Serie: Fußball-WM in Katar Bünder Traditionsverein kämpft ums Überleben

Bünde. Wenn am Sonntag in Katar das erste Spiel angepfiffen wird, startet die bisher teuerste Fußballweltmeisterschaft aller Zeiten. Wie viel Geld genau in die Infrastruktur für das Weltereignis geflossen ist, lässt sich nicht genau sagen, weil es keine transparenten Zahlen vom dortigen Regime gibt. Schätzungen reichen von 150 bis zu 220 Milliarden Dollar. Das ist ein Vielfaches der bisher teuersten Weltmeisterschaften in Russland und Brasilien (beide unter 15 Milliarden Dollar Kosten). Von solchen Summen kann der Vorstand vom TuS Eintracht Südlengern nur träumen. Der kleine Traditionsverein kämpft mit aktuell nur noch einer Herrenmannschaft ums Überleben. &bdquo;Zu Spitzenzeiten hatten wir 400 bis 500 Mitglieder“, erinnert sich Vorstand Norbert Glowacz. In den 1980er Jahren hatte der Verein noch seine glorreichen Zeiten mit mehreren Mannschaften. Doch seit den 90ern beginnt der Abwärtstrend bei der Eintracht. Einen letzten Aufschwung gibt es dann vor ein paar Jahren in der Kreisliga A. Doch auch das ist mittlerweile Vereinsgeschichte. Für einen der Gründe dieser Entwicklung reicht ein Blick aus dem Fenster des Vereinsheims: &bdquo;Das ist der letzte Ascheplatz im Kreis Herford, der noch bespielt wird“, sagt Glowacz. Was in den 80ern noch normal war, schreckt heutzutage eher Spieler – vor allem junge Spieler – ab. Wer auf Asche spielt, kommt häufig mit Schürfwunden nach Hause. Auch das Verletzungsrisiko ist höher als auf modernen Kunstrasenplätzen. Aktuell hat der Verein noch eine Herrenmannschaft, die in der Kreisliga B ganz unten in der Tabelle steht. &bdquo;Wir haben noch etwa hundert Mitglieder“, sagt Glowacz. &bdquo;Und am Freitagabend ist das hier noch ein Treffpunkt für ältere Mitglieder und ehemalige Spieler“, sagt er und zeigt auf das Vereinsheim. &bdquo;Das ist das, was es hier noch an Vereinsleben gibt.“ Das Geld für neue Spieler fehlt Eintracht Südlengern finanziert sich aus Mitgliederbeiträgen und &bdquo;noch ein paar Werbebanden“, wie Glowacz sagt. Doch weitere oder gar neue Sponsoren zu finden ist schwierig, wenn der Verein so weit unten in der Kreisliga steht. &bdquo;Wenn man dann bei einer Firma ist, wird man gefragt: Was wollt ihr denn?'“, berichtet Glowacz. So fehlt natürlich das Geld für neue Spieler. Und die Spieler, die gut sind, wandern zu anderen Vereinen ab. Vereine, die mehr Geld bieten können – oder auch einfach einen Kunstrasenplatz. Es ist eine ganz andere Fußballrealität als sie die FIFA und Katar diese Tage im Fernsehen zeigen wollen. &bdquo;Da werden Millionen ausgegeben“, sagt Glowacz. &bdquo;Und kleine Vereine müssen auch Kosten tragen.“ Es gebe zu viele Abgaben, die der Amateurfußball zu tragen hat, und nicht genug Unterstützung – vor allem nicht von der Stadt Bünde, heißt es aus dem Verein. Den Ascheplatz an der Max-Planck-Straße in einen Kunstrasenplatz umzuwandeln, sei in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach versucht worden – und immer wieder gescheitert. Da sorgen dann nicht nur die Bilder aus Katar im Verein für Unmut, wo für die neuen klimatisierten Stadien drei Milliarden Dollar ausgegeben wurden. Es reicht auch schon der Blick nach Holsen. Dass der VfL Holsen für eine halbe Millionen Euro eine neue Umkleidekabine bekommen soll – mitten in den aktuellen Krisen, wie jüngst im Sportausschuss beschlossen – sorgt bei den Ehrenamtlichen beim TuS Eintracht Südlengern für Unverständnis. Nicht nur wünscht sich der Verein seit Jahren eine solche Unterstützung, um einen zeitgemäßen Fußballplatz bauen zu können. Nein, der Verein selbst hat mittlerweile nur noch vier Duschen für 20 Spieler. Die großen Krisen der aktuellen Zeit fallen angesichts der Vereinsentwicklung schon gar nicht mehr so sehr ins Gewicht. Auch wenn Corona seinen Teil beigetragen hat, wie Glowacz sagt. Mehr Sorgen bereiten dem Vorstand die steigenden Energie- und Gaskosten. Es herrscht Angst, dass nun wirklich das Sterben der kleinen Fußballvereine kommt. Den Kopf in den Sand stecken möchte man beim TuS aber nicht. &bdquo;Zumachen wollen wir nicht“, sagt ein langjähriges Vereinsmitglied. &bdquo;So lange wir noch Jungs haben, die hier spielen, machen wir nicht zu.“ Und auch einen letzten Gedanken zur WM in Katar hat der Vereinsveteran: &bdquo;Ich gucke mir den Scheiß nicht an.“ >>>Alle Texte zum Thema finden Sie in unserem Schwerpunktthema Fußball-WM in Katar

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