Bielefeld. Grundstückseigentümer müssen die Jagd auf ihrem Gelände nicht mehr dulden. Im Fall eines Anwalts und überzeugten Vegetariers aus Baden-Württemberg hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt, mit der Jagdausübung werde der Schutz seines Eigentums verletzt. Auf dieses Urteil beruft sich jetzt der Senner Waldbesitzer Alexander von Spiegel. Im Gespräch mit Redakteurin Alexandra Buck erklärt er, warum er die Jagd heute grundsätzlich für überflüssig hält.
Herr von Spiegel, wer soll denn das Wild auf Ihren Ländereien hegen und pflegen, wenn Sie die Jäger verbannen?
ALEXANDER VON SPIEGEL: Für das Gros der Jäger ist Jagd nicht in erster Linie Hege, sondern vielmehr Beute machen. Hegen und pflegen können sich die Tiere ganz gut selbst. Die Jäger stören da eher.
Wie bitte?
VON SPIEGEL: Das liegt in den Genen des Wildes verankert. Je mehr Tiere geschossen werden oder im Straßenverkehr umkommen, desto mehr werden geboren. Und umgekehrt. Und es sind wahrlich genug Rehe, Füchse, Hasen und Co., die auf der Straße sterben. Oder die vertrieben werden, weil es ihnen im Wald und auf den Feldern wegen Wanderern, Radfahrern und sonstigen Erholungssuchenden zu ungemütlich ist. Dass die Selbstregulierung funktioniert, wird in etlichen Nationalparks deutlich.
Das sagen Sie als aus einer Jägerfamilie stammender Besitzer eines Jagdscheins?
VON SPIEGEL: Ich lehne die Jagd inzwischen ab, weil sie mein ethisches Empfinden erheblich beeinträchtigt. Durch die Jagd werden die Wildtiere unnötig erschreckt und aufgescheucht.
Wie läuft das denn ab, wenn die Jäger auf ihrem Land unterwegs sind?
VON SPIEGEL: Besonders auf meinen eigenen Flächen erlebe ich immer wieder eine ungeheure Rücksichtslosigkeit gegenüber den Wildtierkreaturen und der Natur. Hierzu zählt das Schießen an der einzigen Wasserstelle, an Anfütterstellen und auf Weidegründen. Diese Stellen werden notwendigerweise von Wildtieren aufgesucht, um an lebenswichtige Kräuter und Nährstoffe zu kommen. Wie wir Menschen zum Bäcker oder Lebensmittelladen gehen müssen, um uns zu ernähren. Das Schlimmste ist, dass viele Jäger sich nicht ankündigen. Die stehen dann auf meinem Land und schießen. Dass sie da sind, merkt man erst am Lärm. Das ist extrem gefährlich, besonders für jene Kinder auf dem Lande, die sich gerne in Feldern und Wiesen aufhalten. Gerade bei Treib- oder Drückjagden.
Was passiert da?
VON SPIEGEL: Die sogenannten Treiber scheuchen oder "drücken" das Wild aus dem Wald heraus. Am Waldrand warten in Reih und Glied die Jäger und erlegen ihre Beute. Da ist der Wald voll und das ist beängstigend und perfide.
Nach Aussage der Jäger ginge es im Wald drunter und drüber, wenn sie nicht wären. Stichwort "Verbissschäden".
VON SPIEGEL: Es reicht in der Tat schon ein einziges Reh, um eine gesamte Schonung zu vernichten. Angeknabberten Jungpflanzen kann man aber vorbeugen, indem man sie einzäunt. Das habe ich schon immer gemacht – und nie Probleme gehabt. Viele machen es nicht, weil es Geld kostet. Bedenken aber nicht, dass das auch Ertrag bringt. Und zwar über Generationen.