Massiver Kostenanstieg Unruhe bei Mohn Media: Gütersloher Druckerei droht ein neuer Stresstest

Gütersloh. Bei Mohn Media droht erneut Unruhe. Wie es heißt, machen der Bertelsmann-Tochter vor allem die hohen Papierpreise und die stark gestiegenen Energiekosten zu schaffen. Die Betriebsleitung hat für diesen Donnerstag zu einer Beschäftigtenversammlung eingeladen. Dass Mohn Media mit einem massiven Kostenanstieg kämpfen muss, hatte kürzlich auch Konzernchef Thomas Rabe erklärt. Man arbeite an Wegen, wie diese Preissteigerungen an die Kunden weiter gegeben werden könnten. Die Großdruckerei, nach eigenen Angaben führend in Europa, steht damit binnen kurzer Zeit vor einem weiteren Stresstest: Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass sich Mohn Media eine Schrumpfkur verordnet hatte. Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurde ein Paket ausgehandelt, das vorsah, binnen fünf Jahren 470 der 2.000 Arbeitsplätze zu streichen – drei Viertel davon in Gütersloh, ein Viertel bei Probind in Marienfeld. Dieser Personalabbau läuft recht geschmeigt, ohne betriebsbedingte Kündigungen und daher auch ohne Sozialplan. Viele Stellen fallen über Fluktuation, Verzicht auf Leiharbeit, Altersteilzeit und Aufhebungsverträge weg, ein weiterer erheblicher Teil geht bis 2025 planmäßig in den Ruhestand. Ist das profitable Prospektgeschäft gefährdet? Der beinahe 200 Jahre alte Traditionsbetrieb sieht sich in einem weltweit angespannten Druckmarkt schon länger einem massivem Konkurrenz- und Preisdruck ausgesetzt. Nun kommen die eklatant gestiegenen Papier- und Energiepreise hinzu. Sorge bereitet auch die Tatsache, dass ein wichtiges Standbein, der Druck von Werbeprospekten, in Gefahr geraten könnte: Rewe hat kürzlich als erster deutscher Lebensmitteldiscounter kundgetan, ab Sommer 2023 auf gedruckte Prospekte zu verzichten. Auch die Baumarktkette Obi hat einen solchen Schritt angekündigt. Dem Vernehmen nach zählt Rewe zwar nicht zu den Kunden von Mohn Media, jedoch besteht die Sorge, dass andere Discounter nachziehen. Das Prospektgeschäft war zuletzt die Haupteinnahmequelle der Gütersloher, wenngleich auch der Geschäftszweig Action Print (Direktvermarktung) weiter gut funktionieren soll. Bei den Betriebsratswahlen setzte sich erstmals die Gewerkschaftsliste durch In der Beschäftigtenversammlung an diesem Donnerstag will die Geschäftsführung um Dirk Kemmerer über die Lage informieren. Sollte Mohn Media weitere Einschnitte vornehmen müssen, hätte Kemmerer, Chef der Bertelsmann Printing Group, es inzwischen mit einem anderen Betriebsrat zu tun. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi hat sich im Frühjahr erstmals in der Geschichte der Bertelsmann-Druckerei die Gewerkschaftsliste bei den Betriebsratswahlen durchgesetzt. Betriebsratsvorsitzender ist seither Ralf Gerlach, ein gelernter Industriemeister für Digital- und Print-Produkte, der aus der aus der Weiterverarbeitung in Marienfeld stammt. In der früheren Unternehmensgeschichte hatte laut Verdi stets die Liste mit den führungsnahen Kandidaten die meisten Stimmen bekommen. Das Ergebnis dieser Betriebsratswahlen zeige, dass die Unzufriedenheit in der Belegschaft gewachsen sei, heißt es. Immer mehr Beschäftigte steigen demnach aus dem sogenannten Partnerschaftspaket aus, da es in Wahrheit vor allem eine Lohnkürzung und den Verzicht auf Freizeit bedeute. Zwar zahle der Arbeitgeber im Gegenzug eine Gewinnbeteiligung aus, die aber sei im Laufe der Zeit immer mehr geschrumpft. Früher habe es geheißen, Mohndruck zahle besser als der Tarif. Das gelte nicht mehr, so ein Betriebsrat. Heute werde bei Mohn Media und Probind zu Stundenlöhnen gearbeitet, die teilweise weit unter dem jeweiligen Tarif lägen. Auch bei einer anderen Bertelsmann-Tochter, der VVA (Vereinigte Verlagsauslieferung), habe sich bei den letzten Betriebsratswahlen die Gewerkschaftsliste durchgesetzt. Das zeige, so ein Gewerkschafter, dass die früher so enge Partnerschaft zwischen Konzernleitung und Belegschaft hier und da bröckele.

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