Rheda-Wiedenbrück Das hat die jetzt 90-jährige Sissi Fürstin zu Bentheim-Tecklenburg noch vor

Rheda-Wiedenbrück. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet hat die langjährige Herrin von Schloß Rheda, Sissi Fürstin zu Bentheim-Tecklenburg, am vergangenen Montag ihr 90. Lebensjahr vollendet. &bdquo;Ganz klein“ sagt die Jubilarin, habe sie ihren Geburtstag gefeiert. Nur der engste Familienkreis, das Pastorenpaar Sarah und Arthur Töws, der Altstädter Johannes Blomberg und einige wenige Getreue hätten ihr persönlich gratuliert. Wegen der Corona-Pandemie und aufgrund der aktuellen Vorgänge in Europa, von denen sie sich sehr betroffen zeigte, sei ihr zum jetzigen Zeitpunkt nicht nach einer größeren Feier zumute. Diese soll gegebenenfalls im Sommer nachgeholt werden. &bdquo;Mir geht es gut“, antwortet Sissi auf die Frage nach ihrer momentanen Verfassung. Und tatsächlich macht die betagte Dame auf den Besucher einen körperlich fitten und geistig überaus regen Eindruck. Das Zuhause der Fürstin ist seit dem Tod von Ehemann Moritz Kasimir die ehemalige Schlossküche in Rheda. Hier lebt die vielseitig interessierte und engagierte Sissi zusammen mit ihren beiden Rauhaardackeln &bdquo;Lilli“ und &bdquo;Fratzi“ weitgehend selbstständig, nur von einer Haushälterin versorgt und von der Caritas täglich pflegerisch betreut. &bdquo;Ein Monsterwerk“, sagt Sissi über das Buch Der Tag beginnt für die Fürstin früh morgens um 7 Uhr mit dem Weckerklingeln. Nach dem Frühstück und intensiver Lektüre der Tagespresse geht sie mit ihren Hunden im Schlosspark spazieren. Viel von ihrer freien Zeit verbringt sie danach mit der Pflege ihrer internationalen Korrespondenz und dem Bücherstudium. Aktuell liegt &bdquo;Die Zitadelle“ von Antoine des Saint-Exupéry auf dem Tisch. &bdquo;Ein Monsterwerk“, sagt Sissi über das Buch, das die fließend Französisch sprechende Adelige &bdquo;selbstverständlich“ in Originalsprache liest. Wer wie die Mutter von vier Söhnen und vier Enkelkindern auf ein langes Leben zurückblicken kann, wird gerne nach schönen Erinnerungen und Erlebnissen gefragt. Die Einladung dazu nimmt zu Bentheim-Tecklenburg dankbar an. Und dann fängt sie an zu erzählen: Von ihrer langjährigen und leider zu früh verstorbenen Freundin Beatrix Gräfin von Schönburg, der Mutter von Fürstin Gloria zu Thurn und Taxis, auf deren Hochzeit im Schloß Crassenstein in Wadersloh sich die Beziehung zu ihrem späteren Ehemann Moritz Kasimir anbahnte. Davon, wie das junge Paar Haus Bosfeld als seine Wohnstätte in ein &bdquo;schönes Kleinod“ verwandelte und davon, wie sie das heruntergekommene Schloß Rheda gemeinsam wieder zu einem bewohnbaren Schloss machten. Engagement in den Bereichen Umweltschutz und Denkmalschutz&bdquo;Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Wir haben zusammen viel Schönes erlebt“, sagt die Fürstin, und dabei denkt sie an die vielen interessanten Begegnungen und Veranstaltungen rund um ihre jeweilige Wohnstätte – an die &bdquo;Musikfeste mit erstklassigen Barockmusikern“ im Schloss und in der Orangerie, an die Kunstausstellungen in ihrer Herzebrocker Galerie oder ihre vielfältigen Kontakte zu Künstlern aus der ehemaligen DDR. Mit Genugtuung darf die Fürstin wohl auch auf ihr gesellschaftliches Wirken zurückblicken. Insbesondere in den Bereichen Umweltschutz und Denkmalschutz hat sie sich Zeit ihres Lebens stark engagiert. Sissi ist Gründungsmitglied der Gemeinschaft für Natur und Umweltschutz (GNU) im Kreis Gütersloh, die vor fast einem halben Jahrhundert in der Fischerhütte an der Vorburg vom Schloss aus der Taufe gehoben wurde. Ein großes Thema war einst für sie und ihre Mitstreiterinnen die Flurbereinigung im Kreis Gütersloh.&bdquo;Das wäre sonst im Freilichtmuseum Detmold gelandet“ Als es um die Begradigung des Clarholzer Axtbaches ging, gelang es ihr als ehemaliger Mitarbeiterin der französischen Nachrichtenagentur AFP sogar, die angesehene Frankfurter Allgemeine Zeitung für das Thema zu mobilisieren. Stolz zeigt sie eine Kopie des groß aufgemachten FAZ-Artikels mit der Überschrift &bdquo;Bachlandschaft in Gefahr/Verarmung der Landschaft durch Flurbereinigung“. Klar Stellung bezog die Fürstin in jüngster Zeit auch gegen den Bau der B 64 n. Was sie bei ihrem umweltpolitischen Engagement besonders freut: &bdquo;Dass hier Menschen aus verschiedenen politischen Lagern für dasselbe Anliegen kämpfen.“ Eine Aufzählung der Verdienste von Sissi bliebe lückenhaft ohne ihren Einsatz für den Denkmalschutz. Die von ihr einst mitgegründete &bdquo;Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ trug ihr und dem Tagungsort zu Ehren zuvor sogar den Namen &bdquo;Bosfelder Kreis“. Eng mit dem Namen der Fürstin verbunden ist auch die Rettung von Haus Aussel in Batenhorst. &bdquo;Das wäre sonst im Freilichtmuseum Detmold gelandet“, erinnert sie sich. Und auch gegen den Kahlschlag der Rhedaer Altstadt und eine Bebauung der Gärten hinter dem Witwen-Palais am Steinweg zog sie einst gemeinsam mit anderen Betroffenen erfolgreich zu Felde."Berlin und Weimar sehen" Wer Hochbetagte nach den Wünschen für ihre Zukunft befragt, erhält als Erstes fast immer &bdquo;Gesundheit“ zur Antwort. Nicht so bei Sissi. Die Fürstin wünscht sich, so weitermachen zu können wie bisher. Sie sagt: &bdquo;Ich möchte mich mit Menschen austauschen, die die gleichen künstlerischen und literarischen Interessen haben wie ich. Und ich möchte weiter Dinge in Bewegung bringen.“ Auch sie selbst will in Bewegung bleiben. Gefragt nach aktuellen Reiseplänen schießt es wie aus der Pistole aus ihr hervor: &bdquo;Berlin und Weimar sehen“, sagt sie, &bdquo;und ja, schreiben Sie, auch Potsdam und seine Museen. Da ist alles so schön ebenerdig.“

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