Lars Eidinger begeistert mit "Autistic Disco" die Partygänger im Marta

Herford. Selfies mit Fans, Plaudereien über Musik und Kunst, ein paar Worte vor lautstarker Kulisse mit der Lokalpresse - alles kein Problem für Lars Eidinger, einem der zur Zeit bekanntesten und profiliertesten deutschen Theater- und Filmschauspieler. Der Künstler mit so vielen Talenten war ganz nah dran an seinem Publikum in der Nacht der Nächte des Museums Marta. Die Ausstellungsmacher von "Im Licht der Nacht - Vom Leben im Halbdunkel" hatten ihn thematisch passend von Samstag auf Sonntag als DJ mit seiner "Autistic Disco" engagiert. Allein die 200 im Internet gehandelten Eintrittskarten waren in zwei Minuten ausverkauft. Insgesamt 700 Partygänger wollten mit Eidinger bis 5 Uhr in der Frühe tanzen, als gäb's kein Morgen mehr. Eidinger hat zuletzt mit Rollen in "Babylon Berlin", dem Mofa-Roadmovie "25 km/h" und als Berholt Brecht im Dreigroschenfilm ein breites Publikum erreicht. Der 44-Jährige hat bei MTV-Unplugged die Moritat von Mackie Messer mit Max Raabe und seinem Palast-Orchester für ein gefeiertes Album eingesungen. Eidinger ist so bekannt, dass es einen Shitstorm im Netz auslöst, wenn er mit einer von ihm entworfenen Luxustasche im Aldi-Tüten-Stil vor einem menschenleeren Obdachlosen-Lager für Werbefotos posiert. Nun also Disco im Herforder Museum. Bunte Aufkleber im Gesicht und goldener Zahnschmuck im Mund "Ich liebe das Marta und ich liebe Frank Gehry", verrät Lars Eidinger nw.de, bevor er kurz vor Mitternacht mit bunten Aufklebern im Gesicht und goldenem Zahnschmuck im Mund hinter die Plattenteller tritt. "Ich bin total begeistert, ich hatte gar nicht gewusst, dass die Veranstaltung in einem Gehry-Museum ist." Schon Stunden vorher war er durch die aktuelle Ausstellung in den vom kanadisch-amerikanischen Stararchitekten entworfenen Hallen gegangen und hatte sich auf die zeitgenössische Kunst eingelassen. Begeistert ist Eidinger auch von seinem Herforder Publikum. "Es ist total gemischt von 16 bis 60. Die alle zusammen zu bringen, ist das Schönste. Die Leute freuen sich, dass man da ist, sind zugewandt und offen. Da mache ich auch gern bei Selfies mit." Eidinger stammt aus Berlin und liebt die Berliner, aber: "Da dauert es, bis man die Leute für sich einnimmt. In Herford überwiegt die Freude darüber, zusammen zu feiern." Eidingers "Autistic Disco" ist längst eine Marke in der Szene, er selbst einer der angesagtesten DJs. "Ich lege Musik intuitiv auf, aus dem Moment heraus" "Ich lege Musik intuitiv auf, aus dem Moment heraus und möglichst sensitiv. Ich überlege mir vorher kein Set. Das ist das Gegenteil von autistisch." Seine Art, Musik aufzulegen, nennt er eklektisch. "Ich finde gut, wenn ich in zwei Stunden einmal jedes Genre wie Rock und Hip Hop bedient hab." Eidinger startet mit Techno und trifft mit "Pump up the Jam" von Technotronic den Nerv der Tänzerinnen und Tänzer auf der gesteckt vollen Tanzfläche. Auch "Insomnia" von Faithless löst spontanen Jubel aus. Tatsächlich sind es nicht die blutjungen Leute, die unter dem professionellen Discolicht abtanzen. Einlass war ab 18 Jahren, darüber sind die Altersklassen bunt gemischt. Mancher Besucher deutlich über 60 beobachtet das schweißtreibende Spektakel vom Rand aus, hat womöglich nur mal den Schauspieler aus der Nähe sehen wollen und versucht dem Schalldruck der Lautsprecher zu entgehen. Eidinger selbst tanzt ausgelassen zur Musik, wenn er nicht gerade sein Publikum fotografiert. Eidinger-Fotos von Hotelbetten im Marta-Forum zu sehen Museumsdirektor Roland Nachtigäller freut sich, dass Eidinger auch mit der Präsentation seiner eigenen Fotos noch unbenutzter Hotelbetten im Marta-Forum ganz "hingerissen" war. Für das Abendessen auf dem Balkon der Gehry-Lounge in der Kupferbar hatte sich Chefkoch Moritz etwas besonderes für den Star einfallen lassen. So gab es essbares Porzellan - eine Spezialität aus Kartoffeln. Nachtigäller hat Eidinger als "netten Menschen ohne Allüren" kennengelernt, der "das Publikum mag". Das Museum hat Eidinger engagiert, weil seine Disco für eine bestimmte Art von Nachtleben steht, sagt Nachtigäller: "Es geht um einen Dialog zwischen Menschen, die aus dem Licht des Tages heraustreten." Ob das die Menschen auf der Tanzfläche gewusst haben? Die Disco am ungewohnten Ort ist für das Marta-Team mit viel organisatorischem Aufwand verbunden. Dennoch ist eine Wiederholung in zwei Jahren nicht ausgeschlossen.

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