Gütersloh Kreis Gütersloh streitet Vorwürfe einer Sonderbehandlung von Tönnies ab

Gütersloh. "Speziellfall Tönnies?" Diese Frage wirft ein am Sonntag veröffentlichter Bericht des WDR-Magazins &bdquo;Westpol“ auf.Darin wird behauptet, dass der Kreis Gütersloh Mitarbeitern des Schlachtbetriebs in Rheda-Wiedenbrück durch eine Sonderregelung eine verkürzte Quarantänezeit durch angeblich frühere Freitestung ermöglicht habe. Der WDR beruft sich auf Aussagen eines Mitarbeiters des Gesundheitsamtes, der anonym bleiben will. Dabei geht es darum, dass Tönnies-Mitarbeitern, die geimpft beziehungsweise genesen sind, nach einem positiven PCR-Test die Freitestung bereits nach zwei Tagen statt der vorgeschriebenen sieben Tagen ermöglicht wurde – ebenfalls mit einem PCR-Test. Diesen Test habe ein mobiles Team bei Mitarbeitern zuhause durchgeführt. Fiel dieser negativ oder positiv mit einer weiterhin niedrigen Viruslast aus, sei der Tönnies-Mitarbeiter sofort aus der Quarantäne entlassen worden.Freitestung nur für symptomlose Geimpfte/Genesene Der Kreis Gütersloh wie auch das Unternehmen Tönnies weisen den Vorwurf der &bdquo;Sonderbehandlung“ von sich. Schon der Titel des Berichts &bdquo;Behörden erlaubten laschere Regeln für infizierte Mitarbeiter“ ziele in eine falsche Richtung: &bdquo;Es ging nicht um eine frühere Freitestung aus der Quarantäne, sondern um eine Überprüfung von fraglichen Testergebnissen. Es musste geklärt werden, ob bei völlig asymptomatischen geimpften und genesenen Personen mit einem CT-Wert über 30 nur noch eine Rest-Positivität aus einer früheren Infektion oder ein falsch positives Ergebnis vorlag – oder ob eine beginnende Infektion gegeben war“, so Kreissprecher Jan Focken. Der Kreis Gütersloh sei hier so vorgegangen wie in anderen Einzelfällen auch, in denen das positive Testergebnis fraglich ist.Seit dem 1. Januar gelten für die Fleischindustrie in NRW verschärfte Bedingungen. Diese gehen über 3G hinaus: Alle Beschäftigten in der Produktion, auch geimpfte und genesene, unterliegen erstmalig der Testpflicht. Daher muss die Firma Tönnies seit dem 1. Januar auch Beschäftigte testen, die nach der 3G-Regelung bis zum Jahresende keiner Testpflicht unterlagen, weil sie geimpft oder genesen sind. &bdquo;Weil Geimpfte und Genesene in der ersten und zweiten Kalenderwoche erstmals getestet wurden, war bei asymptomatischen geimpften und genesenen Personen mit einem CT-Wert über 30 zu klären, ob sie frisch infiziert waren oder rest-positiv oder falsch-positiv“, so der Kreis. Der CT-Wert drückt die Höhe der Viruslast aus. Je höher der Wert, desto niedriger die Viruslast.Für neun Personen wurde die Quarantäne früher beendetAb der dritten Kalenderwoche habe sich die Frage nicht mehr gestellt, weil bereits negative Testergebnisse aus den ersten beiden Wochen vorgelegen hätten. Ab der dritten Kalenderwoche habe daher nicht mehr der Verdacht der Rest-Positivität bestanden. CT-Werte über 30 wurden seit dieser Zeit auf eine beginnende Neuinfektion zurückgeführt. Focken weiter: &bdquo;Im Rahmen der Überprüfung wurden in der ersten und zweiten Kalenderwoche in neun Fällen Ergebnisse gefunden, bei denen sich die Infektiosität nicht bestätigt hat. Für diese neun Personen wurde die Quarantäne beendet, und zwar frühestens nach dem vierten Tag.“ Grundlage dieser Vorgehensweise sei die Test- und Meldepflicht für Großbetriebe der Fleischwirtschaft, die im Paragraf 11 der Corona-Test-Quarantäne-Verordnung des Landes NRW vorgeschrieben sei. Das Landesgesundheitsministerium sei im Rahmen des seit dem Ausbruch im Sommer 2020 bestehenden engen Austauschs zwischen Kreis und Ministerium von dem Vorgehen informiert worden. &bdquo;Dieser PCR-Test wird bei vulnerablen Gruppen wie auch Arbeitsmigranten ohne gesicherte hausärztliche Versorgung durch das kreiseigene mobile Team durchgeführt, damit eine qualitativ hochwertige Abstrichnahme gewährleistet ist und die Mitarbeiter des mobilen Teams gleichzeitig prüfen können, wie es der Person geht“, erläutert Focken weiter. Der Kreissprecher verweist in dem Zusammenhang auch auf die Rechtslage: Danach dürfen Personen, die nachweislich &bdquo;restpositiv“ und nicht ansteckend sind, durch behördliche Einzelfallentscheidungen aus der Quarantäne entlassen werden, da in diesen Fällen die mit der Quarantäneanordnung einhergehende Beschneidung der persönlichen Lebensführung im Einzelfall nicht mehr gerechtfertigt sein kann. &bdquo;Kein einziger Fall von Arbeitsquarantäne bei Tönnies“ Das Unternehmen Tönnies weist die Vorwürfe ebenfalls zurück, will sich aber nicht weiter dazu äußern und verweist auf den Kreis Gütersloh als ausführende Behörde. Antworten auf eine Anfrage der NW vor einem Monat lassen darauf schließen, dass es dem Unternehmen auch darum ging, angesichts der Omikron-Welle die Produktion sicherstellen zu können. So seien in den ersten drei Januarwochen 21.000 PCR-Tests allein am Standort Rheda durchgeführt worden. Damals machte sich das Unternehmen &bdquo;große Sorgen, ob die Lebensmittelversorgung in Deutschland so noch aufrecht erhalten werden kann“, wie Unternehmenssprecher Fabian Reinkemeier am 26. Januar mitteilte. &bdquo;An manchen neuralgischen Stellen wie der Schlachtung kommt es dadurch schon jetzt immer mal wieder zu Engpässen. Denn das dort eingesetzte Personal ist speziell geschult und kann nicht ,mal eben ausgetauscht werden. Daher arbeiten auch wir derzeit mit reduzierter Kapazität.“ Kreisdirektorin Susanne Koch bestätigte in der Sitzung des Kreisausschusses am Montag auf Anfrage der Grünen-Fraktion, dass auch ein Interesse der Firma daran bestanden habe, Mitarbeiter arbeiten zu lassen, die nicht infektiös gewesen sind. Auf Nachfrage der SPD stellte Koch aber auch klar: &bdquo;Im Bereich der Firma Tönnies ist bis jetzt kein einziger Fall von Arbeitsquarantäne zugelassen worden.“Testmanagement des Landes deckte viele positive Fälle auf Das NRW-Gesundheitsministerium nimmt den Kreis Gütersloh in Schutz. In einer Stellungnahme vom Montag betont es die &bdquo;eigenverantwortliche Umsetzung“ des &bdquo;konsequenten Kontrollregimes“. Und weiter: &bdquo;Im konkreten Fall war das Ministerium aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem Kreis Gütersloh bei der engmaschigen Überwachung der Firma Tönnies transparent über das Vorgehen informiert und betrachtete das Vorgehen des Kreises nicht zuletzt aufgrund des engmaschigen Testregimes bei der Firma Tönnies auch nicht als bedenklich.“Das Ministerium widerspricht auch dem im WDR-Beitrag erhobenen Vorwurf, durch diese Verkürzung seien womöglich Infektionen in den Betrieb eingetragen worden. Tatsächlich habe NRW als einziges Bundesland zur Kontrolle der Schlachtbetriebe seit dem 1. Januar 2022 eine wöchentliche Testung auch Geimpfter/Genesener mittels eines Antigentests verfügt. &bdquo;Diese Maßnahme dient der Steigerung des Sicherungsniveaus in den Schlachtbetrieben des Landes“, heißt es in dem Schreiben. Dadurch seien in NRW in der Fleischwirtschaft in der vierten Kalenderwoche zehn Prozent der nicht immunisierten und vier Prozent der immunisierten Beschäftigten positiv getestet worden. &bdquo;So konnte einer größeren Ausbreitung der Infektion in der Fleischwirtschaft entgegen gewirkt werden“, heißt es. Für die Landtagsabgeordnete Wibke Brems (Grüne) hingegen &bdquo;besteht erneut der Verdacht, dass die Landesregierung bei Tönnies nicht ganz so genau hinschaut und anscheinend weiterhin ein besonderes Kooperationsprinzip gilt, das dem Unternehmen mehr erlaubt als anderen Betrieben.“ Viele Fragen müssen jetzt schnellstmöglich geklärt werden, daher hätten die Grünen für die nächste Sitzung des Umwelt- und des Gesundheitsausschusses einen Bericht der Landesregierung über diesen Vorfall beantragt. Für Stefan Schneidt, heimischer SPD-Landtagskandidat, &bdquo;legen die Recherchen nahe, dass die Unabhängigkeit der Behörden nicht gewährleistet ist.“

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