Verl Geld und schöne Praxis - Verl will Arzt-Nachfolge mit allen Mitteln locken

Verl-Kaunitz. Die Stadt Verl verstärkt ihre Bemühungen, für den zu Jahresbeginn in den Ruhestand getretenen Hausarzt Georg Theodor einen Nachfolger zu finden. Da es mittlerweile offenbar nicht mehr ausreicht, Mediziner mit einem finanziellen Zuschuss die Niederlassung in einem 4.000-Seelen-Ort wie Kaunitz schmackhaft zu machen, will die Kommune jetzt ein &bdquo;Rundum-sorglos-Paket" (Bürgermeister Michael Esken) schnüren. Die Stadt hat mit der Kreissparkasse Wiedenbrück vereinbart, dass sie deren ehemalige Filiale am Alten Schulhof einem potenziellen neuen Hausarzt für eine Nutzung als Praxis anbieten kann. Sie ist sogar schon in Vorleistung getreten und hat das Höferlin & Höferlin Planungsteam mit Sitz in Detmold ein Praxiskonzept entwickeln lassen. Zunächst bis Ende August will die Kreissparkasse darauf verzichten, ihre leer stehenden Räume mit einer Größe von rund 190 Quadratmetern im Erdgeschoss sowie dazugehörigen Kellerräumen selbst zu vermarkten. Bekanntlich ist das Geldinstitut in den neuen Elli-Markt neben der Ostwestfalenhalle umgezogen. Die Stadt hat damit die Möglichkeit, einem Allgemeinmediziner binnen kürzester Zeit Praxisräume zur Verfügung zu stellen. Zentral gelegen am Kreisverkehr neben der Pfarrkirche, zahlreiche Parkplätze vor der Haustür, nach den jeweiligen Bedürfnissen frei gestaltbar: &bdquo;Die Rahmenbedingungen sind ideal", sagt der Strategieberater im Gesundheitswesen, Günter Müller aus Krefeld, den die Stadt jetzt zusätzlich zu ihrer bisherigen Beraterin Claudia Beckmann vom Rubin-Netzwerk in Preußisch Oldendorf ins Boot geholt hat. Die alte Praxis ist nicht barrierefrei Seit einem Jahr bemüht sich die Kommune um die Nachbesetzung der Hausarztpraxis. Deren Räume über der Fürst-Wenzel-Apotheke an der Paderborner Straße erfüllen nicht mehr die heutigen Ansprüche: Sie sind nicht barrierefrei. Mit zahlreichen Bewerbern haben Esken und der Erste Beigeordneter Heribert Schönauer stundenlange Gespräche geführt, die Stadt hat Anzeigen geschaltet und sich um Kontakte über die Kassenärztliche Vereinigung bemüht. Der Rat hat im März sogar die Niederlassungsprämie der Stadt angehoben. Unter der Voraussetzung, dass alle anderen Fördermöglichkeiten ausgereizt wurden, können ansiedlungswillige Ärzte mit einer städtischen Gesamtförderung in Höhe von bis zu 100.000 Euro rechnen. In der Regel scheiterten die Verhandlungen aber nicht am Geld, sondern an den fehlenden Praxisräumen. Alternative zum Neubau der Volksbank Um diesem Problem abzuhelfen, will die Stadt jetzt zweigleisig verfahren. Zum einen hat sie sich die Möglichkeit gesichert, in dem von der Volksbank Delbrück-Hövelhof geplanten Wohn- und Geschäftshaus an der Holter Straße eine Arztpraxis einzurichten. Doch noch sind nicht einmal die Grundstücksgeschäfte abgeschlossen und an den Einzug eines Arztes ist vor Ende 2023 kaum zu denken. Das ließe sich in der leer stehenden früheren Sparkassen-Filiale hingegen relativ schnell realisieren. Michael Höferlins Konzept für die neue Alternative ist die Basis für ein sukzessiv wachsendes Hausarztzentrum. Der Grundriss berücksichtigt die Anforderung, die zu erfüllen sind, wenn mehrere Hausärztinnen oder Hausärzte ihren Raum für Empfangs-, Warte-, Besprechungs- und Behandlungsbereiche beanspruchen. Denkbar wäre auch die Kooperation eines Arztes mit einem anderen Therapeuten, beispielsweise aus den Bereichen Ernährungsberatung, Fußpflege oder Physiotherapie. Denn das Modell des allein wirkenden Landarztes sei passé, sagt Günter Müller. Gefragt sei vielmehr maximale Flexibilität, damit der Standort für einen oder mehrere in Voll- oder Teilzeit arbeitende Ärzte attraktiv ist und eine Zukunftsperspektive bietet. Niederlassungswillige Mediziner können diesen Grundriss-Entwurf für die zukünftige Hausarzt-Versorgung in Kaunitz ab sofort im Rathaus einsehen. "Wir müssen uns um den Wohlfühlfaktor kümmern" Hausärzte werden inzwischen aller Orten gesucht, und Verl steht in Konkurrenz zu den umliegenden Zentren wie Gütersloh, Bielefeld, Münster oder Dortmund. Hoffnung setzt die Stadt deshalb jetzt auch auf Rückkehrer. Wer beispielsweise in Verl seinen Schulabschluss gemacht hat, später Medizin studierte und nun &bdquo;nach Hause" kommen möchte, soll ideale Bedingungen vorfinden. Esken: &bdquo;Wir müssen uns um den Wohlfühlfaktor kümmern." Strategieberater Müller will die aktive Suche ausweiten und zum Beispiel mit den umliegenden Krankenhäusern sprechen, die Ärzte ausbilden. Aber auch mit den Medizinern vor Ort. Denn denkbar sei, dass ein in Verl bereits ansässiger Arzt jemanden anstellen möchte, die jetzigen Praxisräume für den Kollegen aber zu klein sind. Auf Anzeigen im Ärzteblatt und das persönliche Netzwerk setzt Müller ebenfalls, wenn er sagt: &bdquo;Wir müssen an allen Strippen ziehen, die möglich sind."

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