Gütersloh Emotionale Reaktionen auf drohendes Aus eines bekannten Gütersloher Vereins

Gütersloh. Das Ehrenmitglied des Gütersloher Kneipp-Vereins, Jürgen Hans, hat mit großem Bedauern auf die drohende Auflösung des Vereins reagiert. Der 83-Jährige, der den Verein 20 Jahre lang geführt und zum größten in Nordrhein-Westfalen gemacht hat, hofft, dass das Ende noch abzuwenden ist. &bdquo;Die Kneippsche Idee einer gesunden Lebensführung ist doch hochaktuell. Wie kann der Vorstand zu dem Schluss kommen, es sei nichts mehr zu retten?" Für den 18. August hat der Vorstand zur Mitgliederversammlung eingeladen. Die zweite binnen kurzer Zeit. Sollten sich bis dahin oder an diesem Abend keine Nachfolger finden, werde über die Auflösung abgestimmt; eine Drei-Viertel-Mehrheit der stimmberechtigten Anwesenden reicht. Die Einwände des Vorstandes lässt er nicht gelten &bdquo;Dem Verein gehören immer noch um die 200 Mitglieder an", sagt Hans. &bdquo;Wieso findet sich da niemand?" Ein verantwortungsvoller Vorstand müsse in der Lage sein, frühzeitig das Feld für die Nachfolge so zu bestellen. &bdquo;Es ist jammerschade, was da passiert." Die Schwächung allein auf die Corona-Pandemie zu schieben, sei ihm zu einfach. &bdquo;Wenn der Verein finanziell gesund wäre, könnte er ein oder zwei Jahre Pause locker überstehen. Es gibt doch Hilfen für Vereine." Dass viele Menschen heutzutage weniger bereit seien, sich dauerhaft zu binden, möge stimmen, so Hans. Durch Nachlässe oder Sonderangebote sei es jedoch möglich, Kursteilnehmer als Mitglieder zu gewinnen, früher sei das jedenfalls gut gelungen. Auf die vielen Konkurrenzangebote zu verweisen, lasse er nicht gelten. Mit der Volkshochschule oder der Familienbildungsstätte habe es auch damals starke Mitbewerber gegeben. Ein Vermögen von 180.000 D-Mark übergeben Hans hatte den Gütersloher Kneipp-Verein einst zur Blüte geführt. Als er 1978 den Vorsitz übernahm, zählte der Verein 150 Mitglieder, als er ihn 199 abgab, waren es 1.100 – der größte Ortsverein in NRW, einer der zehn größten in Deutschland. Auch finanziell sei Verein kerngesund gewesen: &bdquo;Wir hatten bei meinem Ausscheiden ein Vermögen von 180.000 D-Mark." Wenn er nun über die Klagen des aktuellen Vorstandes über Mitgliederschwund und Jahre mit roten Zahlen lese, blute ihm das Herz. Seinerzeit seien die Halbjahreshefte mit den Kursen 120 Seiten dick gewesen, so Hans. Als er antrat, habe es nur einen vierseitigen Flyer gegeben, dann sei ihm die Idee mit dem bekannten grünen Heft gekommen. &bdquo;Es wurde zu einem Markenzeichen." Gedruckt in einer Auflage von 5.000, habe es überall in der Stadt ausgelegen. Das neue Informations- und Programmheft sei bundesweit auf Interesse gestoßen. &bdquo;Wir haben mehrere hundert Exemplare über die Landesgrenzen hinaus verschickt, alle Kneipp-Vereine wollten wissen, wie das geht und wie wir das anstellen." Das Kursheft war 120 Seiten dick Über die Geschäftsstelle, ebenfalls eine der ersten in Deutschland, sei ein Stab von ungefähr 20 Mitarbeitern und die vielen Dozenten koordiniert worden. Hannelore Pommerening leitete sie hauptamtlich mit einer Vollzeitstelle, &bdquo;sie war die Seele unseres Vereins". Der Kneipp-Verein organisierte Wanderungen mit Bussen von 100 Teilnehmern, er bot Reisen und mehrtägige Radtouren in Berlin, auf Rügen, durch den Oderbruch, auf Usedom an. Alle 14 Tage steuerte er heimische Kurbäder an, gründete Lauftreffs, richtete Winterfeste aus, lud zu Info-Abenden ein und bot eine enorme Vielfalt an Gesundheitskursen an, darunter solche mit Themen, die bis dahin weitgehend unbekannt waren, autogenes Training etwa. Anfang der 1980er-Jahre entwarf er einen Mitgliederausweis – den ersten bundesweit. Der Kneipp-Bund in Bad Wörishofen ließ ihn sich schicken und führte ihn auch andernorts ein. Julius Hackethal war der erste Übernachtungsgast im neuen Parkhotel Dazu die Großveranstaltungen: Manfred Köhnlechner, vom ehemaligen Generalbevollmächtigten bei Bertelsmann und einem der bestbezahlten Manager Deutschlands zum Heilpraktiker mutiert, lockte zwei Mal 1.200 Zuhörer in die pickepackevolle Stadthalle. Auch Professor Julius Hackethal, Chirurg und Verfasser standeskritischer Bücher, füllte die Halle gleich zwei Mal; zugleich kam ihm die Ehre zuteil, der erste Gast im neuen Parkhotel zu sein, noch vor dessen offizieller Eröffnung. Der international bekannte Krebsarzt Josef Issels sprach vor ausverkauftem Haus über die Frage &bdquo;Ist Krebs heilbar?", der Arzt und Ernährungspionier Otto Bruker referierte über &bdquo;Butter ist besser als Margarine", und weil Bruker zuvor in Osnabrück bei seinem Vortrag mit Eiern und Tomaten beworfen worden war, hatte Jürgen Hans sicherheitshalber Polizeischutz angefordert. Fast wäre ihm sogar gelungen, Christiaan Barnard nach Gütersloh zu holen, den Chirurgen, dem die weltweit erste Herztransplantation gelang. Einige Telefonate und Schriftwechsel später sagte Barnard ab – er war über Nacht zu einem Weltstar geworden. "Notfalls müssen andere einspringen" &bdquo;Nur mutig voran", das sei stets sein Leitmotiv gewesen, sagt Hans. Daher schmerze ihn die Mutlosigkeit des aktuellen Vorstandes auch so. Dass es den Gütersloher Kneipp-Verein tatsächlich bald nicht mehr gibt, werde der Landes- oder der Bundesverband hoffentlich zu verhindern wissen. &bdquo;Notfalls müssen sie selbst kommissarisch einspringen." Der Landesverband hat angekündigt, zur Versammlung am 18. August Vertreter zu entsenden.

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