Kreis Herford Bundesgerichtshof wird dem Hochsitz-Brandstifter zum Verhängnis

Kreis Herford. Der Angeklagte in Saal 309 im Amtsgericht Herford ist Richterin Alea Blöbaum bekannt. Der 32-jährige Bünder sitzt nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank. Für den Drogen-Besitz und Drogen-Handel ist er bereits 2019 verurteilt worden. Zwei Jahre später muss er sich für eine Tat verantworten, die allerdings schon vier Jahre zurückliegt. Dabei geht es um Sachbeschädigung und Brandstiftung von Hochsitzen. Die Zeitverzögerung kommt dem Mann nicht zu Gute - im Gegenteil. Was ein Urteil des Bundesgerichtshof und verschwundene Beweismittel damit zu tun haben Drei Taten werden ihm laut der Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vorgeworfen - das ist nur ein Teil der Brandstiftungen, die ihm ursprünglich zugeschrieben wurden. Er soll zwei Hochsitze in Melle angezündet haben, bei einem weiteren Ansitz in Bünde bleibt es beim Versuch. Die Brandereignisse liegen schon fast vier Jahre zurück.Zwischen dem 12. März und 30. April 2018 soll er die hölzernen Hochsitze mittels Brandbeschleuniger in Brand gesetzt haben. Die Ansitze in Melle brannten vollständig nieder, in Bünde zündete das Feuer nicht. Das Verfahren für diesen Fall wird eingestellt. Auch nach einer Zeugenaussage konnte dem Angeklagten die Tat nicht klar nachgewiesen werden. Viel "Pech" für seinen Mandanten In den Jahren 2017 und 2018 sind immer wieder Hochsitze in den Kreisen Herford, Minden-Lübbecke und Melle zerstört worden. 15 Stück an der Zahl. Der geschätzte Schaden wird auf 30.000 Euro beziffert. Auf das Konto des Mannes aus Bünde gehen zwei Taten. Er gesteht vor Gericht, dass er die Hochsitze in Melle am Ascher Bruch angezündet hat. Sein Verteidiger liest eine entsprechende Erklärung vor. "Ob die so richtig sei?", fragt er seinen Mandanten. Der antwortet mit einem klaren Ja. Der Fall um den 32-Jährigen ist verzwickt und gleich in doppelter Hinsicht habe sein Mandant Pech gehabt, sagt sein Verteidiger Tobias Diedrich. Auf die Schliche kommt die Polizei dem Mann aufgrund von Fotos einer Wildtierkamera. Die Kameras waren in Melle an Bäumen angebracht und so getarnt, dass sie nicht zu sehen sind. Sie lösen aus, sobald sich etwas bewegt.Statt eines wilden Tieres ging dann wohl der Bünder ins Netz. Eine anschließende Hausdurchsuchung bringen den Angeklagten noch mehr in Bredouille. In der Wohnung finden die Ermittler Drogen. Am 22. Februar 2019 wird der Bünder zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monate verurteilt. Das Urteil wird zur Bewährung ausgesetzt. Ein Beweisstück verschwindet Seine Sozialstunden leistet er "überraschend zügig und gewissenhaft" ab, heißt es in der Akte. Doch aufgrund seiner Verurteilung verliert er seinen Job, ist ein Jahr lang arbeitslos und hält sich anschließend mit Nachtschichten über Wasser, bevor er eine Anstellung in Bielefeld findet und heute in einem Supermarkt arbeitet. Er ist Vater einer Tochter, die Betreuung teilt er sich mit seiner Partnerin.Vier Jahre sind seit den Taten mittlerweile vergangen. Die Zeit habe ihm extrem zugesetzt, sagt sein Verteidiger. Vor allem nach der ersten Verurteilung 2019 habe er in Anspannung Leben müssen, was noch auf ihn zukäme. Das Verfahren wegen Brandstiftung zog sich in die Länge, ein Grund waren "verschlampte" Beweismittel. Eine Flasche, die in der Nähe eines Tatorts gefunden wurde, sollte vom Landeskriminalamt auf DNA-Spuren untersucht werden. Das Beweisstück kam in Düsseldorf an, ist aber auf dem Rückweg nach Herford verschwunden.Seltene Einigkeit vor GerichtZudem hat in der Zwischenzeit der Bundesgerichtshof 2021 im Fall von Hochsitzen, die fest im Boden verankert sind und Platz für mindestens zwei Menschen bieten, ein wegweisendes Urteil gesprochen. Hochsitze sind auch Hütten. Demnach gehe es dann um Brandstiftung statt nur um Sachbeschädigung. Und Brandstiftung ist damit ein Verbrechenstatbestand, der deutlich schwerer bestraft wird. Wäre der Prozess also vorher verhandelt worden, hätte es ein milderes Urteil für den Angeklagten geben können. Doch nun geht das Gericht beim zweiten zerstörten Hochsitz in Melle von Brandstiftung aus.Die Staatsanwältin Sommerfeld hält für den ersten Meller Fall, der als Sachbeschädigung gewertet wird, eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen á 30 Euro für angemessen (2.400 Euro), für die Brandstiftung fordert sie sieben Monate. Die Gesamtstrafe wird mit dem Drogen-Urteil aus dem Jahr 2019 zusammengezogen und münzt sich damit auf ein Jahr und acht Monate, mit zweijähriger Bewährung.Verteidiger Diedrich nennt den Vortrag der Staatsanwältin "sachlich" und schließt sich an. Auch die Richterin und ihre beiden Schöffen entscheiden so. So einig sind sich wohl selten die Beteiligten vor Gericht. Mit einem letzten Satz wendet sich Richterin Alea Blöbaum an den Angeklagte: "Sie haben ja schon gezeigt, dass sie sich straffrei führen. Bleiben Sie dabei. Hier will ich Sie nicht mehr sehen."Ausgestanden ist der Fall für den Bünder aber längst noch: Nach wie vor muss er für den Schaden zahlen, den er durch seine Taten angerichtet hat. Pro Hochsitz werden meist vierstellige Beträge fällig.

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