
Gütersloh. Fünf Tage noch, dann wählt Nordrhein-Westfalen den neuen Landtag. Der Ausgang der Wahlen in Schleswig-Holstein zeigt, wie schwierig eine Regierungsbildung mitunter werden kann (die NW berichtete). Doch welche Schlüsse ziehen die Kandidaten für den Wahlkreis 95 (Gütersloh, Harsewinkel, Herzebrock-Clarholz), aus den Ergebnissen?
"Umfrageergebnisse haben nichts mit tatsächlichen Wahlergebnissen zu tun": Dies ist die erste Erkenntnis des SPD-Bewerbers Hans Feuß. Daneben stellt er fest, dass die Piraten auf dem Weg seien, eine etablierte Partie zu werden. Es sei positiv, dass sie ihre Oppositionsarbeit innerparteilich erledigten. Dass es die Linken wie im Norden Deutschlands nicht in den Landtag schaffen, sei auch in NRW möglich. Nicht abzusehen sei, ob es auch hier für die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Lindner einen Kubicki-Effekt geben könne, sagte Feuß. Insgesamt schaut er optimistisch auf den nächsten Sonntag: "Ich gehe weiterhin davon aus, dass es eine ausreichende Mehrheit für Rot-Grün geben wird."
Für Wibke Brems sind Schleswig-Holstein und NRW nicht vergleichbar. Aber sicher mache eine Aufteilung auf mehrere kleine Parteien die Regierungsbildung schwieriger. Eine wichtige Frage hierbei sei, ob die FDP, für Brems ein "Wackelkandidat", im Land mehr Unterstützung habe als im Bund. Die Piraten habe sie bisher als Protestpartei wahrgenommen. "Es ist entscheidend, ob sie sich in den Jahren weiter entwickeln." Da sich die Wähler der Grünen erst sehr spät entschieden, setzen Brems und ihre Mitstreiter vor allem auf die letzten drei Tage. Doch sie ist zuversichtlich, die Leute zu überzeugen: besonders, um mit Zweitstimmen eine mögliche große Koalition von SPD und CDU zu verhindern.
Diese rot-schwarze Regierungsehe ist das klare Ziel von Ursula Doppmeier (CDU). Nur so sei eine dauerhafte Stabilität zu erreichen. Ansonsten zeichne sich durch die stärkere Zersplitterung der Parteienlandschaft eine schwierige Regierungsbildung ab. "Eine erneute Minderheitsregierung darf es nicht geben", sagte Doppmeier, die bis Samstagabend um jede Stimme kämpfe. Vielleicht verfehle Rot-Grün in NRW wie in Schleswig-Holstein die klare Mehrheit. Und vielleicht werde die CDU, wenngleich nur knapp, die stärkste Fraktion.
"Das Wichtigste ist, dass wir die 5-Prozent-Hürde packen", sagt Piraten-Kandidat Torsten Schrammen. Die Konkurrenz sieht er bei ähnlichen Werten wie in Schleswig-Holstein, will NRW aber nicht damit vergleichen. Unsicher ist er sich bei den Linken - und ob die FDP mit Lindner punkten kann. Schrammen sieht sich und seine Mitstreiter dabei "als Fitnesstrainer für die Altparteien, damit die sich in Bewegung setzen". Selbst auf den Regierungsstühlen sitzen möchten die Piraten aber zunächst nicht, sie wollten themenbasiert arbeiten. Im günstigsten Fall würden die anderen Parteien so werden wie die Piraten und sich deren Inhalten annehmen, sagte Schrammen. Allerdings würden die Aufsteiger dann auch unnötig. Doch davon seien die anderen weit entfernt.
Auch wenn die Linken es in Kiel nicht erneut in den Landtag geschafft haben, so ist deren Mann für Gütersloh, Ludger Klein-Ridder, nicht bange: "Wir haben hier ein größeres Wählenpotenzial und können noch zulegen. Aus unserer Sicht fehlt nur noch ein kleiner Tick, um die Oppositionsrolle wieder einzunehmen." Genauso sei seine Partei zu mehr fähig. Die großen Parteien sollten einsehen, dass mit den Linken auch Regierungsarbeit möglich sein könne.
Mit dem Blick Richtung Norden freut sich FDP-Kandidat Johannes Elstner über das erste positive Wahlergebnis seit über einem Jahr. "Es zeigt, dass wir wieder gewollt werden." Für einen weiteren Motivationsschub habe zudem der Landesparteitag am Wochenende in Gütersloh gesorgt. "Da haben wir Kräfte gesammelt für den Endspurt", sagte Elstner. Komme die FDP in den Landtag, sei sie auch bestimmt für Gespräche offen. Inwiefern die Inhalte zusammenpassten, müsse sich dann zeigen.