Ausländerbehörde in der Kritik Kreis Gütersloh ignoriert Gerichtsbeschluss und versucht Mann abzuschieben

Kreis Gütersloh. Politik und Flüchtlingsvertreter erheben schwere Vorwürfe gegen den Kreis Gütersloh. Es geht hierbei um nicht weniger, als dass die Behörde bewusst gegen einen Gerichtsbeschluss gehandelt haben soll. Im vorliegenden Fall hatte das Verwaltungsgericht Minden am 8. März per Beschluss die Abschiebung eines kurdischen Mannes in die Türkei gestoppt. In dem Gerichtbeschluss heißt es: "Bis über den Asylfolgeantrag des Mannes entschieden ist, ist seitens der zuständigen Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh von &bdquo;aufenthaltsbeendenden Maßnahmen" abzusehen." "Ich habe dem Kreis Gütersloh diesen Beschluss am gleichen Tag per Mail um 16.01 Uhr zuschickt", sagt Dündar Kelloglu, der Anwalt des Mannes. Sein Mandant, ein 42-jährige Kurde, lebt in einer kleinen Wohnung in Rietberg, war aber auf Antrag des Kreises Gütersloh am 28. Februar im Abschiebegefängnis Büren in Abschiebehaft genommen worden. Anwalt muss trotz Gerichtsbeschlusses zweiten Eilantrag stellen Trotz des Gerichtsbeschlusses vom 8. März hatte die Ausländerbehörde des Kreises die Abschiebung nicht ausgesetzt. Der Inhaftierte befand sich einen Tag später bereits auf dem Weg zum Flughafen, als schließlich nach einem erneuten Eilantrag von Dündar Kelloglu die Abschiebung in letzter Sekunde gestoppt wurde. "Ich bin seit 1997 bundesweit als Anwalt tätig. In der gesamten Zeit habe ich es noch nicht erlebt, dass eine Behörde einen Gerichtsbeschluss ignoriert hat", sagt der 54-Jährige. Dass die Abschiebung gestoppt werden konnte, sei lediglich dem Umstand geschuldet, dass Beamte des Bürener Gefängnisses dem Häftling gestattet hätten, seine Verwandtschaft telefonisch über die Abschiebung zu informieren. Die hätten daraufhin entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet und unter anderem den Anwalt informiert. "Jemanden in Abschiebehaft zu belassen, obwohl ein Gerichtsbeschluss vorliegt, ist nichts weiteres als Freiheitsberaubung", legt Kelloglu nach und betont, dabei sei ganz klar der Kreis Gütersloh Herr des Verfahrens. Der hätte, so der Anwalt, nach Kenntnis des Urteils dafür sorgen müssen, dass sein Mandant freigelassen werde. Kreis Gütersloh sieht Verantwortung beim BAMF Der Kreis Gütersloh hat hierzu jedoch eine völlig andere Auffassung. In dem Verfahren sei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) der Klagegegner und somit liege die ausländerrechtliche Zuständigkeit in dem Eilverfahren allein beim BAMF, heißt es in der Stellungnahme. Dündar Kelloglu entgegnet dem: "Ein Gericht ist hier im Vergleich zu einer Behörde wie dem BAMF die höhere Instanz. Die Exekutive muss dem Gericht folgen." Der Kreis indes erklärt: "So lange uns das BAMF nicht mitteilt, dass die Maßnahmen abzubrechen ist, so lange müssen wir unterstellen, dass die Maßnahme rechtmäßig ist. Die Ausländerbehörde ist lediglich ausführende Behörde, quasi der Erfüllungsgehilfe des Bundes." Der Kreis Gütersloh betont dabei, erst spät informiert worden zu sein. "Das BAMF hat der Ausländerbehörde am 9. März gegen 12.30 Uhr mitgeteilt, dass die Maßnahme abzubrechen sei. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Transport bereits auf dem Weg in Richtung Flughafen", so stellt die Kreisbehörde die Zuständigkeiten und den zeitlichen Ablauf in diesem Vorgang dar. Das BAMF wiederum widerspricht der Darstellung, erst am 9. März gegen 12.30 Uhr informiert zu haben. "Die Ausländerbehörde im Kreis Gütersloh wurde durch das Bundesamt am frühen Morgen des 9. März vorab telefonisch über den Eingang des positiven Eilbeschlusses und dessen Inhalt informiert. Um 9.43 Uhr erfolgte eine schriftliche Übermittlung. Um 10.55 wurde die Ausländerbehörde im Kreis Gütersloh zusätzlich in der hierfür vorgesehenen Form durch das Bundesamt darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für ein weiteres Verfahren (weiterhin) geprüft würden, womit das absolute Abschiebungshindernis weiter Bestand hatte", erklärte die BAMF-Sprecherin Saskia Geltenpoth. Abschiebung hätte von vorneherein nicht vollzogen werden dürfen "Weiterhin Bestand" bedeutet in diesem Fall nicht weniger, als dass es schon vor dem am 8. März ergangenen Eilantrag zu keiner Abschiebung hätte kommen dürfen. "Grundsätzlich informiert das Bundesamt die zuständige Ausländerbehörde, wenn in einem Verfahren eine Folgeantragstellung erfolgt. So auch in diesem Fall. Bei einem vorliegenden Folgeantrag ist die Ausländerbehörde bis zu einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Verfahrens vorliegen, an einer Abschiebung des Ausländers gehindert. Daher hätte - ungeachtet des später eingegangenen positiven Eilbeschlusses - eine Abschiebung durch die Ausländerbehörde im Kreis Gütersloh von vornherein nicht hätte vollzogen werden dürfen", heißt es in der Stellungnahme des BAMF. Der Versmolder SPD-Landtagsabgeordneten Thorsten Klute sieht den Kreis Gütersloh durch diese Aussage schwer belastet. "Die Rechtsstaatlichkeit ist eines der höchsten Güter unseres Grundgesetzes. Behörden haben gerichtliche Entscheidungen umzusetzen, egal, ob der Behördenspitze die Entscheidungen gefallen", sagt er und fügt hinzu: "Der Kreis Gütersloh mit seiner Ausländerbehörde ist hier Wiederholungstäter. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit der Ausländerbehörde schwierige und zweifelhafte Erfahrungen gemacht habe." In Richtung des Behördenchefs fordert er: "Landrat Sven-Georg Adenauer ist gut beraten, schnell für Aufklärung zu sorgen." Der Vorgang wird auch ein landespolitisches Nachspiel haben. Thorsten Klute hat gemeinsam mit seinem Dortmunder Kollegen Volkan Baran eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Er möchte wissen, wie es die Landesregierung bewertet, dass der Kreis Gütersloh trotz Gerichtsbeschlusses versucht hat, den Asylbewerber abzuschieben. Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag Marion Weike erklärte, um Licht in den Vorgang zu bringen, habe die Fraktion Akteneinsicht beantragt.

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