Harsewinkel Hausarzt im Kreis Gütersloh hört auf - Nachfolger frühzeitig gefunden

Marienfeld. Den Generationswechsel im Ärzteteam bekommt das Gesundheitszentrum Harsewinkel reibungslos hin. Zum 1. Juli scheidet Allgemeinmediziner Martin Busse aus der hausärztlichen Versorgung aus. Seine Nachfolger Michael Christoffer und Eveline George sind längst in Marienfeld eingearbeitet. Allgemeinmediziner Heinz-Josef Sökeland und Thomas Waltermann, Facharzt unter anderem für Innere und Sportmedizin, kündigen zudem an, dass sie als Investoren ein neues Ärztehaus in Marienfeld bauen und den Standort von der Von-Galen-Straße 3 mitten in den Ort verlegen. Das Grundstück liegt auf der &bdquo;Postwiese“ an der Kreuzung Bielefelder Straße/Adenauerstraße vis-a-vis von Waldschlößchen und Volksbank. Dieses haben die beiden Betreiber des als Gemeinschaftspraxis geführten Gesundheitszentrums mit derzeit noch sechs Standorten bereits im Jahr 2019 gekauft. Mit dem Bau wird am 7. Juni begonnen, der Umzug in die nach den neuesten Erkenntnissen konzipierten Praxis soll zum 1. Oktober 2023 erfolgen. Auch für Patienten aus Gütersloh gut erreichbar &bdquo;Ein idealer Standort“, sagt Thomas Waltermann, der scherzhaft auch den &bdquo;bestechenden“ Imbiss auf der anderen Straßenseite und ganz ernsthaft den bis 2025 realisierten TWE-Bahnanschluss samt Mobilitätsstation zu den Pluspunkten zählt. &bdquo;Wir sind dann auch für Patienten etwa aus Gütersloh gut erreichbar“, ergänzt Sökeland und macht so auf die schwierige allgemeinmedizinische Versorgung der Bevölkerung im Kreis Gütersloh aufmerksam. Obwohl der Kreis prosperiere und viele Vorteile biete, sei die Lage gerade bei den Hausärzten alarmierend. Bis auf Harsewinkel und Borgholzhausen kämpfen alle Kommunen damit, Nachfolger für ausscheidende Kollegen zu finden. &bdquo;Der Altersschnitt liegt über 60, einige machen aus Pflichterfüllung noch bis 80 weiter“, beschreibt Sökeland, der sich politisch im Kreistag nicht nur bei Gesundheitsthemen einbringt, die verheerende Situation. Heute mehr Studienabbrecher Dieser habe sein Team mit Vorausschau, aber auch durch Glück und Zufall frühzeitig vorgebeugt. Mit dem waschechten Marienfelder Michael Christoffer (39), der seit 2018 dabei ist, und der 41-jährigen, im Ort mit der Familie sesshaften Eveline George hat das Gesundheitszentrum Nachwuchs mit langfristiger Perspektive an Bord. &bdquo;14 unserer 20 Ärztinnen und Ärzte sind unter 40 Jahre alt“, betont Sökeland. Allein sein Team stelle bei den 32- bis 50-Jährigen wohl 90 Prozent aller Hausärzte im gesamten Kreis Gütersloh, rechnet er hoch. Junge Ärzte von den Universitäten zu gewinnen, gestalte sich im ländlichen Raum als besonders schwierig. &bdquo;Für junge Leute aus Münster ist die Anfahrt zu langwierig, die medizinische Fakultät in Bielefeld ist zehn Jahre zu spät gekommen“, kritisiert der Mediziner fehlenden Weitblick. Zudem gebe es heute mehr Studienabbrecher. 75 Prozent der Absolventen seien Frauen, die zwischen 30 und 45 Jahren neben der Karriere eben auch wegen der Familiengründung Auszeiten im Beruf einplanen. Ein Lichtblick seien Quereinsteiger, die sich aus Krankenhausstellen rekrutieren. &bdquo;Da haben die Kassenärztlichen Vereinigungen auf den Ärztemangel reagiert“, sagt Sökeland und schießt sich im nächsten Satz auf die überbürokratisierten Abläufe im Gesundheitswesen ein. Alleine um die Übergabe von Martin Busse auf seine Nachfolger zu stemmen, seien zwei Arbeitskräfte monatelang abgestellt. Standort im Kreis Warendorf ab August dicht Insgesamt beschäftigen die Partner Sökeland/Waltermann vom Arzt bis zur Reinigungskraft 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Den kleinen Standort Milte (Kreis Warendorf), an den sich Patienten noch sieben Stunden pro Woche wenden konnten, machen sie zum 1. August dicht, die dort eingesetzte Fachkraft geht dann nach Greffen. &bdquo;Unser Angebot können wir sowieso nur als großes Team leisten“, bestätigt Martin Busse, der mit 61 Jahren zum 1. September seine neue Aufgabe als ärztlicher Gutachter beim Medizinischen Dienst antritt Busse fing 1994 als Hausarzt in Harsewinkel an, übernahm später selbst eine Praxis und ist seit 2004 im Gesundheitszentrum tätig. "Eine Einzelpraxis hätte keine Chans mehr" Dank der Flexibilität des Ärzteteams, aber auch des gesamten medizinischen Fachpersonals lassen sich Ausfallzeiten etwa durch Erziehungszeiten, aber auch Belastungen wie Corona überhaupt nur kompensieren. Auch die Notsprechzeiten am Mittwoch und Samstag wären sonst nicht denkbar. &bdquo;Eine Einzelpraxis hätte keine Chance mehr“, sagt Busse. Mit 16.000 Corona-Impfungen hat das Gesundheitszentrum einen großen Anteil geleistet. Die Vorzüge des neuen Hauses wird Martin Busse nicht mehr aktiv erleben. Ein Physiotherapiezentrum liegt gleich in der Nachbarschaft, Ergotherapie kommt als zusätzliche Leistung in der Praxis hinzu. Zudem werden vier Mietwohnungen in dem mit einem Staffelgeschoss versehenen Neubau entstehen. Über die Investitionssumme wollen Sökeland und Waltermann nicht sprechen. Nachfolgepläne für die Praxis von-Galen-Straße gibt es noch nicht.

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