Gütersloh Rückkehr britischer Soldaten? "Das hat mit der Ukraine nichts zu tun"

Gütersloh. Die britische Armee hat bei ihrer Kehrtwende zur Flughafenkaserne die harschen Reaktionen der Anliegerstädte einkalkuliert. &bdquo;Wir wären überrascht gewesen, wenn es anders wäre“, sagte Armeesprecher Mike Whitehurst gestern. Den Briten sei bewusst, dass den Kommunen das Gelände als künftiges Industriegebiet enorm wichtig sei, gleichwohl gingen militärische Bedarfe vor. Whitehurst versicherte erneut, die Überlegungen der Briten hätten nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. &bdquo;Da gibt es absolut keinen Zusammenhang“, sagte Whitehurst. Schon seit drei, vier Jahren denke die Army darüber nach, die Kaserne zu remilitarisieren. &bdquo;Dass das jetzt mit einem Krieg zusammenfällt, ist Zufall.“ Das erkenne man auch daran, dass die Briten nicht aufstocken, sondern nur umverteilen wollten. &bdquo;Wir stationieren keinen einzigen zusätzlichen Soldaten und Panzer in Deutschland, wir haben nur das Problem, unsere anderen Kasernen entlasten zu müssen.“ "Wir wollen die Sache nicht unnötig hinauszögern" Dass die Briten tatsächlich zurückkehren, sei außerdem keineswegs klar, so Whitehurst. &bdquo;Ich kann mich nur wiederholen: Gütersloh ist eine von mehreren Optionen.“ Die Entscheidung werde &bdquo;zeitnah“ fallen, möglicherweise bald, aber definitiv in diesem Jahr. &bdquo;Wir wollen die Sache nicht unnötig hinauszögern. Wir brauchen selber Klarheit und respektieren die Interessen der Städte. Dass Gütersloh so schnell wie möglich wissen will, was passiert, können wir gut verstehen.“ Die Princess-Royal-Kaserne komme als Depot für schweres Kriegsgerät in Frage, so Whitehurst. Die Überlegung sei, dort Kampf- und Schützenpanzer und Artilleriesysteme zu stationieren, außerdem Räderfahrzeuge (Lkw). Insgesamt dürfte es sich um mehrere hundert Fahrzeuge handeln, großteils untergebracht in den Hangars. Betrieben würde ein solcher Logistik-Hub von rund 170 Leuten, teils Soldaten, teils Zivilisten. Ihre Aufgabe wäre es, die Kampffahrzeuge zu warten und für Einsätze bereit zu machen, in diesem Fall für den Nato-Einsatz in Estland. "Wenn überhaupt, hätte die Bima früher informieren müssen" Laut Whitehurst liegen neben der Rückkehr nach Gütersloh folgende Optionen auf dem Tisch: Alles beim Alten zu belassen oder an bestehenden Standorten – konkret: Mönchengladbach und Paderborn-Sennelager – um- und auszubauen. Eine Reaktivierung von Kasernen in anderen Orten komme nicht in Betracht. Den Vorwurf der drei Bürgermeister von Gütersloh, Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz, von den Briten über die konkreten Pläne im Unklaren gelassen zu werden, weist Whitehurst zurück: &bdquo;Wenn überhaupt, hätte die Bima früher informieren müssen. Schließlich ist die Princess-Royal-Kaserne Bundeseigentum.“ Wie angewiesen die drei Kommunen für ihre wirtschaftliche Entwicklung auf die Kaserne sind, hat sich vorgestern bei einem Gespräch mit der Bezirksregierung gezeigt. Demnach war man sich einig, den Standort weiterhin als Industrie- und Gewerbegebiet im Entwurf des neuen Regionalplans abzusichern. 110 Hektar sind angemeldet, im wesentlichen die bebauten Kasernenflächen entlang der Straße und dahinter. Als Alternative komme allein ein &bdquo;Suchraum“ auf der anderen (nördlichen) Seite der B 513 in Frage, angrenzend an das gesicherte und derzeit entstehende Gewerbegebiet. Für ein Alternativgelände müsste das komplette Planverfahren durchlaufen werden Anders als vorgestern in einer Pressemitteilung der Kommunen erklärt, ist kein einziger Meter dieses &bdquo;Suchraumes“ planungsrechtlich gesichert. Was bedeutet: Um innerhalb dieses Raumes ein neues Industrie- und Gewerbegebiet auszuweisen, müsste man bei Null starten und das komplette Planverfahren durchlaufen – ein Prozess, der nach Einschätzung von Albrecht Pförtner, Geschäftsführer der Gewerbepark Flugplatz Gütersloh GmbH, mehrere Jahre in Anspruch nähme. Nötig wäre in diesem Fall, für den neuen Regionalplan, der Mitte bis Ende 2023 Rechtskraft erlangt, ein Änderungsverfahren anzustreben. Voraussichtliche Dauer: anderthalb bis zwei Jahre. Danach, bei günstigem Verlauf auch parallel, würden daraus der Flächennutzungsplan und schließlich ein rechtskräftiger Bebauungsplan abgeleitet. Voraussichtliche Dauer: weitere anderthalb bis zwei Jahre – ergibt in Summe drei bis vier Jahre. Demnach, so Pförtner, könnten sich frühestens 2027 die ersten Firmen im neuen Industriegebiet ansiedeln, vermutlich aber eher später. Auch im schon gesicherten Teil geht es nur gebremst weiter Gewerbeflächen würden aber schon jetzt händeringend gesucht. &bdquo;Die Firmen überhäufen uns mit Anfragen“, sagt Pförtner. Das Industriegebiet auf dem Flugplatzgelände wäre früher nutzbar – schon ab 2024. Das sei auch deswegen ideal, weil dann das kleine gesicherte Gebiet auf der anderen Straßenseite – mit 18 Hektar Nettofläche und vergleichsweise kleinen Parzellenzuschnitten – vermutlich belegt sein werde. Problem: So lange sich die Briten nicht festlegen, geht es auch auf diesem nördlichen Abschnitt nicht oder nur gebremst weiter, da infrastrukturelle Fragen von Ver- und Entsorgung sowie Verkehr auch am Kasernengelände hängen. Das Planungsverfahren für das Alternativgebiet im &bdquo;Suchraum“ wegen der unverschuldeten Notlage der Kommunen beschleunigen zu dürfen, darauf macht die Bezirksregierung wenig Hoffnung. Man könne sich zu den formellen Planverfahren nicht festlegen, so ein Sprecher. Auch Pförtner sagt, er sei in dieser Hinsicht &bdquo;illusionsfrei“: Das deutsche Planungsrecht lasse sich nicht mal aushebeln und abkürzen. Unklar ist auch, wo dieser &bdquo;Suchraum nördlich der Marienfelder Straße“ liegen könnte. Ob auf Marienfelder Gebiet Richtung Bruno Kleine oder umgekehrt Richtung Gütersloh, wisse im derzeitigen Stadium niemand, am ehesten dürften Flächen links und rechts des Nottebrocksweges in Frage kommen. Doch derartige Kaffeesatzleserei zu betreiben, sei arg verfrüht, warnt Pförtner.

Mehr zum Thema