Kreis Gütersloh Tückische Krankheit: Diagnose verändert gesamtes Leben einer 46-Jährigen

Kreis Gütersloh. Sandra Josephs ist eine lebenslustige Frau. Aber vor vier Jahren ändert sich ihr Leben schlagartig. Die Diagnose: Multiple Sklerose. Plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. Sie spricht offen über ihre schwere Krankheit – und möchte andere Betroffene unterstützen. Beim Pressetermin steht die gebürtige Versmolderin vor einer Herausforderung. Wie so oft im Alltag mit der Erkrankung. Die Treppe im städtischen Haus der Familie bereitet ihr Probleme. &bdquo;Gehen Sie ruhig vor. Bei mir dauert es etwas länger“, sagt sie, als sie gemeinsam mit der NW an diesem Vormittag in dem Gebäude an der Altstadtstraße ankommt. Oben wartet Kerstin Walter. Die beiden Frauen kennen sich. Und wollen zusammenarbeiten. Die Mitarbeiterin im Haus der Familie möchte eine Selbsthilfegruppe für MS-Kranke und Angehörige im Haus der Familie etablieren. Selbsthilfegruppe in Versmold könnte bald starten Denn Menschen, die mit der Krankheit leben, gibt es einige. Laut der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) leben in Deutschland rund 252.000 Menschen mit der Diagnose MS. Jährlich kommen etwa 15.000 hinzu. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer – meistens zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. MS ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst. Allerdings sind Symptome und Krankheitsverläufe bei den Patienten unterschiedlich, so die DMSG auf ihrer Internetseite. So können motorische Störungen auftreten. Dazu gehören Lähmungen und Sehstörungen mit Verschwommen- oder Nebelsehen. Daneben kommen oft Gefühlsstörungen der Haut vor, meist in Form von Kribbeln, (schmerzhaften) Missempfindungen oder einem Taubheitsgefühl. Außerdem können unterschiedlichste Beschwerden wie Blasenstörungen, Unsicherheit beim Gehen oder beim Greifen, Doppelbilder und &bdquo;verwaschenes“ Sprechen auftreten. Zunehmende Einschränkungen im Alltag Sandra Josephs kennt die verschiedenen Symptome. Der Alltag der Familienmutter, die inzwischen in Halle lebt, ist alles andere als einfach. Zusammen mit Kerstin Walter sucht sie andere Betroffene aus der Umgebung. Ab Herbst könnte die Gruppe mit regelmäßigen Treffen starten. Was Sandra Josephs aber vor allem braucht: Unterstützung. Jemanden, der die Gruppe mit leitet. &bdquo;Durch die Schübe kann ich nicht gewährleisten, dass ich immer in der Lage bin, an den Treffen teilzunehmen“, erklärt Josephs. Alle drei, vier Monate kommt einer dieser Schübe. Wie er sich äußert, kann sie nicht vorhersagen. &bdquo;Das kommt immer darauf an, auf welchen Bereich im Gehirn die Schübe wirken.“ Der jüngste Schub schränkte beispielsweise das Sehfeld ein. Die Krankheit nimmt schleichend immer größere Ausmaße im Leben von Sandra Josephs an. Im Alltag muss sich die 46-Jährige zunehmend einschränken. &bdquo;Wenn viele Menschen zusammenkommen, ist die Reizüberflutung für mich zu groß“, sagt sie. Geburtstagsfeiern von Freunden sind für sie schwierig. Normale Alltagssituation stellen Josephs vor Herausforderungen. Einkäufe erledigt sie konsequent mit einer Liste als Erinnerungsstütze. Im Haushalt ist sie auf Hilfe angewiesen. &bdquo;Ohne meinen Mann und die Kinder würde es nicht funktionieren.“ Bei der Arbeit und im Haushalt fallen Symptome auf Sie nennt ein Beispiel: Die Familie sitzt beim Abendessen zusammen. Sandra Josephs hat noch etwas im Backofen. &bdquo;Ich wusste einfach nicht mehr, dass dort noch etwas drin ist.“ Wenn zu viel auf einmal kommt, vergisst sie Dinge. &bdquo;Das sind die Momente, die mich manchmal verzweifeln lassen“, schildert sie. An Arbeit kann Sandra Josephs seit zwei Jahren nicht einmal mehr denken. Als sie die Diagnose MS erhielt, ging sie zunächst noch ihrer Tätigkeit nach. Doch ihre Leistungsfähigkeit nahm immer weiter ab. Josephs ist im Einzelhandel tätig. &bdquo;Als ich an der Kasse saß, wusste ich nicht mehr, ob ich Wechselgeld rausgegeben hatte“, erinnert sie sich. Sie nahm sich dann vermehrt Tätigkeiten vor, bei denen sie ihr eigenes Tempo und eigene Hilfsmittel nutzen konnte. Doch seit einiger Zeit geht auch das nicht mehr. Über Bekannte und Freunde lernt Sandra Josephs andere Betroffene kennen. Sie wünscht sich weiteren Austausch. Kerstin Walter kann das verstehen. &bdquo;Die Verläufe der Krankheit sind oft unterschiedlich“, weiß die Mitarbeiterin im Haus der Familie. Dort hat man Erfahrung mit der Begleitung von Selbsthilfegruppen. &bdquo;Mit Betroffenen kann man ganz anders über seine Probleme sprechen.“ Dabei komme es gar nicht auf Behandlungsmethoden oder Tipps für die richtige Therapie an. &bdquo;Oft helfen schon Tipps für den Alltag“, weiß Kerstin Walter. Wer sich bei der neuen Selbsthilfegruppe engagieren möchte, kann sich direkt bei Sandra Josephs unter Tel. (01 51) 40 12 32 91 oder im Haus der Familie unter Tel. (0 54 23) 93 02 08 melden.

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