St. Johannis in Herford: Passanten vermuten Kapitalverbrechen

Herford. Wenn Damen und Herren in weißen Schutzanzügen in einem Gebäude ein- und ausgehen, ist dort meist ein Kapitalverbrechen verübt worden. Man weiß ja aus dem Tatort: Es sind Mitarbeiter der Spurensicherung der Polizei, die durch die Schutzkleidung verhindern wollen, dass sie Spuren am Tatort hinterlassen, die dort nicht hingehören. Selbst Kommissare, die ihre Aufgabe ernst nehmen, tragen Handschuhe, wenn sie einen verdächtigen Gegenstand in die Hand nehmen. Einen Mord in der Johanniskirche hat es aber nicht gegeben. Es steckt dennoch eine schmutzige Geschichte hinter einem Einsatz hoch über dem Neuen Markt. "Die Leute haben tatsächlich gefragt, ob wir von der Polizei sind" Enver Gevci und Andreas Ilmer stecken in den weißen Anzügen. Sie sind Mitarbeiter der Gottschalk-Weddiggen-Werkstätten der Evangelischen Diakoniestiftung und haben eine Woche lang den Taubenkot, der sich im Glockenstuhl der Johanniskirche im Laufe der Jahre angesammelt hatte, entfernt. "Die Leute, die uns gesehen haben, haben tatsächlich gefragt, ob wir von der Polizei sind", sagt Vorarbeiter Enver Gevci. Wer ihr grünes Einsatzfahrzeug genauer angesehen hat, hätte wissen können, dass die Männer von der Abteilung Garten- und Landschaftspflege sind. Die Polizei hat ja inzwischen auf Blau umgesattelt. Und die Spezialisten der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) fahren meist graue oder weiße Transporter. Die 156 Stufen, die hoch in den Turm führen, sind eng und niedrig. "Man kommt da ganz schön ins Schwitzen in den Anzügen", sagt Gevci. Zur Schutzausrüstung gehörten außerdem Atemmasken und Handschuhe. Denn Taubenkot ist eine aggressive Substanz, die auch Mauerwerk und Holz beschädigt und sollte als Staub nicht eingeatmet werden. So haben die Arbeiter sogar mit Drahtbürsten die verdreckten Balken bearbeitet, um sie vom Kot zu befreien. 130 Kilogramm Taubenkot sowie 170 Kilogramm abgelösten Putz und anderen Müll haben sie in Eimern mühevoll nach unten geschleppt. Der meiste Taubenkot hatte sich in der Etage angesammelt, in der die mit Fensterläden geschlossenen Fenster eingebaut sind. Von hier aus hatten Gevci und Ilmer auch einen schönen Blick auf die Neustadt. "Tauben sind Felsenbewohner" Die Fenster und andere Öffnungen sollten eigentlich mit Kaninchendraht gegen Tauben gesichert sein. "Das sind Felsenbewohner, die finden immer ein Schlupfloch", weiß Pfarrer Johannes Beer von der Kirchengemeinde Mitte. Außerdem sei bei den Bauarbeiten am Turm der vergangenen Jahre das Dach immer wieder offen gewesen. Unter dem Dach der Münsterkirche hat er vor deren Renovierung bis zu 40 Zentimeter dicke Kotschichten gesehen. "Da haben die Hobbygärtner bei der Reinigung Schlange gestanden", erinnert er sich. Denn die Hinterlassenschaften der Vögel gelten als guter Dünger. In der Johanniskirche sind Handwerker in den vergangenen Jahren Dauergäste. So mussten die Halterung des Wetterhahnes aufwendig erneuert, ein Blitzableiter angebracht und das Schieferdach des Turmes saniert werden. Im Zuge der Neugestaltung des Neuen Marktes durch die Stadt hat auch die Gemeinde ihrem Kirchhof ein neues Pflaster und neue Bänke gegönnt. Im Spätherbst musste für 140.000 Euro eine neue Lüftungsanlage eingebaut werden, weil sich Schimmel gebildet hatte. Bis sie ihre Wirkung voll entfaltet, wird es noch einige Zeit dauern, meint Pfarrer Beer. Im Mai sollen in der Kirche wieder Gottesdienste stattfinden. In nächster Zeit wird Ulrich Borgards Tontechnik eine neue Lautsprecheranlage des Herforder Herstellers Glockenklang einbauen. Noch vergeben muss die Gemeinde den Auftrag für die Schutzverglasung einiger historischer Fenster. Das Dach des Chores wird demnächst für 40.000 Euro erstmals Dachrinnen bekommen. Das entspricht nicht dem historischen Vorbild - bisher pladderte das Wasser durch die Wasserspeier und direkt von den Pfannen nach unten. "Der Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz geht vor", sagt Beer. Die gotische Hallenkirche wurde zwischen 1240 und 1310 erbaut "St. Johannis ist die Pfarrkirche der 1220 gegründeten Herforder Neustadt", ist auf der Homepage der Gemeinde nachzulesen. Die gotische Hallenkirche wurde zwischen 1240 und 1310 erbaut. Sie wurde Stiftskirche, als 1414 das Stift St. Dionys wegen der unsicheren Lage von Enger in das befestigte Herford verlegt wurde. Die Stiftsherren brachten damals den berühmten Dionysiusschatz mit Taufgaben Karls des Großen an Widukind mit, der seit 1885 in Berlin zu sehen ist. Der Turm wurde zwischen 1906 und 1910 bis auf die Fundamente abgetragen und neu errichtet.

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