Kreis Gütersloh Alkohol beliebt: Wie die Pandemie das Einkaufsverhalten verändert hat

Werther. Corona kennt wirtschaftliche Verlierer wie beispielsweise die Gastronomie. Es gibt aber auch Branchen, denen hat die Pandemie nicht geschadet. Die beiden inhabergeführten Supermärkte in Werther gehören dazu, wie diese Zeitung im Gespräch vor Ort erfuhr. &bdquo;Im ersten Jahr der Pandemie hatten wir ein Umsatzplus von rund 20 Prozent, aktuell liegen wir immer noch bei zehn Prozent Plus im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie", sagt Benjamin Adam, Inhaber des Rewe-Marktes an der Engerstraße 65. Ehepaare mit zwei Wagen Im Edeka-Markt Engelke-Söhngen, Alte Bielefelder Straße 14a, hat sich das Geschäft inzwischen wieder auf dem Niveau von 2019 eingependelt. In den vergangenen zwei Jahren waren die Umsätze aber teils stark angestiegen. &bdquo;Wir waren anfangs fassungslos", erinnert sich Anna-Maria Sedzielewska an die Hamsterkäufe im März 2020. Da seien Ehepaare teils mit zwei vollen Einkaufswagen aus dem Markt gegangen, so die stellvertretende Marktleiterin. Benjamin Adam beobachtete im ersten Lockdown &bdquo;zehn Prozent weniger Kunden im Markt". Aber wer kam, schlug richtig zu. &bdquo;Die Umsätze pro Kunde stiegen deutlich an, es wurde für mehrere Haushalte eingekauft", so der Einzelhandelskaufmann. Bei Adam gab es plötzlich viel mehr Arbeit – und verfügbare Aushilfen. &bdquo;Da haben wir vorübergehend fünf Leute eingestellt, die durch Corona ihre Jobs verloren hatten." Große Lieferprobleme So war es auch im Edeka-Markt Engelke-Söhngen. &bdquo;Wir mussten Aushilfen einstellen", so Anna-Maria Sedzielewska. Das lag nicht nur am Nachfrageboom. &bdquo;Es gab auch viel Arbeit durch die Hygienemaßnahmen." Die hätten schließlich überwacht werden müssen. Dazu kamen große Lieferprobleme aufgrund der Pandemie. &bdquo;Viele Termine passten nicht mehr. Was am Dienstagmorgen kommen sollte, kam am Mittwochabend", nennt die stellvertretende Marktleiterin ein Beispiel. Im Ergebnis stieg der Umsatz in beiden Märkten 2020 kräftig um bis zu 20 Prozent. Bei Edeka brummte es an der Fleischtheke sowie beim Obst und Gemüse besonders. &bdquo;Der Frischebereich läuft sowieso gut, aber wir haben auch junge Leute im Markt gesehen, die auf einmal selbst gekocht haben", erinnert sich Anna-Maria Sedzielewska. Regelrecht explodiert seien die Umsätze im Tiefkühlbereich. &bdquo;Da gab es ein Plus von über 30 Prozent." Konserven der Renner Etwas anders verteilte sich das Umsatzplus bei Benjamin Adam. &bdquo;Im ersten Jahr gingen verpackte Lebensmittel mit langer Haltbarkeit durch die Decke", so der 41-Jährige. Tiefkühlkost, Konserven, Fertiggerichte, Teigwaren, Hülsenfrüchte sowie verpacktes Obst und Gemüse waren die Renner. Auch Lebensmittel im Glas wurden gut nachgefragt. In der Summe ein Plus von 25 Prozent. &bdquo;Loses Obst und Gemüse ging eher weniger", berichtet der Inhaber. Im Rewe-Markt gab es einen Run auf Toilettenpapier, Haushaltsrollen, Papiertaschentücher, Waschmittel, Reinigungsmittel für Geschirrspüler, flüssige Seife oder Hygieneartikel. &bdquo;Wir haben keine komplette Knappheit hier erlebt", sagt Benjamin Adam. Natürlich seien immer wieder Artikel aufgrund der hohen Nachfrage ausverkauft gewesen. Das habe aber nie lange gedauert. Dreimal die Woche habe es neue Ware gegeben. Preise waren nicht wichtig Die Hamsterkäufe ließen im Edeka-Markt nach etwa zwei Monaten nach. &bdquo;Da haben die Leute begriffen, dass es keinen Sinn macht", erinnert sich Anna-Maria Sedzielewska. Eine Auffälligkeit im Kundenverhalten änderte sich aber nicht so schnell. &bdquo;Die Kundschaft hat nicht auf die Preise geachtet wie sonst." Wenn ein Produkt von &bdquo;Gut und Günstig" nicht vorrätig gewesen sei, dann sei das teure Markenprodukt im Einkaufswagen gelandet. Oft gab es dazu auch keine Alternative, wenn ein Produkt benötigt wurde. &bdquo;Gut ein halbes Jahr" dauerten laut Anna-Maria Sedzielewska die Lieferprobleme. Dann normalisierte sich der Warenstrom wieder. Die Nachfrage blieb im Edeka-Markt bis Ostern 2021 erhöht und ging dann langsam auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit zurück. &bdquo;Besonders im Sommer 2020 bekamen wir keine Ruhe." Die sonst übliche Urlaubszeit sei ausgefallen, der Umsatz von Grillfleisch und Grillkohle stark gestiegen. 20 Prozent mehr Wasser Bei Benjamin Adam verkauften sich Fleisch- und Wurstwaren in der Corona-Zeit und jetzt &bdquo;auf einem guten Niveau". Enorm gestiegen war dagegen der Getränkeabsatz. &bdquo;Wasser nahm im ersten Jahr um 20 Prozent zu, das hat sich wieder normalisiert." Alkohol war &bdquo;sehr stark gestiegen". Wein Sekt und Spirituosen gingen im ersten Jahr der Pandemie um &bdquo;locker 20 Prozent besser als vorher". Aktuell liegt das Plus bei zehn Prozent, getragen von Wein und Spirituosen. &bdquo;Bei Alkohol war der Zuwachs heftig", betont Anna-Maria Sedzielewska. Um 30 Prozent wuchs der Umsatz bei Edeka im ersten Jahr. Besonders gut gingen Wein (&bdquo;darauf sind wir spezialisiert") und Spirituosen. Auch hier hat sich die Nachfrage normalisiert und die stellvertretende Marktleiterin sieht darin auch einen positiven Aspekt. &bdquo;Wir waren als Belegschaft über lange Zeit kaum zur Ruhe gekommen, die Beschäftigten waren mitgenommen von der Corona-Zeit." Knabberware legten zu Bei Bier tat sich in der Pandemie im Rewe-Markt wenig. &bdquo;Es gab vorübergehend eine Nachfrage nach kleinen Fässern", so Benjamin Adam. Erfrischungsgetränke nahmen um zehn Prozent zu und liegen heute wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. &bdquo;Eistee war ein Renner." Knabberartikel gingen ebenfalls gut. Der Umsatz stieg um 20 Prozent und liegt heute immer noch um zehn Prozent im Plus. Süßwaren wuchsen verhalten und haben sich heute wieder normalisiert. Verlierer nicht vergessen Geblieben ist im Rewe-Markt ein &bdquo;Trend zu Bevorratung". Fertigmahlzeiten, Konserven und Teigwaren gehen weiter gut. &bdquo;Die Leute packen sich Sachen in den Schrank und haben offenbar gern etwas im Haus", schätzt Benjamin Adam die Situation ein. &bdquo;Die Pandemie hat mir nicht geschadet, der Lebensmittelbranche sicher auch nicht", bilanziert der 41-Jährige. Er freut sich besonders darüber, dass er eine Corona-Aushilfe langfristig an sich binden konnte. Die Verlierer von Corona hat Adam nicht aus dem Blick verloren. &bdquo;Ich habe meinen Beschäftigten einen gut dotierten Gutschein für das Restaurant zu Weihnachten geschenkt, wo wir sonst unsere Weihnachtsfeier durchführen", so der gebürtige Wertheraner. Auch mit Außer-Haus-Bestellungen habe er seinen Beitrag geleistet. &bdquo;Wir müssen den Betroffenen von Corona helfen", steht für ihn fest.

Mehr zum Thema