Gütersloh Freut sich "aufs Nichtstun": Gütersloher Schulleiter geht in Ruhestand

Gütersloh. "Schön, dass Du da warst. Blöd, dass Du gehst", hat ihm einer seiner Schüler auf ein weißes Pappherz geschrieben. Von jedem der 68 Jungen und Mädchen der Hundertwasser-Schule hat Gerhard Dickers so ein Herz bekommen. Und drei im besten Hundertwasser-Stil kunterbunt bemalte Holzstelen für seinen Garten. Die Förderschule für Kinder, die einen besonderen Unterstützungsbedarf im Bereich ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung haben, ist sein Lebenswerk. "Wenn man in etwas so viel persönliches Herzblut gesteckt hat, verlässt man es auch mit zwei weinenden Augen", sagt Gerhard Dickers. "Aber 64einhalb Jahre ist ein gutes Alter, um zu gehen", findet er. "Ich freue mich aufs Nichtstun." Verabschiedung gemeinsam mit den Viertklässlern Heute, am letzten Schultag, wird er gemeinsam mit den Viertklässlern verabschiedet. Allerdings gibt es für ihn nach den Ferien noch eine kleine Wiederkehr: Für ein halbes Jahr wird er einen Tag pro Woche in die Schule kommen, um seine Nachfolgerin einzuarbeiten. Heyka Hübner, Lehrerin für Sonderpädagogik, ist bereits seit vielen Jahren an der Schule tätig. Und auch wenn das erklärte Ziel Inklusion heißt - Kinder mit und ohne Förderbedarf gehen gemeinsam auf eine Schule - plädiert Dickers nach wie vor für Förderschulen. "Für einen Teil von Kindern braucht es einen besonderen Platz", sagt er. Und dieser Platz müsse besonders schön sein. Eben so wie die Hundertwasser-Schule, die ihren Schwerpunkt darauf gelegt hat, im Sinne ihres Namensgebers "glückliche Räume" zu schaffen. "Schule ist Lebensort für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule", sagt Dickers. Er legt Wert darauf, dass die Schule täglich so aussieht, dass alle sich wohl fühlen können. Und dass alles heile und in Ordnung ist. "Unsere Kinder haben schon genug innere Unordnung." Mehr Kinder mit psychischen Erkrankungen Waren es früher die "Rabauken", die Unerzogenen, die "über Tische und Bänke" gehen, die zur Förderschule gehen, so nimmt die Zahl der Kinder mit psychischen Erkrankungen stetig zu. "Die Bedingungen für Kinder in unserer Gesellschaft sind schlechter geworden", beobachtet Dickers. Auffälliges Verhalten sei auch immer ein Signalverhalten. Geboren und aufgewachsen am Niederrhein kam Dickers zum Studium nach Bielefeld. Seine erste Stelle als Sonderschullehrer trat er 1990 an der Erich-Kästner-Schule in Harsewinkel an. "Als ich dann die Aufgabe bekam, in Gütersloh eine neue Schule aufzubauen, war das ein Glücksfall. Ein Lottogewinn für einen jungen Schulleiter. Etwas, das mir viel Freude gemacht hat", schwärmt er. Mit einem Pilotprojekt das Thema Inklusion nach vorne gebracht 2002 sei die Hundertwasser-Schule mit einem Sozialpädagogen, einem Lehrer und fünf Kindern damals "die kleinste Schule Nordrhein-Westfalens" gewesen, erzählt er schmunzelnd. Gegründet als "Schule für Erziehungshilfe" des Kreises Gütersloh wechselte die Schulträgerschaft 2004 zur Stadt Gütersloh. 2007 wurde der heutige Standort an der ehemaligen Volkeningschule bezogen - mit einem Anbau, der den Ideen von Friedensreich Hundertwasser Rechnung trägt. Parallel dazu wurde eine offene Ganztagesbetreuung mit sozialpädagogischem Schwerpunkt aufgebaut. "Wir haben eine landesweite einmalige Kooperation von Schule und Jugendhilfe", so Dickers. Die Hundertwasser-Schule ist in vielerlei Hinsicht besonders: Hier war auch von 2008 bis 2014 der Sitz des Kommunalen Kompetenzzentrums für sonderpädagogischen Förderbedarf Gütersloh (KOKO G) - ein landesweites Pilotprojekt, mit dem Kinder mit Förderbedarf die Möglichkeit bekommen haben, an ihrer Grundschule zu bleiben. "Eine Zeit mit hoher Innovation", sagt Dickers rückblickend. "Und eine arbeitsreiche Zeit." Das Thema Inklusion hat er so weit nach vorne gebracht. Von vielen Mitstreitern aus dieser Zeit hat er sich schon verabschiedet. "Vieles wird gut, wenn man es mit anderen macht." Jetzt freut er sich Gerhard Dickers auf mehr selbstbestimmte Zeit. Und dass er demnächst im Winter vielleicht mehr Wochen für sein Hobby Skifahren zur Verfügung hat.

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