Gütersloh Bekannte Gütersloher Kult-Kneipe gibt es schon seit 50 Jahren

Gütersloh. An dieser Kneipe ist wohl jeder Gütersloher schon vorbeigegangen. Mindestens einmal. Die Wette könnte man ohne Risiko eingehen. Und wer nicht auch schonmal auf einen Kaffee oder ein Bier drin war, der hat mit Sicherheit aber schon Geschichten gehört. Geschichten aus dem "Journal". Der berühmt berüchtigten Kneipe direkt gegenüber dem Gütersloher Bahnhof. An der Kaiserstraße 17. "Hier landen alle", sagt auch Betreiberin Anastasia Sokoli.Viele Jahre war das Journal vor allem dafür bekannt, auch bis spät in die Nacht geöffnet zu haben. Fast als einzige Kneipe in der Umgebung gab es dort bis fünf Uhr Bier, Schnaps und Co. Während woanders schon die Lichter ausgingen, war im Journal noch immer etwas los. Kürzlich muss sogar die Mordkommission anrücken "Die Leute kamen dann noch nach Partys und waren schon total betrunken", sagt Sokoli, "und das bringt einfach eine Unruhe rein." Immer mal wieder muss das Journal-Team in der Vergangenheit nachts die Polizei rufen. Weil Gäste nicht bezahlen wollen oder können, weil Streitigkeiten eskalieren.Erst kürzlich muss sogar die Mordkommission anrücken. Wie berichtet wird Sokolis Sohn Thomas (52) gegen 4.45 Uhr vom letzten Gast plötzlich mit einem Messer angriffen. Er erleidet Verletzungen am Kopf und muss ins Krankenhaus. Der Täter flüchtet, die Polizei schnappt ihn aber wenig später. Laut Anastasia Sokoli, "das schlimmste, das hier je passiert ist". 1972 ging es los - gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Mittlerweile hat die 72-Jährige die Reißleine gezogen. Länger als zwei Uhr ist das Journal nicht mehr geöffnet, vielleicht mal halb drei. Dann ist in der Regel Schluss. "Ich habe damit ein besseres Gefühl - das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung." Sie habe nochmals an alle Mitarbeiter appelliert, nach Möglichkeit nach Feierabend zügig abzuschließen und nicht alleine mit einem Gast zu bleiben. Seit 1972 betreibt Sokoli das Journal mittlerweile. Es ist ihr wahres Herzensprojekt. Die gebürtige Griechin kommt 1964 mit ihren Eltern nach Deutschland, lernt hier ihren ersten Mann kennen, heiratet schon mit 16. Kurz nachdem ihr gemeinsamer Sohn Thomas geboren wird, übernehmen Sokoli und ihr Mann die Gaststätte gegenüber des Bahnhofs. Sie ziehen in die Wohnung über dem Laden; erweitern unten die vorhandenen Gastro-Räume und taufen sie Lokal auf den Namen Treffpunkt.Lesen Sie auch:Gütersloher Traditionskneipe will nach Tod des Gastwirts wieder öffnen "Wir wollten uns etwas eigenes aufbauen", erinnert sich Sokoli. Der Plan geht auf. Und es bleibt nicht bei einem Lokal . Auch den Marienfelder Hof, den Kiosk am ZOB und die Spielhalle "Fairplay" übernehmen das Inhaber-Paar unter anderem.Sicherheitsdienst während der Briten-Zeit 22 Jahre lang läuft alles. Privat und beruflich. Die Sokolis bekommen noch eine Tochter, Sophia. Ihre Läden sind gut besucht. Vor allem die Zeit der Briten ist Sokoli in Erinnerung. Wenn auch nicht immer nur positiv. "Es war zwar immer was los bei uns, vor allem im 'Journal'. Aber es gab auch oft Streit. Wir hatten damals jahrelang einen Sicherheitsdienst engagiert." Dann folgt plötzlich die private Trennung. Nach 43 Jahren zerbricht Sokolis Ehe. Ein Rückschlag. Was wird aus ihrem gemeinsamen Gastro-Traum? Den "Treffpunkt"aufzugeben kommt für die Griechin nicht in Frage. "Ich hänge hier dran, deshalb war mir klar, dass ich das auch alleine weitermachen werde." Sie wagt den Schritt. Sie renoviert die Räumlichkeiten an der Kaiserstraße, baut nochmal komplett um und sucht einen neuen Namen. Ab sofort heißt ihr Herzensprojekt "Journal". Bis heute."Es würde mir sehr wehtun, wenn ich das 'Journal' in ganz andere Hände geben müsste" Viele Stammgäste sind geblieben und neue hinzugekommen. Die anderen Lokale hat sie mittlereile abgeben; den ZOB-Kiosk betreibt Tochter Sophia (49). Sohn Thomas unterstützt seine Mutter mittlerweile immer mehr im "Journal". Wenn es nach ihr geht, soll er es irgendwann übernehmen. Wie lange Sokoli noch bleiben will, weiß sie noch nicht. "Es würde mir aber sehr wehtun, wenn ich das 'Journal' in ganz andrere Hände geben müsste." Am Samstag will das ganze Team nun aber erstmal gemeinsam mit den Gästen anstoßen. Die Chefin hat sich einige Jubiläums-Angebote einfallen lassen - und die große Geburtstagstorte darf natürlich auch nicht fehlen. Mit "Journal"-Schriftzug.Und viel Sahne. 50 Jahre müssen schließlich gebührend gefeiert werden.

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