Drogen, Prügel, Messer: Die Geschichte einer jahrelange Feindschaft

Herford. Eine jahrelange Auseinandersetzung zwischen Angehörigen zweier Großfamilien und ihren Unterstützern ist offenbar Hintergrund der Messerattacke vom vergangenen Freitag aus der Diebrocker Straße – offizielle Bestätigungen dafür gibt es nicht, wohl aber Angaben aus Ermittlerkreisen. Die Attacken, die immer wieder die Herforder Polizei und mittlerweile sogar zwei Mordkommissionen - eine aktuell und die andere im Jahr 2017 beschäftigten - begannen danach offenbar erst im Jahr 2015. Zoll und Polizei ziehen Dealer aus dem Verkehr Damals waren drei Brüder bei einer groß angelegten Aktion der Polizei und des Zolls festgenommen worden. Sie hatten, so der damalige Ermittlungsstand, zwei Kilogramm Kokain im Schwarzmarktwert von 140.000 Euro sowie 30 Kilo Marihuana nach Herford und Bad Salzuflen geschmuggelt. Den Transport hatte eine Verwandte (20) des Trios aus Eschweiler bei Aachen übernommen. Der Haupttäter erhielt damals siebeneinhalb Jahre Haft, seine Brüder fünfeinhalb Jahre. Für die Ermittlungen und für die Verurteilung ausschlaggebend waren damals die Aussagen eines von der Polizei zuvor aus den Verkehr gezogenen Dealers – der wiederum ein Mitglied der anderen Familie war und zweieinhalb Jahre Gefängnis erhielt. Die danach folgende Aktion von Zoll und Herforder Drogenfahndern: Ein Stich ins Wespennest. Denn der Zugriff löste in Herford und Umgebung eine Reihe von Drogenverfahren aus. So landete damals sogar eine 82-jährige Herforderin wegen Drogenhandels mit ihrem Sohn (58) vor Gericht. Das Verfahren gegen die Seniorin, die beteuerte, nichts gewusst zu haben, wurde schließlich eingestellt. Nicht eingestellt wurden aber die Animositäten zwischen den beiden Familien und ihren Unterstützern – insgesamt gehen die Herforder Ermittler im Umfeld sogar von vier Familien aus. Zunächst schien es wohl so, dass Ruhe eingekehrt sei.Schließlich eskalierte im März 2017 die Situation in einem Imbiss des Herforder Marktkaufs am Deichkamp. Zwei Jugendliche, die just den verfeindeten Lagern zugerechnet werden, waren zunächst in Streit geraten. Die Schlägerei, an der schließlich rund zehn Personen beteiligt waren, eskalierte sofort. Messer wurden gezogen. Es gab zwei Schwerverletzte. Der mutmaßliche Haupttäter wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Haft, ein zur Tatzeit 14-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe samt Sozialstunden verurteilt. Einen wirklichen Überblick über die Hintergründe gab es in dem Prozess nicht. &bdquo;Es ist mir unverständlich, dass es so weit kommen musste", hatte damals der Richter an die Adresse der Eltern gerichtet gesagt. Er verstehe es nicht, dass es Erziehungsberechtigte zuließen, dass Kinder bewaffnet herumliefen. Oktober 2017 weitere Messerattacke Der Appell an das Umfeld war zwar eindringlich aber kam deutlich zu spät: Bereits im Oktober 2017, noch während des laufenden Prozesses wegen der Messerattacke, war es zu einem öffentlichen Übergriff am Herforder Bahnhof gekommen. Zwei Männern waren auf einen Taxifahrer losgegangen, hatten ihr Opfer verletzt und dessen Auto beschädigt. Anlass für die überaus öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung, so vermuteten die Ermittler: Die Messerattacken vom Deichkamp. Der Taxifahrer ist der Angehörige eines Zeugen, der am selben Tag im Landgericht in Zusammenhang mit der Messerattacke ausgesagt hatte. Er hatte seinen Verwandten aber dorthin gefahren. Waren die beiden Männer mit der Aussage unzufrieden oder sollten Zeugen eingeschüchtert werden? Ein Dschungel wechselseitiger Beschuldigungen Wirklich verwertbare Angaben zu den Motiven sowie den Hintergründen und damit ein klares Bild gibt es selten - die Ermittler müssen sich meist durch einen Dschungel von Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen kämpfen. Doch was ist davon wahr? Vor dieser Frage steht nun auch die 14-köpfige Mordkommission &bdquo;Frieda", die versucht, die aktuelle Messerattacke vom Freitag aufzuklären. Der Einsatz hatte wohl zunächst als Verkehrsunfall begonnen - gegen 17.30 Uhr war ein 18-Jähriger aus Bad Oeynhausen mit seinem Auto von der Diebrocker Straße abgekommen, war durch einen Garten gefahren und dann gegen eine Mauer geprallt. Fest steht, dass sich in der Nähe just Mitglieder der rivalisierende Großfamilie befanden. Der junge Mann wurde dann attackiert und erlitt schwerste Gesichtsverletzungen. Hintergrund der Attacke soll der Versuch des Opfers gewesen sein, ein Mitglied der anderen Familie zu überfahren. Das berichten die Kontrahenten. Das Opfer wurde später in Bielefeld operiert, zwischenzeitlich wurde dann die Mordkommission aus Bielefelder und Herforder Beamten gebildet. Insgesamt ist von rund 20 Personen die Rede, die sich im Lauf der Zeit am Unfallort eingefunden hatten. Bitter für sie: die Polizei prüft in diesem Zusammenhang offenbar, ob wegen der besonderen Vorgaben wegen Corona und dem erhöhten Infektionsrisiko bereits ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht vorliegt.

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