Verl "Ich bin nicht im Streit gegangen": Robin Brüseke verlässt den SC Verl

Robin Brüseke, am Dienstag haben Sie sich von der Mannschaft verabschiedet, weil Sie nach 14 Jahren den Sportclub verlassen. Wie geht es Ihnen damit? Robin Brüseke: Wenn ich jetzt sagen würde, ich könnte einfach gehen, dann wäre das gelogen. Es fühlt sich ein wenig so an wie die Trennung von einer Partnerin. Ich habe mein halbes Leben lang bei dem Verein gespielt. Es fällt mir schwer, die Reaktionen von Mitspielern und Fans zu sehen. Es ist mir auch schwer gefallen, meine persönliche Verabschiedung auf Instagram hochzuladen. Ich bin mit dem SC Verl durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Und ich wusste immer, was ich am Verein habe. Sonst wäre ich niemals so lange geblieben. Woran ist die Vertragsverlängerung gescheitert? Es gibt immer zwei Seiten. Die des Vereins. Und die des Spielers. Natürlich müssen beide von einer gemeinsamen Zusammenarbeit weiter profitieren. Der Verein hat mir einen Vertrag angeboten. Finanziell entsprach das Angebot aber nicht meinen Vorstellungen. Dazu kommt die sportliche Perspektive. Niclas Thiede hat es in der vergangenen Saison gut gemacht. Dann gibt es auch keine Not zu wechseln. Ich bin dann realistisch. Wenn mit dem Stammtorwart verlängert wird, und danach sieht es aus, würde ich meinen Vertrag ja im Prinzip verlängern, um mich dann auf die Bank zu setzen. Das Gesamtpaket aus der sportlichen Situation und der finanziellen Seite stand dem gegenüber, bei seinem Heimatverein zu bleiben. Ich musste eine Entscheidung treffen. Das habe ich nun getan. Ich habe für mich entschieden, aus meiner Komfortzone herauszugehen. Aber das fällt mir extrem schwer. Hätten Sie sich einen anderen Abschied gewünscht? Natürlich ist das so. Jeder Sportler, der so lange in einem Verein ist, träumt davon, seinen Klub auf dem Platz zu verlassen. Man möchte sich auf dem Spielfeld von den Fans verabschieden. Jetzt fühlt es sich wie ein Abgang durch die Hintertür an. Aber ich weiß natürlich auch, dass ein Abschiedsspiel in der vergangenen Saison wegen des Abstiegskampfes nicht möglich gewesen ist. Mannschaftliche Ziele stehen über dem Schicksal einzelner Spieler. Das ist einfach so und dafür habe ich auch Verständnis. So konnte ich mich aber nur angemessen von meinen Mitspielern verabschieden. Wie geht es für Sie jetzt weiter? Laut Reviersport zieht es Sie zu Rot-Weiss Ahlen in die Regionalliga? Ich habe immer gesagt, dass ich mich in dieser Region sehr wohl fühle. Hier habe ich meine Familie und meine Freunde. Meine Partnerin arbeitet auch hier. Deswegen steht für mich fest: Wenn ich noch einmal weiter weg ziehe, dann nur für einen Verein in der 3. Liga. Wenn es aber auf die Regionalliga hinausläuft, dann möchte ich in der Region bleiben. Es ist noch nichts unterschrieben. Aber ganz so schlecht ist die Spur von Reviersport nicht. Welche Rolle spielt Ihr Lehramtsstudium (Anm. d. Red.: Germanistik und Sport) beim Wechsel? Das spielt da auch mit rein. Wenn ich in der Ecke bleibe, kann ich mein Masterstudium in Bielefeld etwas vorantreiben. Das hat zugegeben in den letzten zwei Jahren unter dem Profifußball gelitten. Ich bin noch eingeschrieben, habe effektiv aber nichts machen können. Ich bin auch fast fertig. Es stehen lediglich noch Praktika an. Ohne Profisport könnte ich mich künftig auch darauf konzentrieren. Daniel Mikic hat verlängert, Sie gehen jetzt. Mit ihm ist aber nur noch ein Spieler aus der Aufstiegsmannschaft geblieben. Kommt dem Sportclub in der 3. Liga die Identität abhanden? Das ist so. In ganz Deutschland bekommt der Verein jetzt mehr Beachtung. Dabei ist es schade, dass sich innerhalb von drei Jahren die Aufstiegsmannschaft komplett aufgelöst hat. Daniel ist der einzige, der geblieben ist. Alle anderen sind weg. Das ist traurig. Das gehört aber auch zum Geschäft dazu. Weil die Qualität in der 3. Liga höher ist, müssen auch entsprechend starke Spieler geholt werden. Wenn diese sich gut präsentieren und zu anderen Klubs wechseln, kommen wieder neue. Für die Zuschauer wäre es aber natürlich schöner, wenn sie mehr Identifikationsfiguren haben, die auch aus der Region stammen. Das wird der Verein sicherlich auch merken. 2012 sind Sie zum SC Verl in die Jugend gewechselt. Hatten Sie damals schon gedacht, dass Sie mal Profi werden? Ich hatte immer den Traum. Aber das zu planen, ist nicht möglich. Dazu ist der Fußball zu schnelllebig und komplex. Wenn ich alles rückblickend betrachte, lief es für mich aber immer hervorragend. Zwar gab es auch viele Momente, in denen ich gezweifelt habe. Mit meinen Eltern saß ich deswegen oft zusammen. Ich wollte in jüngeren Jahren vom Verein unbedingt eine Chance bekommen, hatte damals aber nicht die Geduld dafür. Mein Vater hat mir dann gesagt, dass ich nur auf meinen Moment warten muss. Und irgendwann kam er dann auch. Von da an war ich im Tor und es wurde über Jahre auf mich gesetzt. Darauf bin ich stolz. Gibt es einen Moment, den Sie als Ihr persönliches Highlight im Verler Trikot betrachten? Es war insgesamt eine ziemlich geile Zeit. Ich habe viele Menschen kennengelernt. Aus Mannschaftskollegen wurden Freunde. Wenn ich einzelne Zeitpunkte herausnehmen müsste, dann würde ich die DFB-Pokal-Spiele aus der Saison 2019/2020 gegen Augsburg, Kiel und Union Berlin wählen. Als Regionalligist so weit zu kommen, das passiert nicht oft. Viele von uns werden das in ihrer Karriere auch nicht noch einmal erleben. Aber auch der Aufstieg war toll oder mein erstes Drittligaspiel. Das sind Momente, die ich nie vergessen werde. Was ist 2017 mit der Wahl zum "Kacktor des Monats" im TV bei Zeiglers Wunderbarer Welt des Fußballs? Das hatte ich kurz vergessen. Ein "Kacktor" in der ersten Minute des Spiels, das zu einer 1:0-Niederlage führt – das gibt es selten. Im Nachhinein kann man darüber lachen. Mittlerweile ist es eher lustig wie es passiert ist und auch dass es passiert ist. Der Klodeckel als Auszeichnung dafür liegt auch heute noch irgendwo bei mir in der Wohnung herum. Davon kann ich meinen Enkeln noch erzählen. Sie sagten Mal, dass Sie sich auch eine Karriere als Trainer vorstellen könnten. Ist das noch aktuell? Aktuell ist das nicht. Aber gegen Ende der Karriere kann ich mir eine Trainerlaufbahn durchaus vorstellen. Vielleicht auch als spielender Co-Trainer. Meine Trainerscheine habe ich ja schon gemacht. Aber dass ich das jetzt schon akribisch planen würde, ist nicht der Fall. Ich lasse das für mich offen. Gerade als Trainer muss man natürlich auch vieles über sich ergehen lassen. Können Sie sich generell irgendwann auch eine Rückkehr zum SC Verl vorstellen? Ich bin nicht im Streit gegangen. Warum soll mein Weg also nicht irgendwann zurückführen nach Verl? Es ist auf jeden Fall der Verein, der in meinem Herzen ist. Wenn der Verein auf mich zukommen würde und die Situation für alle passt, warum sollte man nicht noch einmal zusammenfinden?

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