Vom Zoll gefasste Vietnamesen tauchen ab

Herford. Die Ermittler der Finanzkontrolle Schwarzarbeit haben, wie jetzt Kirsten Schüler, Sprecherin des Hauptzollamtes Bielefeld erklärte, bei ihren Kontrollen in zwei Herforder Nagelstudios vier Personen angetroffen, die sich illegal in Deutschland aufhalten und offenbar dennoch einer Beschäftigung nachgingen. Gegen die Inhaber der Nagelstudios wurden Strafanzeigen gestellt, so die Zoll-Sprecherin weiter. Zum Sachverhalt befragen lassen sich die vier ausreisepflichtigen Menschen nicht mehr: Sie sind nach ihrer Identitätsfeststellung und Vorführung beim Herforder Ausländeramt abgetaucht. Das bestätigte die Herforder Verwaltung. Deshalb konnte den drei Frauen und einem Mann, die alle aus Vietnam stammen, auch die Ausreiseverfügung nicht zugestellt werden – sie gilt jetzt, weil sie im Rathaus ausgehängt ist, als übersandt. Zunächst waren bei einer ersten Kontrolle am 20. Januar vom Zoll zwei Mitarbeiterinnen eines Nagelstudios in der Innenstadt ohne Papiere angetroffen worden – sie wurden dann zur Überprüfung ihrer Identität zu Polizei gebracht. Dort stellte sich heraus, dass sie sich illegal in Deutschland aufhalten, offenbar schwarz arbeiten. Eine Woche später wurde dann ein zweites Nagelstudio überprüft. Auch dort arbeiteten offenbar eine Frau und ein Mann, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Auch sie wurden zur Ausländerbehörde gebracht. Anders als bei anderen Ausreisepflichtigen, dürfen Bürger Vietnams nur dann vor der Ausreise zwangsweise festgehalten werden, wenn die Abschiebung in einem absehbaren Zeitrahmen erfolgen kann, so die Herforder Verwaltung. Offenbar gibt es Probleme – etwa Pässe zu erhalten. Hintergrund der aktuellen Zoll-Kontrollen in Herford aber auch an deren Orten in OWL sind offenbar die Erfahrungen, die Ermittler in anderen Städten gemacht haben. Was Ermittler in Münster und Köln feststellen So läuft gerade bei der Staatsanwaltschaft Münster ein umfangreiches Ermittlungsverfahren, bei dem erschreckende Details festgestellt wurden. Im Herbst 2019 hatten das Hauptzollamt und die Staatsanwaltschaft Münster sechs Nagelstudios und weitere Unterkünfte in Münster, Paderborn, Dülmen, Greven, Kleve, Troidorf, Bergkamen, sowie dem baden-württembergischen Rottweil durchsucht. Die Ermittlungen richten sich dort gegen vier Männer und zwei Frauen mit vietnamesischen Wurzeln. Ihnen wird bandenmäßiger Menschenhandel, Einschleusen von Ausländern, Zwangsarbeit, die Ausbeutung der Arbeitskraft und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen vorgeworfen. Die sechs Verdächtigen sollen mindestens 50 Personen nach Deutschland zur Arbeit gebracht haben. Die Menschen sollen durch professionelle Schleuserbanden über Osteuropa und mit gefälschten Ausweispapieren oder Aufenthaltstiteln in das Bundesgebiet gebracht worden sein. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Menschen dafür jeweils 5.000 bis 25.000 US-Dollar bezahlt haben. Es besteht der Verdacht, dass sie diese Summen durch ihre Tätigkeiten abzuarbeiten haben und unter erheblichem psychischen Leistungsdruck stehen, so die Staatsanwaltschaft. Die überwiegend aus Bargeldzahlungen bestehenden Einnahmen der fraglichen Studios sollen die Beschuldigten im Wesentlichen nach Vietnam überwiesen haben. Die Behörden gehen nach den bislang vorliegenden Schätzungen von einem Sozialversicherungsschaden von mindestens 1,9 Millionen Euro aus. Bereits im Sommer 2019 hatten 125 Zollbeamte 27 Nagelstudios im Großraum Köln kontrolliert. Dabei waren 26 vietnamesische Staatsbürger – fünf davon Minderjährige – angetroffen worden, die sich illegal in Deutschland aufhielten und arbeiteten. In vielen Fällen gebe es Hinweise, dass der Mindestlohn unterschritten wurde oder falsche Meldungen zur Sozialversicherung abgegeben worden seien, teilte das Hauptzollamt nach der Razzia mit. &bdquo;Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass unter den illegal Beschäftigten fünf Minderjährige Vietnamesen waren", so der Sprecher des Kölner Zolls.

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