Sieben Künstlerinnen zeigen ihre Werke im Zellentrakt in Herford

Herford. Zum zweiten Mal nach der Ausstellung &bdquo;abgeschlossen" präsentiert das Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken in der Gedenkstätte Zellentrakt Kunst, die sich intensiv mit dem Ort auseinandersetzt. 2011 waren Werke von fünf Künstlern zu sehen. Jetzt setzten sich sieben Künstlerinnen aus Herford und der Region für die Ausstellung &bdquo;aufgeschlossen" intensiv mit dem Zellentrakt auseinander. Fünf Arbeiten sind jeweils in einer der Zellen des früheren Polizeigefängnisses zu sehen, die Arbeiten der Bielefelderin Gisela Wäschle und Kristine Wedgwood-Benn auf dem Gang. Scherenschnitte im Gang &bdquo;Es geht alles vorüber" heißt Wedgwood-Benns filigrane Scherenschnitt-Arbeit. Dafür zeichnete sie reale Personen und ordnete die liegenden Gestalten übereinander so an, wie die Gefangenen in den Stockbetten gelegen haben könnten. Der hoffnungsvolle Titel findet sich als Inschrift in einer der Zellen. &bdquo;Sehen und nicht sehen" heißt die Arbeit Wäschles, für die sich die Bielefelderin intensiv mit der Geschichte von 1933-45 beschäftigte. Die gezeichnete Recherche in Büchern, Berichten und Biografien zeigt sie auf zwei Fotografien. Ein großes Acrylgemälde bildet den parallel dazu abgelaufenen inneren Monolog ab. Auch persönliche Themen haben ihren Platz Persönlich ist das Thema der &bdquo;Installation: P4" der Bielefelder Künstlerin Alexandra Sonntag, die ihre psychisch kranke Mutter über 31 Jahre begleitete. Diese war wiederholt in geschlossenen Stationen untergebracht. Körperlich unversehrt eingeliefert, sei die Mutter dort nach nicht sachgerechten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen beinahe verstorben. Zunächst ein Pflegefall starb die Mutter im November 2017 – für Sonntag eine Folge der Geschehnisse. Neben einem Ölbild der Mutter zeigt sie ein Gespräch mit ihrer Mutter auf der Station als Videoloop. Mit der Arbeit möchte Sonntag auf den bis heute ausgrenzenden Umgang mit psychisch kranken Menschen hinweisen. Risse in Boden oder Wand werden zu Kunst Die Bildhauerin Nina Koch zeigt die Gipsskulptur &bdquo;Trauernde", eine stehende Frau mit einem Mädchen in einer sonst leeren Zelle. Vieles bleibt offen. Fragen danach was das Paar erlebt haben könnte oder wie es in die Zelle geraten ist, nehmen die Betrachter mit. Als Bronzeskulptur steht die Trauernde als Mahnmal für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Medebach. Koch lebt in Bielefeld und ist Lehrerin an der Gesamtschule Friedenstal. &bdquo;Vom Verschwinden und Erinnern" heißt Katharina Hagemanns Beitrag, für den sie sich mit mit Spuren in der Zelle wie Rissen oder Einritzungen beschäftigte. Zu sehen sind Frottagen und in Ton gebrannte Abdrücke der Spuren. Mit ähnlicher Technik gebrannt in Speicherplatten aus Ton schafft sie ein Archiv der sie umgebenden Natur, die Hagemann so angesichts ihrer Bedrohung für die Ewigkeit festhalten möchte. Susanne Albrecht und Angelika Höger beschäftigen sich auf jeweils ganz eigene Weise mit der Zelle als Raum. Albrecht installiert schwarze Schleifpapierbahnen, die sich in den Raum wölben, und ihn zusätzlich verkleinern, darauf Spuren eines abgerieben Steins. &bdquo;Die Wand vor Augen" heißt die Arbeit, die mit dem Steinabrieb darauf verweist, dass auch der Stein der stärksten Mauern nicht ewig hält. Spielerischer Zugang zu ernstem Thema &bdquo;Zeitspur" heißt Angelika Högers mit kleinen Elektromotoren bewegte &bdquo;situative Installation". Winzige Maschinen bewegen den Staub der Zeiten, der sich hinter den Heizkörpern gesammelt hatte oder lassen kleine Stahlbesen über eine Styroporplatte schrubben. Wenn es still wird in Gängen und Zelle können die Sinne – besonders das Gehör – Menschen üble Streiche spielen. Sensorische Deprivation nennt sich das. Länger andauernd kann sie zu psychischen Schäden führen und widerspricht laut Menschenrechtskonvention als Weiße Folter den Menschenrechten.

Meistgelesen