Gütersloh "Dann ist die Kirchengemeinde tot": Protest gegen Abriss des Gemeindezentrums

Gütersloh. Die Gemeindemitglieder der Evangelischen Kirche Isselhorst wurden vor vollendete Tatsachen gestellt: Am 29. November verkündete das Presbyterium mit Pastor Reinhard Kölsch, dass der Entschluss für ein neues Raumkonzept gefasst wurde. Das Gemeindehaus, die jetzige Kita und die Häuser Steinhagener Straße 32 und 34 werden aufgegeben. Es wird eine neue fünfgruppige Kita auf dem Grundstück mit einem Investor gebaut. In der dritten Etage dieser Kita entsteht das neue Gemeindezentrum der Kirchengemeinde. Für die Jugendarbeit werden zusätzliche Räume in der Alten Schule angemietet. Die Grundstücke der Kita und des Gemeindehauses an der Steinhagener Straße 28 werden für Wohnbebauung zur Verfügung gestellt. Das Presbyterium lädt jetzt im zweiten Schritt zu einer &bdquo;Zukunftswerkstatt 2022“ und appelliert an die Gemeinde: &bdquo;Kommen wir ins Gespräch und bleiben wir in Kontakt! Gestalten wir gemeinsam die Entwicklung unseres Gemeindelebens.“ Doch mit dieser Ansage steht die Gemeinde Kopf. Lesen Sie auch: Kita-Abriss in Isselhorst: So sehen die Pläne für neue Wohnhäuser aus &bdquo;Wir haben mehrfach um ein Gespräch gebeten. Es ist abgelehnt worden“, erklärt Siegfried Bethlehem, Schulrektor i.R.. Er spricht für die &bdquo;Demokratische Gemeinde“ in Isselhorst, eine Bürgerinitiative mit dem Ziel, das Gemeindehaus zu retten. Die Gemeindemitglieder fühlten sich übers Ohr gehauen. &bdquo;Keiner maßt sich an, es besser zu wissen als das Presbyterium. Es geht einzig und allein um das Verfahren“, so Bethlehem. &bdquo;Als allererstes hätte man mit der Gemeinde über Visionen sprechen müssen. Dann die vorhandenen Ressourcen vorstellen, bevor man sich entscheidet. Das jedenfalls hätten wir uns gewünscht.“Stattdessen hätte die Grundstücksveränderung schon auf der Tagesordnung des städtischen Planungsausschuss gestanden, noch ehe ein einziges Gemeindemitglied davon Kenntnis gehabt hätte. &bdquo;So etwas wie ein demokratisches Verfahren scheint nicht angezeigt“, Bethlehem und viele andere Isselhorster seien wütend, &bdquo;weil den Entscheidern nicht klar ist, wie viele Emotionen mit diesem Gebäude verbunden sind.“Bereits vor zweieinhalb Jahren gab es in der Gemeindeversammlung massive Widerstände gegen die Veränderungsideen des Presbyteriums. Eine Beteiligung der Gemeindemitglieder wurde damals zugesagt. &bdquo;Diese Kommunikation hat nicht stattgefunden“, so die Bürgerinitiative. Aus diesem Grund hat die Gruppe eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen, um das Presbyterium zum Umdenken zu bewegen. "Das ist wie das Corona-Virus von Isselhorst", sagt Felix Krull Gefordert wird eine &bdquo;echte Zukunftswerkstatt“, die Fakten zur Situation der Kirchengemeinde darstellt, sprich belastbare Zahlen auf den Tisch legt. In einem zweiten Schritt sollen alle möglichen Zukunftspläne gedacht werden, bevor dann abschließend im dritten Schritt entschieden wird. &bdquo;Es kann nicht sein, dass weder die Hauptamtlichen, noch irgendein ehrenamtliches Kirchenmitglied wie etwa die Chorleiter oder der CVJM mit einem Wort in den Prozess eingebunden wurden“, so Felix Krull. Der Vorsitzende des Gewerbevereins hat sich der Bürgerinitiative angeschlossen. &bdquo;Es rumort an allen Ecken und Enden. Das ist wie das Corona-Virus von Isselhorst.“ Nahezu jeder fühle sich mit den Gebäuden verbunden. Vor 18 Jahren wurde das Gemeindezentrum komplett umgebaut. Für den Spielplatz habe es Spenden in sechsstelliger Höhe gegeben, viele Eltern hätten aktiv am Kindergarten mitgearbeitet. &bdquo;Dem Presbyterium ist die Basis komplett abhanden gekommen.“Wer würde denn unter diesen Umständen in Zukunft noch spenden, fragt Henner Schröder vom Heimatverein Isselhorst. &bdquo;Viele denken über Kirchenaustritt nach.“ Glücklich über die Bürgerinitiative ist vor allem der CVJM. Für ihn wurden schon ab 1. Januar 2022 Räume in der Alten Schule angemietet. Der Verein mit seinen 300 Mitgliedern wird somit von der Gemeinde ausquartiert. &bdquo;Es ist das Herzstück der Kirchenarbeit“, kommentiert Maria Vornholt-Schröder, &bdquo;wenn das umgesetzt wird, dann ist die Kirchengemeinde Isselhorst wirklich tot.“ Pastor nennt den Streit in seiner Kirchengemeinde ein "Dilemma" Rund 3.000 Mitglieder zählt die Gemeinde. Pastor Reinhard Kölsch wird im Herbst 2023 in den Ruhestand wechseln – eine Nachbesetzung seiner Stelle ist nicht vorgesehen. &bdquo;Ich sehe es als meine Aufgabe an, neue schlanke Strukturen für diese Zeit hinzubekommen. Das darf ich nicht aussitzen.“ Den Streit in seiner Kirchengemeinde bezeichnet er als Dilemma. Ziel sei es, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. &bdquo;Dafür würde ich mich einsetzen.“ Die Bürgerinitiative sei eine legitime Bewegung. &bdquo;Diejenigen, die jetzt das Wort erheben, kenne ich seit 35 Jahren.“ Gleichwohl habe die Gemeindeberatung empfohlen, den Prozess so zu führen, wie er geführt werde.Kirchmeisterin Annette Haase bestätigt das. &bdquo;Landes- und Kreiskirchenamt haben uns empfohlen, dass wir Beschlüsse fassen. Es ist kein Wunschkonzert.“ Man habe entschieden mit der festen Absicht, die Arbeitsbereiche und Jobs zu erhalten. Zuvor habe man schon vor langer Zeit dazu aufgefordert, im Presbyterium mitzuarbeiten. Selber habe man sich überreden lassen, das Ehrenamt weiter auszuführen, was inzwischen einem Halbtagsjob gleichkomme. &bdquo;Die Vertrauensbasis war schon vor zwei Jahren zerrüttet, als man uns bereits bei der ersten Versammlung unterstellt hat, dass wir Dinge hinter verschlossenen Türen entschieden hätten.“ Die Gebäudestrukturanalyse habe ergeben, dass man zu viele und zu große Räume unterhalte. &bdquo;Alle möchten gerne alles behalten, aber das geht nicht“, man habe den Wunsch der Gemeinde aufgenommen, an der Kirche nichts zu verändern. Der CVJM habe selbst Interesse an der Anmietung der Räume in der Alten Schule gezeigt. Sie sei deshalb verwundert über die massive Gegenwehr der christlichen Jugend. Haase berichtet insgesamt von wüsten Beschimpfungen und Zuschriften. &bdquo;Unsere Nerven liegen blank. Wir haben uns jetzt eine Weihnachtspause verordnet.“

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