Kreis Gütersloh "Ungerecht": 17-Jähriger verbringt Weihnachten und Geburtstag in Quarantäne

Werther. Eigentlich hätte Tom an diesem Dienstag allen Grund zur Freude. Denn er wird 17 Jahre alt. Eine coronakonforme Feier war bereits geplant. Doch daraus wird nichts. Wie schon aus einem Weihnachtsfest im Kreis der ganzen Familie nichts geworden ist. Denn Tom steckt in Quarantäne. Bis einschließlich diesen Donnerstag muss er sich an die strengen Kontaktbeschränkungen des Kreisgesundheitsamts Gütersloh halten. Was leichter zu ertragen wäre, gäbe es in dem Fall nicht so viele Ungerechtigkeiten. Tom besucht die Q 2 des Evangelischen Gymnasiums. Hier war bei einer Mitschülerin am Wochenende vor Weihnachten die hochansteckende Omikron-Variante nachgewiesen worden. Zunächst hieß es für die Oberstufe, dann für alle Schülerinnen und Schüler: Distanzunterricht und zu Hause bleiben. Lesen Sie auch: Mehrere Omikron-Fälle an Schulen: Unverständnis über Quarantäne-Vorgehen Für diejenigen, die die gleichen Kurse wie die Infizierte besucht haben, waren die Auflagen des Gesundheitsamts noch strenger: Es ordnete eine 14-tägige häusliche Quarantäne an. Freitesten oder nach einem negativen PCR-Test die Quarantäne zumindest auf eine Woche verkürzen: ausgeschlossen. Kaum Berührungspunkte zur infizierten Schülerin &bdquo;Mein Sohn zählt zu den Kontaktpersonen der betroffenen Schülerin", erzählt seine Mutter im Gespräch. Dabei habe er nur eine Mathestunde gemeinsam mit ihr gehabt. Er säße am Fenster, sie an der Tür, also mit weitem Abstand. Ansonsten habe es keinerlei Berührungspunkte mit der infizierten Schülerin gegeben. &bdquo;Mein Sohn ist zweimal geimpft, er trägt im Unterricht Maske, Stoßlüften fand statt, er ist symptomfrei und täglich getestet. Wie kann ich ihn für Dinge wie Impfen, Maske tragen und andere Dinge motivieren, wenn er aus haltlosen Gründen in Quarantäne geschickt wird?", fragt die Mutter. Eigentlich habe das Weihnachtsfest im Kreis der Familie stattfinden sollen. Doch die Großeltern habe ihr Sohn genauso wenig sehen können wie den Vater, von dem sie, die Mutter, getrennt lebt. Das werde auch am heutigen Geburtstag ihres Sohnes nicht anders sein. Was an sich schon traurig genug wäre. Noch trauriger sei allerdings, dass der Kreis Herford und die Stadt Bielefeld keine derart strengen Regeln vorgeben würden wie der Kreis Gütersloh. Für Schülerinnen und Schüler des Wertheraner Gymnasiums, die hier wohnen, wäre keine so strenge Quarantäne angeordnet worden. "Wie soll ich das meinem Kind erklären?" &bdquo;Es kann nicht sein, dass die Gesundheitsämter in einer so sensiblen Sache unterschiedliche Vorgehensweisen haben", ärgert sich die Mutter. &bdquo;Das ist total ungerecht. Wie soll ich das meinem Kind erklären?" Sie betont ausdrücklich, dass sie &bdquo;absolut keine Coronaleugner" seien und alle Maßnahmen mitgingen, die angeordnet werden. &bdquo;Hier jedoch ist für uns als Familie ein Punkt erreicht, der die Corona-Maßnahmen nicht mehr erträglich macht. Weihnachten, der Geburtstag, die Schulferien – alles ist für Tom gelaufen. Er tut mir unheimlich leid." Tom selbst, erzählt sie, sei furchtbar enttäuscht gewesen, auch, weil er vor den Ferien für die Klausuren richtig habe buckeln müssen. Und dann habe er nicht einmal ein bisschen feiern dürfen. &bdquo;Was", fragt sich die Mutter, &bdquo;wollen wir unseren Kindern noch zumuten?" Besonders bitter stößt der Mutter auf, als ihr Sohn berichtete, dass die Lehrer, die Kontakt zu der infizierten Schülerin hatten, sich wohl vor Weihnachten haben freitesten lassen können. &bdquo;Das gönne ich ihnen von Herzen – aber sind sie weniger ansteckend als die Schüler?" &bdquo;Weil offenkundig gerade keiner weiß, was richtig ist" Ein Stück weit hatte die Mutter die Hoffnung, dass sich im Gespräch mit dem Gesundheitsamt zumindest für den Geburtstag noch eine Lösung finden lassen würde. Doch die Quarantäne blieb bestehen. Auf Nachfrage, warum die Gesundheitsämter aus Herford und Bielefeld anders entschieden haben, habe sie dabei erfahren, dass die Vorgehensweise eine &bdquo;subjektive Entscheidung" gewesen sei. &bdquo;Weil offenkundig gerade keiner weiß, was richtig ist." Solchen Entscheidungen gegenüber fühle man sich machtlos und im Stich gelassen, so die Wertheranerin. Da sei es kein Trost zu wissen, dass es anderen Oberstufenschülern und deren Eltern an Weihnachten nicht anders gegangen sei. Sie habe kurz überlegt, ob sie einen Anwalt einschalten soll. Doch eine Klage könne sie nur auf einen schriftlichen Quarantäne-Bescheid beziehen. &bdquo;Und der war erst jetzt, an diesem Montag, in der Post. Da am Donnerstag die Quarantäne ausläuft, macht das wohl keinen Sinn." &bdquo;Das ist furchtbar frustrierend" Für das Gesundheitsamt des Kreises Gütersloh ist die Sache indes eindeutig. In einer schriftlichen Stellungnahme an die Mutter betont ein Mitarbeiter, ihr Sohn habe am 16. Dezember gemeinsam mit einer Mitschülerin, die mit einer besorgniserregenden Corona-Variante infiziert war, am Mathekurs teilgenommen. Für die Einordnung als enge Kontaktperson lege der Kreis dabei die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zugrunde. Danach gelte als enge Kontaktperson, wer sich mit dem oder der Infizierten im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole für länger als zehn Minuten aufgehalten habe – unabhängig von dem Abstand und auch dann, wenn durchgehend und korrekt ein Mund-Nasen-Schutz getragen wurde und die Person vollständig geimpft ist. Daher sei das Gesundheitsamt gehalten, für den Sohn eine 14-tägige häusliche Quarantäne auszusprechen. &bdquo;Das ist furchtbar frustrierend", sagt die Mutter. Zusammen mit ihrem Sohn blickt sie nun dem Ende der Quarantäne entgegen. Wenn es für ein Weihnachtsfest dann auch zu spät ist – immerhin der Geburtstag soll dann nachgeholt werden.

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