Gütersloh. Gut zwei Jahre nach Bekanntwerden der Abzugspläne der britischen Streitkräfte aus Deutschland liegt ein erstes Konzept für die Anschlussnutzung des Flughafengeländes an der Marienfelder Straße vor. Nach NW-Informationen soll gemäß der Devise "Grün bleibt Grün" der überwiegende Teil der 340 Hektar großen Fläche als Biotop genutzt werden - rund 200 Hektar. Für gewerbliche Zwecke könnten etwa 100 Hektar zur Verfügung stehen, für Freizeitmöglichkeiten und Naherholung 40 Hektar.
Diese grobe Aufteilung ist Bestandteil eines Gutachtens der NRW Urban, einer 100-prozentigen Beteiligungsgesellschaft des Landes und seit 2009 Nachfolgerin der Landesentwicklungsgesellschaft LEG. Der für ganz Nordrhein-Westfalen zuständige Konversions-Koordinator Meinolf Bertelt-Glöß (60) sagte, die mit der Stadt und der Bezirksregierung abgestimmte Expertise liege dem Stadtentwicklungsministerium zur Genehmigung vor. Nach Auskunft von Güterslohs Konversionsbeauftragten, Planungsamtschef Michael Zirbel, soll sie im März im Hauptausschuss präsentiert werden.
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Unterstützung bei Konversion
NRW Urban unterstützt die von Truppenabbau und Konversion militärischer Liegenschaften betroffenen Städte und Gemeinden bei der Suche nach tragfähigen Nachnutzungen. Die LEG-Nachfolgegesellschaft begleitet den Prozess in Gütersloh bereits seit zwei Jahren. In das jetzt vorliegende Gutachten eingeflossen sind auch die Ergebnisse der vier Bürgerworkshops zur bevorstehenden Umnutzung des Flughafenareals.
In dem Gutachten wird davon ausgegangen, dass der Airport nicht wieder für fliegerische Zwecke reaktiviert wird. Nachdem bereits die Briten abgewunken hatten, gehen die zuständigen Stellen davon aus, dass auch der Bund den Flughafenstatus nicht aufrecht erhalten will. Eine konkrete Anfrage sei jetzt an das Verteidigungsministerium gerichtet worden, so Zirbel.
Fällt - wie auch vom Stadtrat befürwortet - der Flughafen-Status, gilt auch die bisherige Bauhöhenbeschränkung nicht mehr. Das ist die Bedingung für den Aufbau eines schon mehrfach ins Gespräch gebrachten Windparks. Wie Bertelt-Glöß sagte, könnten sechs bis sieben Großanlagen mit einer Nabenhöhe von rund 140 Metern entlang der Rollbahn sowie der daneben verlaufenden Taxispuren entstehen.
Freilich müssten noch weiteren Untersuchungen hinsichtlich des Artenschutzes erfolgen. Gefährdungen für hochfliegende Fledermausarten sowie jagende Falken sollten ausgeschlossen werden. Daneben könnten Sandgrillen durch Eingriffe in den Boden bedroht sein. NRW Urban wartet derzeit auf die Einschätzung des beauftragten Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV).
Im Zuge einer Bestandsaufnahme hat NRW Urban die vorhandene Bausubstanz nach einem Ampelsystem eingestuft. Die meisten Gebäude, viele davon aus den 1930er Jahren, wurden mit der Farbe Rot versehen - nicht erhaltenswert. Es gebe aber auch einige aus städtebaulicher Sicht sehr wertige Gebäude, etwa die Offiziersmesse.
Als "Inseln mit Potenzial" bezeichnete Bertelt-Glöß die teils erst vor wenigen Jahren neu errichteten Soldatenunterkünften. Die Apartments ließen sich problemlos in Büros umbauen.
Da nach dem Abzug der Briten wegen der fehlenden Infrastruktur Wohnnutzung ausgeschlossen ist, sollen auf einem 80 bis 100 Hektar großen Gelände neben nicht störendem Gewerbe auch Industriebetriebe angesiedelt werden. NRW Urban hofft, dass schon in zwei oder drei Jahren erste Teilflächen dafür zur Verfügung stehen. Bertelt-Glöß: "Gütersloh braucht jetzt zusätzliche Gewerbeflächen und nicht erst 2020."
Die Alternative wäre, gemeinsam mit Harsewinkel zunächst Flächen nördlich der Marienfelder Straße zu entwickeln, und erst später aufs Flughafengelände zu wechseln. Dies widerspreche allerdings den Zielen der Landesplanung, so Bertelt-Glöß. Denn die besagen: Keine Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich.
Auch zu möglichen Freizeiteinrichtungen hat sich die Landesgesellschaft erste Gedanken gemacht. Infrage kämen beispielsweise Reiterhöfe. Auch gegen den Weiterbetrieb des Golfplatzes sei nichts einzuwenden.
In den nächsten Schritten soll die Feinabstimmung erfolgen. Dazu zählen die Artenschutzuntersuchungen sowie das vom Kreis Gütersloh bestellte Altlastengutachten. Ferner gebe es Gespräche mit den Anrainer-Kommunen, etwa zur Verkehrserschließung.
Mit Spannung blicken die Verantwortlichen in diesen Wochen zudem nach London. Premier Cameron will bis Anfang März weitere Einzelheiten zum Truppenabzug und zu Terminen bekannt geben. Während viele Beobachter bisher davon ausgegangen sind, dass sich die Rückkehr der meisten Soldaten auf die Insel bis nach 2020 verzögert, könnte es jetzt doch viel schneller gehen als vermutet.
Ein Grund mehr für Planungsamtschef Michael Zirbel, in Sachen Konversion "weiter Gas zu geben". Denn Ambitionen sind groß: "Wenn die Briten samstags gehen, sollen montags die Bagger anrollen."