Herford Mangel an Pfarrern: Nachbarseelsorger helfen in Laar

Herford. Daran ließ niemand einen Zweifel: Eine Kirchengemeinde ohne eigene Pfarrstelle wird nicht mehr die gleiche sein wie zuvor. Das Schicksal wird auch die Evangelisch-Lutherische Gemeinde Laar mit rund 1.500 Gemeindemitgliedern treffen, wenn Pfarrer Dietmar Stuke am 11. September in den Ruhestand verabschiedet wird. Die Stelle wird nicht wieder besetzt. Superintendent Olaf Reinmuth, der Hiddenhauser Pfarrer und Gemeindeberater Kai-Uwe Spanhofer und Pfarrer Stuke hatten am Dienstagabend eingeladen, um "Möglichkeiten zur Zukunft des Gemeindelebens in Laar aufzeigen" und über den Stand der Überlegungen in den Arbeitskreisen zu informieren.Zentrales Problem ist fehlender Theologen-Nachwuchs Die Gemeinden im Kirchenkreis schrumpfen derzeit um etwa zwei Prozent pro Jahr, die Einnahmen aus der Kirchensteuer sinken. Als ein zentrales Problem nannten die Pfarrer auf dem Podium aber den fehlenden Nachwuchs im Pfarrerberuf. Der heutige Mangel an Theologiestudenten beruht nach Reinmuths Ansicht noch darauf, dass lange Jahre mehr Pfarrer ausgebildet wurden, als dann angestellt wurden: "Das hat sich rumgesprochen." Da helfe es auch nicht, dass der Kirchenkreis im Vergleich finanziell noch gut ausgestattet sei oder, wie aus dem Publikum vorgeschlagen, wenn ein Förderverein die Stelle finanziere. Reinmuth nannte es ermutigend, dass sich Pfarrerin Simone Rasch und Michael Große aus den Nachbargemeinden Herringhausen und Elverdissen für eine Übergangszeit von bis zu eineinhalb Jahren bereit erklärt haben, jeweils einen Sonntagsgottesdienst im Monat in Laar abzuhalten. Um die seelsorgerische Betreuung aufrecht zu erhalten, werden sich Rasch und Große die Gemeinde wohl in zwei Bezirke aufteilen.Ihre eigenen Gemeinden gelten mit 2.200 Gläubigen in Zukunft als zu klein für eine eigene Pfarrstelle. Die Gemeinde Laar besteht aus Laar, Eickum, Diebrock-Hollinde und Stedefreund. Große wird den Katechumenenunterricht in Laar übernehmen, der Jugendreferent den der Konfirmanden. Eine große Herausforderung wird die Zahl der Beerdigungen werden."Kirche steht vor eine Epochenwende" Pfarrer Stuke sah in seinen einleitenden Worten Kirche und Gesellschaft in einem "gigantischen Veränderungsprozess" und mithin vor einer "Epochenwende". Kirche stehe schon jetzt "ganz schön im Gegenwind". Er wisse, dass es in der Gemeinde Zweifel an der Zukunft der Kirche in Laar gebe. So fand er als geistigen Impuls das Bibelwort angemessen: "Werft eure Zuversicht nicht weg ... Was ihr jetzt braucht, ist Geduld." Seit einem Jahr gebe es Gespräche zur pfarramtlichen Versorgung in Laar. Er verstehe, dass sich Müdigkeit einstelle, wenn Prozesse so lange dauern. Die Idee, für Laar eine halbe Stelle zu erhalten und die andere Hälfte als Schulpfarrstelle auszuweisen, sei nicht realisierbar. "Regionale Pfarrstellenräume" sollen die Lösung sein Die dauerhafte Lösung liege im Modell "regionaler Pfarrstellenraum", das auf der jüngsten Kreissynode auf Anregung des Superintendenten für alle Teile des Kirchenkreises diskutiert wurde. In einem Zusammenschluss von Laar, Herford-Mitte, Petri, Herringhausen, und Elverdissen mit 15.000 bis 17.000 Gemeindegliedern könnten die Gemeinden dennoch selbstständig bleiben. Sie werden aber gemeinsam betreut von "Interprofessionellen Pastoralteams" (IPT), zu denen neben Pfarrern Berufsgruppen wie Diakone, Jugendreferenten, Gemeindepädagogen und eventell Kirchenmusiker gehören.Reinmuth wünscht sich, dass eine örtliche Verbundenheit von Seelsorgern zu ihrem Sprengel erhalten bleiben kann. Für die Arbeitsteilung sollen individuelle Lösungen für die regionalen Pfarrstellenräume gefunden werden. "Es ist brutal, was gerade über uns hereinbricht" Ihm sei bewusst, dass der Verlust der Pfarrstelle eine große Härte für die Gemeinde darstelle, sagte der Superintendent. "Es ist brutal, was gerade über uns hereinbricht." Die Gemeinde Laar sei in ihrem Bestand aber nicht gefährdet, versichert er. Sie könne selbstständig bleiben, wenn sie möchte. Als Silberstreif am Horizont bezeichnete er die Perspektive, für Laar eine halbe Gemeindepädagogenstelle zu schaffen. Bis zur September-Synode wolle man einen Überblick haben, was möglich sei.Aus der Gemeinde wurden zahlreiche skeptische Fragen gestellt. Lohnt es sich noch für einen Organisten, wenn es nur noch zwei Sonntagsgottesdienste im Monat gibt? Wird es weiterhin den teils von einem Förderverein finanzierten Chorleiter geben? Kai-Uwe Spanhofer meint aus Hiddenhauser Erfahrung, dass das möglich sei. "Kirchenmusiker sind kostbar." Die Gemeinde könne ihre Kirchenmusik auch über ihre Grenzen hinaus einbringen.Die Laarer fürchten außerdem um ihre Gebäude. So sei die Kirche auch Konzertraum für die stets ausverkauften Konzerte des Chores mit einem anspruchsvollen Programm. Im ganzen Kirchenkreis gebe es einen Überhang an Häusern, sagte Olaf Reinmuth. Anders als anderswo sei man im Kirchenkreis noch in der komfortablen Lage, bisher wenige Gotteshäuser geschlossen zu haben.Die angestrebte Klimaneutralität von Kirche bis 2040 sei im Bezug auf Gebäude eine Problematik, der man sich stellen müsse. Der Kirchenkreis habe "unheimlich viele Gebäude", die man aber weiter entwickle, sei es wie in Spenge zu einem Kindergarten oder wie in Bünde zu einer Frühförderstelle. Auch junge Pfarrer schätzen Work-Life-Balance Es gebe im Kirchenkreis Personen, die sich dahingehend verändern möchten, beantwortet Kai-Uwe Spanhofer die Frage, ob denn genug Personal für interprofessionelle Pastoralteams vorhanden sei. Ob denn die seelsorgerische Arbeit von einem Team-Mitglied in einer 39-Stunden-Woche zu schaffen sei, lautete eine skeptische Nachfrage.Darin schwang mit, dass ein Pfarrer rund um die Uhr verfügbar sein solle. Work-Life-Balance, die Ausgewogenheit von Beruf und Privatleben, sei heute bei jungen Pfarrern auch ein Thema, stellte Olaf Reinmuth fest. Die Arbeit müsse so geregelt werden, dass sie zu schaffen sei. Vieles wird noch zu regeln sein in Laar. So werden in Zukunft mehr Anfragen, die sonst an den Pfarrer gestellt werden, über das Gemeindebüro gestellt werden müssen. "Das geht in Hiddenhausen ganz gut", meint Pfarrer Spanhofer.

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