Kirchen in der Energiekrise Zieht euch warm an! Mehrere Kirchen im Kreis Gütersloh senken Temperatur

Halle. Plakative Überschriften zu diesem Thema sind schnell gefunden: &bdquo;Frieren am Altar" oder &bdquo;Bibbern beim Beten". So oder so ähnlich ist fix beschrieben, wie sich die Situation der Kirchen im Winter und besonders der Kirchenbesucher an den Adventsgottesdiensten darstellen könnte. Doch so einfach ist es nicht, sagt Thomas Michael. Der Presbyter der evangelischen Kirche in Halle betont: &bdquo;Der Teufel steckt wie so oft im Detail." Thomas Michael ist Fachmann und neben seiner Tätigkeit bei der Kirche auch noch im Bauausschuss der Stadt Halle aktiv. Er erläutert im Gespräch ausführlich, wie die evangelische Kirche Halle dem nahenden Winter und der Energiekrise begegnen will. Bereits seit vielen Wochen beschäftigt sich der Gemeindevorstand mit dem Thema. &bdquo;Wir haben sehr viele und sehr unterschiedliche Räumlichkeiten zu bedenken", betont Michael. Mit einem Kindergarten müsse man anders verfahren als mit einem Büro im Gemeindehaus oder der St. Johanniskirche. &bdquo;Wir besprechen jede einzelne Situation mit den Betroffenen und entscheiden dann über die jeweils richtige Maßnahme", so der Presbyter. 30.000 Euro für eine Orgelsanierung Tendenziell habe die Kirchengemeinde in Halle aber eine klare Leitlinie. Michael: &bdquo;In den Gemeindebüros und Gemeindehäusern in Künsebeck und Kölkebeck werden wir die Temperatur auf 19 oder 20 Grad Celsius reduzieren. In wenig genutzten Räumen und Fluren sollen die Heizungen komplett ausbleiben. Bei den Kindergärten suchen wir noch nach einer Lösung." Die beiden Kirchen in Halle und Hörste hingegen seien aufgrund ihres Baukörpers separat zu betrachten. &bdquo;In einer Kirche kann man nicht einfach die Heizung ausstellen. Wir müssen hier besonders auf die Luftfeuchtigkeit und möglichen Schimmel achten", sagt Michael: &bdquo;Denn die Orgel, Gemälde sowie alle Gegenstände aus Holz sind extrem empfindlich." Was passiert, wenn ein riesiges Gebäude im Winter nicht beheizt wird, musste der Vorstand der evangelischen Kirchengemeinde in Werther 2008 schmerzlich erfahren: Die Orgel der St. Jacobikirche war massiv von Schimmelpilzen befallen, an manchen Stellen hatten sich richtige Teppiche gebildet, so schlimm, dass die Kirchengemeinde am Ende 30.000 Euro für eine Orgelsanierung in die Hand nehmen musste. &bdquo;Um eine Orgel zu schonen, sollte die relative Feuchte im Raum nur langsam verändert werden", rät Milena Hartmann, Umweltbeauftragte von &bdquo;oeku – Kirchen für die Umwelt". Daher dürfe die Temperaturänderung im Kirchenraum 1,0 bis 1,5 Grad pro Stunde nicht überschreiten. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte während der Heizperiode zwischen 45 und 70 Prozent betragen. Auch dauerhaftes Überheizen der Kirche könne wegen zu geringer Luftfeuchtigkeit zu Schäden an Orgel und an Kunstwerken führen. 50 Prozent Energie-Einsparungen Aus diesem Grund geht die Gemeinde in Halle in einen behutsamen Absenkungsbetrieb. &bdquo;Wir fahren jetzt Woche für Woche die Innentemperatur in unseren Kirchen um ein Grad Celsius herunter. Dann sind wir im November – je nach Witterung – wahrscheinlich bei acht Grad angelangt", informiert Presbyter Michael. Durch diese Absenkung würde man beinahe 50 Prozent der winterlichen Energiekosten in beiden Kirchen einsparen. Begleitet wird dieser Prozess von einem Datenplotter, der neben der Innentemperatur auch die Außentemperatur und vor allen Dingen die Luftfeuchtigkeit misst. &bdquo;Sobald die Luftfeuchtigkeit über 70 Prozent steigt, meldet sich eine App auf einem Handy. Dann muss stoßweise gelüftet und eventuell zugeheizt werden", erläutert Thomas Michael das Prozedere. Ferner überlegt die Haller Gemeinde, ob es sinnvoll ist, wie zu Corona-Zeiten Gottesdienste in Gemeindehäuser zu verlegen. Das klappt in Halle per se nicht, da an den Sonntagen sowohl in der St. Johanniskirche als auch im Martin-Luther-Haus Veranstaltungen fast parallel angesetzt sind. In Hörste wäre dies eine Option. &bdquo;Wenn beispielsweise nur wenige Besucher zum Gottesdienst kommen, könnte man ins Gemeindehaus umziehen", so Michael. Für den Gottesdienst selber haben die Superintendenten der Kirchenkreise Bielefeld, Gütersloh, Paderborn und auch Halle eine Handlungsempfehlung entworfen – mit der Überschrift: &bdquo;Zieht Euch warm an ...". Darin wird unter anderem wärmere Kleidung für die Gottesdienste (&bdquo;dicke Socken") empfohlen. Darüber hinaus überlegt die Gemeinde in Halle, &bdquo;ob wir Decken verteilen oder sogar beheizbare Sitzkissen" (Michael). Eine Entscheidung dazu soll in den nächsten Wochen folgen. Kirche bietet Hilfe im Netz Die Öffentlichkeitsbeauftragte des Kirchenkreises Halle, Kerstin Panhorst, lenkt bei diesem Thema den Fokus aber noch auf etwas anderes: &bdquo;Für uns als Kirche ist Energiesparen ein Spagat, wir können nicht nur die Energiekosten als solche betrachten, wir müssen auch den sozialen Aspekt mit einbeziehen und entscheiden, ob wir nicht gerade für Menschen, die unter der Energiekrise leiden werden, in diesem Winter einen warmen und sicheren Zufluchtsort bieten wollen. Die Energiepreise steigen – und das bringt viele Menschen in eine soziale Notlage. Gerade gefährdete Gruppen und Menschen in prekären Lebenssituationen sind von Energiearmut sowie Arbeits- und Wohnungslosigkeit bedroht. Die Diakonie und die Evangelische Kirche möchten ihre Türen und Herzen öffnen: Mit Angeboten vor Ort und Informationen: Welche staatlichen Ansprüche habe ich bei hohen Heizkosten? Kann ich mich an eine Sozialberatung der Diakonie wenden? Was können wir als Kirche und Diakonie vor Ort tun?" Unter dem Hashtag #wärmewinter gibt es dazu weitere Informationen im Internet.

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