Wie die Leitstelle der Feuerwehr Notfallseelsorger alarmiert

Kreis Herford. Notfallseelsorger leisten Angehörigen, Augenzeugen, Rettungskräften und anderen Betroffenen Beistand, wenn ein schwerer oder tödlicher Unfall geschehen ist, sogenannte Großschadenslagen eingetreten sind, jemand zu Hause unerwartet gestorben ist oder die Polizei eine Todesnachricht überbringen muss. Seit 2002 gibt es auf Anregung des Bünder Feuerwehrchefs Rüdiger Meier im Kirchenkreis Herford die Notfallseelsorge. Sie ist beim Diakonischen Werk angesiedelt. Die Konfession der Betroffenen spielt keine Rolle. Die Notfallseelsorger werden von der Kreisleitstelle der Feuerwehr alarmiert, wenn die Rettungskräfte vor Ort das für notwendig halten. Jahrelang ging das über ein Mobiltelefon, das von Diensthabendem zu Diensthabendem im ganzen Kreis weitergereicht werden musste. Nun gibt es ein neues Alarmierungssystem, das den Notfallseelsorgern das Leben im Alltag und in der Notsituation erleichtert. Es ist ein Gerät kaum größer als eine Streichholzschachtel, wie es auch zur Alarmierung der freiwilligen Feuerwehrleute eingesetzt wird. Es wird von der Leitstelle ausgelöst und es erscheint auf einem kleinen Bildschirm eine Nachricht mit den Grundinformationen. "Die Rettungskräfte müssen irgendwann weiter ziehen, wir bleiben" "Wenn das Gerät sich meldet, rufe ich in der Leitstelle an, um Genaueres zu erfahren", sagt Eva-Maria Schnarre. Die Pfarrerin der Herforder Emmaus-Kirchengemeinde und des Frauenreferats beim Kirchenkreis ist eine von derzeit über 20 Notfallseelsorgern. Zum Team gehören seit einigen Jahren nicht nur Pastorinnen und Pastoren, sondern auch geschulte, oft kirchennahe Laien. Die Leitung der Notfallseelsorge hat seit dem vergangenen Jahr Pastor Sergej Klause, der auch Pfarrer in Kirchlengern ist. Er steht in Nachfolge von Christian Lümkemann und Hartmut Hermjakob. Eva-Maria Schnarre ist eines der Urgesteine der Notfallseelsorge. Sie weiß: "Die Rettungskräfte müssen irgendwann weiter ziehen, wir bleiben, wenn es notwendig ist, noch einige Stunden." Jeder Notfallseelsorger hat in der Regel eine Woche lang Dienst, unter dem Strich zwei bis drei Mal im Jahr. Bisher hatte nur der diensthabende Notfallseelsorger ein Notfallhandy, auf dem die Leitstelle der Feuerwehr sich im Bedarfsfall gemeldet hat. Das Handy und andere Ausrüstungsgegenstände mussten dann oft über weite Strecken weitergereicht werden. Wenn mehr Notfallseelsorger gebraucht wurden, musste der Diensthabende die anderen informieren. Teddybär und Malzeug für Kinder im Notfallrucksack Das ist nun bedeutend einfacher geworden, denn seit vergangener Woche hat jeder Notfallseelsorger sowohl einen "Pieper", wie der Funkmeldeempfänger salopp genannt wird, als auch einen Rucksack mit der Ausrüstung. Dazu gehören Telefonlisten und Straßenverzeichnisse für die Zuordnung örtlicher Pastoren, Streichhölzer, eine Taschenlampe, ein Kreuz, ein Teddybärchen oder auch Malzeug für die Kinder. Die Pieper hat die Stiftung "Zukunft im Wittekindskreis", die Rucksäcke die Anton-Hettich-Stiftung finanziert. Der Vorteil der Pieper: Jeder Notfallseelsorger kann an seinem Gerät einstellen, ob er jeden Alarm empfangen möchte, oder nicht. So kann auch kurzfristig und nur für einen Tag ein Dienst getauscht werden. Werden mehrere Notfallseelsorger gebraucht, muss nicht mehr die oder der Diensthabende alarmieren, sondern auch das tun die Leute in der Feuerwehrleitstelle. Die Liste der Pfarrer vor Ort und ihre Zuständigkeitsbereiche braucht der diensthabende Notfallseelsorger, um am Tage einen von ihnen zu informieren und wenn möglich einzusetzen. "In der Nacht tun wir das aber nicht", sagt Eva-Maria Schnarre. Dann ziehen sich die Notfallseelsorger ihre violette Einsatzjacke an und fahren los. "Menschen in der ersten Not begleiten" "Wir sind dafür da, Menschen in der ersten Not zu begleiten", sagt Schnarre. Ein Patentrezept für den Umgang mit den betroffenen Menschen hat sie nicht. "Jeder ist anders. Mit dem einen muss man schweigen, der andere redet wie ein Wasserfall. Wir schauen, was den Leuten gut tut, wir spüren und fragen. Da ist nichts, was man so abspulen kann." Oft sind es auch praktische Dinge, die zu regeln sind. Nach Unfällen ruft Schnarre manchmal für die Angehörigen bei der Polizei an, um zu erfahren, was wirklich passiert ist. Häufiger als Einsätze bei Unfällen sind aber häusliche Todesfälle mit Hinterbliebenen, die über die Tätigkeit des Bestatters hinaus Beistand brauchen. "Manche Familien bekommen das alleine geregelt. Wenn nur ein älterer Ehepartner übrig bleibt oder gar Selbsttötung im Spiel ist, ist meist Hilfebedarf." Besonders tragisch sind Fälle von plötzlichem Kindstod. Wenn man die Eindrücke selbst nicht mehr los wird Mehrere Notfallseelsorger gleichzeitig waren beispielsweise beim tödlichen Fahrradunfall einer jungen Frau am Herforder Kreisel an der Diebrocker Straße im Einsatz. "Wir waren zu sechst, um uns um den Fahrer und die Augenzeugen zu kümmern." Und wenn der Notfallseelsorger selbst Beistand braucht? "Es gibt das Angebot einer Supervision, wenn man die Eindrücke nicht mehr los wird", sagt Eva-Maria Schnarre. Jeder hat seine eigene Strategie, das Erlebte möglichst nicht mit nach Hause zu nehmen.

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