Gütersloh Mit Video: Murmeltier taucht plötzlich in Gütersloh auf

Gütersloh. Hat sich hier ein Bergbewohner ins ostwestfälisches Flachland verirrt? Wohl kaum, doch eins scheint sicher: Das Alpenvorland beginnt für ein kleines Murmeltier seit Beginn dieser Woche in Avenwedde-Bahnhof. Dort, im Gütersloher Stadtteil, hat sich das possierliche Nagetier nämlich offensichtlich niedergelassen und grüßt seitdem täglich. Montagfrüh entdeckten und filmten Selena Gnegel (29) und Töchterchen Ida (1) den ungewöhnlichen Besucher auf ihrem Familien-Grundstück an der Dieselstraße, wo Ehemann Florian ein Unternehmen zur Herstellung von Turboladern für die Autoindustrie betreibt. &bdquo;Einen Turbo braucht der kleine Kollege aber bestimmt nicht. Der ist wieselflink“, scherzt der 38-Jährige, der sofort Ursachenforschung betrieben hat. Woher kommt das Tier? Was macht es hier? Distanz von knapp 13 Kilometer zurückgelegt Niemand weiß es so ganz genau, aber zumindest nahe liegende Antworten auf diese Fragen liefert am Dienstag Herbert Linnemann. Der Leiter des Tierparks Olderdissen in Bielefeld, den die Gnegels nach ihrem exotischen Fund umgehend zu Rate zogen, schaute sich die Videosequenzen an und ist überzeugt: &bdquo;Hierbei handelt es sich um ein Murmeltier, das vermutlich aus unserem Tierpark stammt.“ Der liegt zwar 12,62 Kilometer Luftlinie vom Fundort im Gütersloher Gewerbegebiet entfernt. Doch für die braun-gräulich gefärbten Tiere sei es kein Problem, eine solche Distanz zu überwinden. Außerdem sei in der Region ohnehin kein anderer Halter von Murmeltieren bekannt. In Olderdissen leben die Tiere, die mit ihrer Länge von rund 65 Zentimetern (inklusive Schwanz) bis zu acht Kilo auf die Waage bringen, im Familienverbund als Freiläufer. &bdquo;Ja klar, und daneben liegt bestimmt ein Nashorn“ &bdquo;Ich hatte vor einiger Zeit von einem Murmeltier gelesen, das aus Olderdissen ausgebüchst war. Deshalb habe ich als erstes dort angerufen und später einen Aufruf bei Facebook gestartet, um einen möglichen Halter zu finden“, erzählt Florian Gnegel. Von seiner Frau fühlte er sich zunächst auf den Arm genommen, als sie ihm vom Alpenbewohner im eigenen Garten berichtete. &bdquo;Ja klar, und daneben liegt bestimmt ein Nashorn“, habe er ungläubig entgegnet. Doch dann staunte Gnegel nicht schlecht. Bei dem Tier, das sich auf dem 5.000 Quadratmeter großen Areal eingenistet hat, handelte es sich weder um Kaninchen, Ratte oder Nutria, sondern &bdquo;eindeutig um ein Murmeltier“, wie der gebürtige Gütersloher mit Kennerblick erkannt hat. Turbolader und Tiere in Einklang Sobald an seinem Wohn- und Firmensitz an der Dieselstraße, wo Florian Gnegel mit sechs Angestellten seit 2014 den Autoteilehersteller Ladermanufaktur betreibt, Feierabendruhe herrscht, haben die Tiere das Sagen. &bdquo;Dann sieht es hier aus wie bei Cinderella, so viele Kaninchen, tummeln sich hier.“ Auch Eichhörnchen, ein Haufen Maulwürfe, Vögel wie Kiebitze, Dohlen oder ein Storch zählen zu den regelmäßigen Gästen im Gnegel'schen Garten. &bdquo;Aber ein Murmeltier hatten wir noch nie.“ Dass es jetzt zu dieser Begegnung gekommen ist, liegt vermutlich daran, dass das normalerweise standorttreue Tier in Olderdissen vertrieben worden zu sein scheint. Zur Paarungszeit, zwei bis drei Wochen nach dem Winterschlaf, &bdquo;verkloppen“ die alten, dominanten Männchen nämlich mögliche Nebenbuhler. Alpenbewohner käme in der ostwestfälischen Wildnis klar Die jüngeren Männchen müssen das Weite suchen, um an anderer Stelle eine eigene Familie zu gründen. Um solch ein Anschluss suchendes Murmeltier dürfte es sich demnach auch bei dem Exemplar handeln, das Tochter Ida so lieb gewonnen und dem sie gleich einen Namen verpasst hat. &bdquo;Murbie“, daran wird sich die Einjährige allerdings schweren Herzens gewöhnen müssen, wird schon bald wieder Biege machen. So oder so. Zwar würde der Alpenbewohner in der ostwestfälischen Wildnis ohne Weiteres mit den Lebensumständen klar kommen und vermutlich auch genügend Nahrung finden. &bdquo;Das Murmeltier wird aber weiterziehen, denn es bevorzugt ruhige Standorte in Hanglagen und den offenen Blick“, weiß Olderdissen-Chef Linnemann. Hoffnung: "Murbie" lässt sich einfangen und umsiedeln Der 55-Jährige hat zudem die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass &bdquo;Murbie“ in Avenwedde-Bahnhof auf humane Art &bdquo;eingefangen“ und dann einem anderen Tierpark abgegeben werden kann. Gänzlich ungefährlich lebt es sich für den Ausbüxer aus Bielefeld während seiner Wanderschaft angesichts des Straßenverkehrs oder natürlicher Feinde wie Füchse, Mader und Waschbären nämlich nicht. Deshalb hat Familie Gnegel nun den Auftrag angenommen, den neuen Bewohner in Avenwedde-Bahnhof &bdquo;anzufüttern“. In Olderdissen leben aktuell rund zehn Murmeltiere Mit Möhren, Gurken und Haferflocken auf der Speisekarte soll &bdquo;Murbie“ so &bdquo;gezähmt“ werden, bis man ihn später in einem geschlossenen Raum festsetzen kann. Von dort käme er vermutlich zunächst wieder nach Olderdissen, wo gegenwärtig rund zehn Murmeltiere ihre Heimat haben. Einige Tage müsste der putzige Langschläfer – Murmeltiere halten sechs bis sieben Monate Winterschlaf – nach seinem Ausflug separiert werden, ehe ihn der Tierpark an eine neue Adresse vermitteln würde. Vorläufig ist &bdquo;Murbie“ allerdings weiter auf freiem Fuß und hat seine Ruhe. Solange dass der Fall ist, heißt es an der Dieselstraße in Gütersloh: &bdquo;Und täglich grüßt das Murmeltier...“

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