Herford Weitere Schottergärten entdeckt: Steinwüsten beschäftigen Stadt

Herford. Das Thema Schottergärten mag über Weihnachten und Neujahr geruht haben. Vom Tisch ist es nicht. Inzwischen hat die Stadt 90 Haushalte angeschrieben, die es mit den Steinwüsten auf ihrem Grund und Boden deutlich übertrieben haben. Immerhin 60 Prozent der Angeschriebenen reagierten darauf, die einen so, die anderen so. Die Stadt greift bei ihren Erkenntnisse über Schottergärten und großflächig versiegelte Grundstücke auf Satellitenaufnahmen zurück, die alle zwei bis drei Jahre erneuert werden. Auf ihnen können die Mitarbeiter in der Verwaltung sehr gut sehen, wo große Teile von Grundstücken unter Stein begraben sind. Zuletzt nahm die Verwaltung so Elverdissen in Augenschein. Ergebnis: Die Mitarbeiter entdeckten 137 Grundstücke mit zu großem Schottergarten-Anteil.Haben die Mitarbeiter die versiegelten Flächen ausgemacht, gucken sie erst einmal in die Bauakten. Die Bebauungspläne enthalten oftmals auch ein Verbot, Schottergärten anzulegen. Das ist allerdings erst seit wenigen Jahren gängige Praxis. Sehr viele Bebauungspläne stammen aus der Zeit, bevor der Bau- und Umweltausschuss diesen Grundsatzbeschluss traf. "Viele Menschen haben überhaupt keinen Bezug mehr zu ihrem Garten" In diesen Fällen beruft sich die Stadt dann auf das Bauordnungsrecht und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover dazu: Die Richter entschieden, dass Schottergärten bauliche Anlagen sind, die einer Baugenehmigung bedürfen. So erklärte es Wöhler im Oktober im Bau- und Umweltausschuss. Die Baugenehmigung wird aber quasi nie eingeholt, würde aber auch wohl nur selten erteilt. Hinzu kommt: Bauakten enthalten häufig besondere weitere Vorgaben, zum Beispiel zu Anpflanzungen. Gerade stehe ein Beratungsgespräch mit einem Grundstückseigentümer an, der einen Steingarten angelegt hat und darüber hinaus nicht die Bäume angepflanzt hat, die er eigentlich hätte anpflanzen müssen, sagt Wöhler.Der Beratungsbedarf sei sowieso insgesamt groß. Viele Menschen hätten überhaupt keinen Bezug zu ihrem Garten. Sie wüssten nicht, was Stauden und was Sträucher sind, oder dass es einjährige und zweijährige Stauden gibt. Gerade junge Leute seien da manchmal völlig unbedarft. Sie bestellten ihren Vorgarten nach Gefallen aus dem Katalog. Und das sei dann eben unter Umständen ein Schottergarten. Zuletzt hatte ein Eigentümer den Schotter durch Kunstrasen ersetzen wollen Einige wenige Grundstückseigentümer, die sie anschrieben, würden sich sofort bereit erklären, ihren Schottergarten umzugestalten, sagt Wöhler. Das seien dann oft diejenigen, die festgestellt haben, dass auch die angeblich so pflegeleichten Steingärten Arbeit machten, nicht selten mehr als Gärten mit mehrjährigen Stauden. Es kommt aber auch zu solch absurden Vorschlägen, wie dem, von dem Wöhler im Oktober berichtete: Ein Steingarten-Besitzer hatte den Schotter durch Kunstrasen ersetzen wollen. Gelegentlich würden Mitarbeiter der Stadt aber auch vom Hof gejagt, wie Wöhler es schmunzelnd ausdrückt. Zu Handgreiflichkeiten sei es aber noch nicht gekommen, fügt sie schnell noch hinzu. Die meisten der Angeschriebenen, die gegebenenfalls auch ein Beratungsgespräch in Anspruch nehmen, seien letztlich bereit, ihre Flächen umzugbauen oder nachzubegrünen, sagt Wöhler. Nachbegrünen kann auch bedeuten, Sträucher in die Steinwüste zu setzen.Das Augenmerk liegt zwar auf den Vorgärten, dabei wird es aber nicht bleiben Das Augenmerk der Stadt liegt derzeit auf den Vorgärten. Im Klimawandel dürfte sich das aber noch ändern: Vermehrt neigen Hausbesitzer auch dort zu Stein. Wenn die Sommer nicht gerade verregnet seien, stiegen die Wünsche nach einer Außenküche, sagt Wöhler. Zudem werde mit steigenden Temperaturen die Terrasse zum Wohnbereich, der dann auch gerne größer sein darf.Ein Problem ist das nicht nur für die Umwelt, die Artenvielfalt und das Klima, sondern auch für die Herforder bei Starkregen, der ja zunehmend punktuell in großen Mengen fällt: Je mehr Flächen versiegelt sind, desto weniger Wasser wird im Boden gespeichert. Deshalb achtet auch das Abwasserwerk darauf, was in Herforder Gärten passiert.

Mehr zum Thema