Seltenes Post-Vac-Syndrom Mann aus Kreis Gütersloh arbeitsunfähig: "Corona-Impfung hat mich krank gemacht"

Steinhagen. Thomas Kuhn legt die Hände gefaltet auf den Tisch und macht sich gerade: "Ich war früher ein richtiger Anpacker", sagt der 56-Jährige, "ich habe gerne gearbeitet und hatte Pläne, mich selbständig zu machen." Dann sackt der Steinhagener zusammen: "Aber jetzt geht gar nichts mehr. Ich fühle mich unwohl und schwach. Selbst Treppensteigen fällt mir schwer. Inzwischen vermeide ich es sogar, mich ans Steuer zu setzen." Es gibt Menschen, die nach einer Corona-Schutzimpfung schwere Nebenwirkungen haben. Die Medizin spricht vom Post-Vac-Syndrom. Der Begriff wird im Zusammenhang mit lang andauernden, teils bleibenden Beschwerden nach einer Covid-Impfung verwendet. Die Ursachen sind noch nicht klar. Es wird vermutet, dass es wie bei Long Covid eine Überreaktion des Immunsystems sein könnte. Thomas Kuhn will der noch immer nicht anerkannten Krankheit ein Gesicht geben. Er sagt: "Ich habe eindeutig einen Impfschaden erlitten." Der Steinhagener, der in Teilzeit in einem zu den Von-Bodelschwinghschen-Anstalten gehörenden Altenheim als Hausmeister tätig ist, hat zunächst ein ungutes Gefühl, als der neue Impfstoff gegen Covid-19 auf den Markt kommt. Das gibt er unumwunden zu. Ein Impfgegner sei er aber keineswegs. "Ich hatte Bedenken, aber alle haben auf mich eingeredet, ich solle mich impfen lassen. 'Sonst schleppst du uns noch Corona ein', haben sie gesagt." Die erste Injektion des neuartigen Vakzins im Impfzentrum an der Marienfelder Straße in Gütersloh verträgt er gut. Konzentrationsschwierigkeiten und Leistungsabfall Die Leidensgeschichte des Steinhageners beginnt mit der zweiten Impfung am 7. März 2021. Eine halbe Stunde nach der Impfung geht es los. "Ich bekam plötzlich Magen-Darm-Beschwerden", berichtet Thomas Kuhn von den ersten Symptomen. Zu diesem Zeitpunkt habe er noch darauf gesetzt, dass die Schmerzen und das Unwohlsein schon wieder verschwinden. Doch in den nächsten Tagen mehren sich die Beschwerden. "Das kam schleichend. Ich hatte plötzlich Konzentrationsschwierigkeiten und bemerkte einen zunehmenden Leistungsabfall", berichtet der Steinhagener. "Schließlich kam auch noch ein Taubheitsgefühl am Hinterkopf dazu." Thomas Kuhn begibt sich zu seiner Hausärztin, nennt ihr die Beschwerden und schildert seinen Verdacht, dass die Symptome mit der Impfung zusammenhängen. "Die wollte mir helfen, konnte es aber nicht", erzählt der 56-Jährige. Dass damit eine wahre Odyssee von Arzt zu Arzt beginnt, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ärzte entdecken Tumor in der Speiseröhre Weil die Magen-Darm-Beschwerden anhalten, unterzieht sich Thomas Kuhn im Oktober 2021 einer Magenspiegelung. "Dabei haben die Ärzte einen Tumor in der Speiseröhre entdeckt - einen gutartigen Tumor", berichtet der Steinhagener. Er hofft, dass damit die Ursache seiner Beschwerden gefunden ist. Der Tumor wird entfernt, doch die Beschwerden bleiben. "Meine Lebensfreude und meine Lebensenergie haben immer weiter abgenommen", sagt Thomas Kuhn. Zu seinen Krankheitssymptomen kommt ein immer stärker werdendes Gefühl der Hilflosigkeit und manchmal auch des nicht Ernst-genommen-Werdens hinzu. "Wenn ich mit einigen Ärzten über den Zusammenhang mit der Impfung gesprochen habe, wurde da gar nicht drauf eingegangen." Rückblickend kritisiert er auch die Situation im Impfzentrum. "Das ging alles so schnell. Ich bin auch von niemandem darüber aufgeklärt worden, dass mir so etwas passieren kann." Krankenkasse zahlt Blutwäsche nicht Inzwischen habe ein Mediziner einen konkreten Zusammenhang mit der Impfung und dem Post-Covid-Syndrom ins Spiel gebracht, so Kuhn. Außerdem seien Autoantikörper und Entzündungsstoffe in seinem Blut festgestellt worden. Er setzt seine Hoffnungen jetzt auf eine Praxis in Hamburg. Dort habe man ihm eine Blutwäsche empfohlen, eine Methode, die auch bei Patienten mit dem Post-Covid-Syndrom angewendet wird. "Diese Behandlung kostet bis zu 8.000 Euro. Die Krankenkasse will die Kosten aber nicht übernehmen. Eigentlich habe ich das Geld gar nicht. Aber ich möchte doch wieder auf die Beine kommen", erzählt Thomas Kuhn. Seit 20 Monaten kämpft der Steinhagener mittlerweile gegen die Schmerzen und für Verständnis. Die Datenlage zum Post-Vac-Syndrom ist dünn. Das Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland für die Sicherheit von Impfstoffen zuständig ist, hat bis zum 30. Juni dieses Jahres 323.684 Einzelfallmeldungen über den Verdacht einer Nebenwirkung oder Impfkomplikation erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt seien 182.717.880 Impfungen zum Schutz vor Covid-19 durchgeführt worden. Lediglich 472 Fälle nennt das Institut zum Stichtag 6. Juli dieses Jahres in Zusammenhang mit dem Post-Vac-Syndrom.

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