wurde prognostiziert, da Radler sich per se nicht an Verkehrsregeln halten würden, das Sterben der Innenstadt wurde ebenso als Symbolik herangezogen, wie lange Staus auf der Einfahrtsstraße. Bei allen Kommentaren schwingt eines mit: Wie selbstverständlich gehört dem Autofahrer der Raum. Jetzt ist jeder Einzelne gefragt Das muss sich endlich ändern. Der Versuch, den Radverkehr auf der Mindener Straße zu stärken, ist ein guter Anfang. Um die Verkehrswende voranzutreiben, ist aber noch mehr Mut notwendig, kreative Ideen und radikale Umsetzungen müssen her. Für die Entscheider wird es unbequem und alle, die sich für eine neue Aufteilung des Straßenraums einsetzen, müssen zeigen, dass sie da sind. Also rauf aufs Rad und endlich den neuen Platz auf der Mindener Straße auskosten. Denn um unsere Städte lebenswerter, grüner und sicherer zu gestalten, ist jeder Einzelne gefragt.

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