Gütersloh Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen Brandstifter aus Gütersloh auf

Gütersloh. Ein 23-jähriger Gütersloher, der unter einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie leidet und sich für mehrere Brände in Gütersloh vor Gericht verantworten musste, gehört nach dem Willen der höchsten deutschen Strafrichter nicht in die Psychiatrie. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Bielefeld aufgehoben, das die unbefristete Unterbringung des jungen Mannes vorsah. Der Gütersloher Rechtsanwalt Martin Rother von der Kanzlei Steiner, Wecke & Kollegen hatte Revision eingelegt – trotz statistisch geringer Aussichten mit Erfolg. &bdquo;Revision kommen nach unseren Erfahrungen nur im unteren einstelligen Prozentbereich tatsächlich durch“, sagt der 57-Jährige. Jetzt muss der Fall seines Mandanten noch einmal verhandelt werden. &bdquo;Sind die rechtlichen Feststellungen falsch, kann ich niemanden wegschließen“ &bdquo;Denn eines geht nicht“, sagt Rother. &bdquo;Wenn die notwendigen rechtlichen Feststellungen falsch sind, kann ich niemanden wegschließen.“ Die Unterbringung seines Klienten Norman D. (Name geändert), der sich seit Juli 2021 nach einem vorherigen Aufenthalt in Untersuchungshaft in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet, hat der Prüfung des BGH dahingehend nicht standgehalten. &bdquo;Weil die Beurteilung seiner Schuldfähigkeit durchgreifend rechtsfehlerhaft ist.“ So argumentieren die Richter des 4. Strafsenats aus Karlsruhe. Sie haben mit ihrem Beschluss vom 15. März das Urteils der 20. Großen Strafkammer des Landgerichtes Bielefeld aufgehoben und &bdquo;zu neuer Verhandlung und Entscheidung“ an eine andere Kammer zurückverwiesen.Mandant hat mit schwierigen Umständen zu kämpfen Norman D. stand von Oktober bis zum 2. Dezember 2021 an fünf Verhandlungstagen vor dem Landgericht Bielefeld. Der Mann, der laut seines Rechtsanwalts &bdquo;zuletzt mitunter auf der Straße gelebt“ und generell mit schwierigen Umständen zu kämpfen hat (&bdquo;Mit 14 in der LWL-Klinik, mehrere Maßnahmen abgebrochen“), war verdächtigt, für drei Feuer in Gütersloh verantwortlich zu sein. Von den Bränden, die sich im April innerhalb weniger Tage ereignet hatten, ließ sich dem obdachlosen Mann aus Sicht der Strafkammer letztlich nur eine Tat nachweisen. Demnach hatte der 23-Jährige am 16. April gegen 18.45 Uhr in einem unbewohnten, baufälligen Haus an der Carl-Bertelsmann-Straße 44 eine Matratze in Brand gesetzt. Das Feuer griff auf eine Jalousie sowie eine hölzerne Tür über. Ein Passant und zwei Bewohner des Nachbarhauses bemerkten die Rauchentwicklung und trafen Norman D. an. Die Feuerwehr kam, löschte den Brand. Zwei weitere, wenige Tage zuvor verursachte Feuer – einmal in der der gleichen Immobilie, kurz darauf brannten vier Mülltonnen am Stohlmannsplatz – konnten Normann D. als Verursacher nicht nachgewiesen werden.Landgericht wertete Verhalten als versuchte Brandstiftung &bdquo;Weil die Beweise nicht eindeutig waren“, erinnert sich Rechtsanwalt Martin Rother. Strafrechtliche Konsequenzen hatte sein Klient auch für die tatsächlich von ihm begangene Brandstiftung nicht zu befürchten – aufgrund seiner Erkrankung. Gleichwohl ordnete das Landgericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Kammer hatte das Verhalten von Norman D. als rechtswidrige Tat der versuchten Brandstiftung gewertet. Dabei hätte sich die Aufhebung seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit &bdquo;nicht ausschließen“ lassen. Der Anwalt erläutert zwei falsche Begründungen &bdquo;Ich sehe es anders“, spielt Anwalt Martin Rother gleich auf zwei falsche Begründungen an. Zum einen habe sein Mandant &bdquo;bewegliche Teile im Gebäude und keine feste Substanz angesteckt“, womit man allenfalls von einer Sachbeschädigung sprechen könne. Eine solche Anlasstat reiche aber für eine Unterbringung in der Psychiatrie aber nicht aus. Ferner, so der Fachanwalt für Strafrecht, sei vom Landgericht Bielefeld zudem festgestellt worden, dass eine Schuld- und Steuerungsfähigkeit seines Mandanten nicht auszuschließen sei. &bdquo;Auch dies reicht aber nicht aus. Man muss zwingend feststellen, dass das der Fall war.“ Das sagen die Richter am Bundesgerichtshof Die fünf BGH-Richter folgten dem Einwand des Gütersloher Rechtsanwalts. &bdquo;Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß Paragraf 63 StGB darf nur angeordnet werden,“, heißt es im Beschluss aus Karlsruhe, &bdquo;wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat schuldunfähig oder erheblich vermindert schuldfähig war.“ Hierauf müsse die Tatbegehung beruhen. &bdquo;Eine dem entsprechende Feststellung fehlt.“ Das gelte auch für die konkrete Darlegung, auf welche Weise sich die psychische Störung &bdquo;bei der Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten“ ausgewirkt habe. Norman D. will vorerst in der Psychiatrie bleibenSomit lasse sich den Urteilsgründen aus Bielefeld &bdquo;auch in ihrer Gesamtheit“ nicht entnehmen, dass der Beschuldigte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt habe, teilt der Bundesgerichtshof mit. Mit dem Ausgang des Sicherungsverfahrens (AZ: 4 StR 60/22) hat Rechtsanwalt Martin Rother erwirkt, dass sein Klient nun den rechtlichen Anspruch auf eine Überprüfung seiner Situation hat. Auch wenn sein Fall demnächst in Bielefeld neu verhandelt werde, erklärt Martin Rother, habe Norman D. die Absicht erklärt, sich nach Absprache mit seiner Betreuerin und seinem Rechtsanwalt vorerst weiter stationär in der psychiatrischen Klinik behandeln lassen.

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