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BIELEFELD Sagerer: "Selbstverständlich gehe ich hin"

Uni-Rektor unterstützt Widerstand gegen Nazi-Demo

20.12.2011 | Stand 20.12.2011, 11:13 Uhr
Sagerer: "Selbstverständlich

gehe ich hin" - © BIELEFELD
Sagerer: "Selbstverständlich
gehe ich hin" | © BIELEFELD

Bielefeld. Prominente aus der Region positionieren sich gegen rechte Gewalt und Ideologie. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, sagte Bernhard Hänel, was er davon hält, dass Neonazis Heiligabend durch Bielefeld marschieren wollen.

Herr Sagerer, Menschen aus aller Herren Länder lehren und studieren in Bielefeld. Kann eine Uni schweigen, wenn Neonazis durch die Stadt marschieren?
GERHARD SAGERER: Nein, denn wir brauchen ein Klima der Offenheit und der Toleranz. Forschung ist international, und wir heißen Menschen aus aller Welt bei uns willkommen. Dafür steht diese Uni.

Wie empfinden Sie das Klima in dieser Stadt?
SAGERER: Wir haben ein unheimlich gutes gesellschaftliches Umfeld. Internationale Studierende und Wissenschaftler fühlen sich willkommen in dieser Stadt. Wir haben bisher keine Sorgen, sind aber wachsam. Es geht um unser Biotop, in dem wir leben und arbeiten und in dem sich unsere Gäste wohlfühlen sollen.

Rektor Gerhard Sagerer protestiert gegen die Nazi-demo an Heiligabend. - © FOTO: ANDREAS FRÜCHT
Rektor Gerhard Sagerer protestiert gegen die Nazi-demo an Heiligabend. | © FOTO: ANDREAS FRÜCHT

Viele Studierende sind Muslime. Haben Sie Sorge, dass die sich bedroht fühlen, wenn sie von den Morden an Türken lesen?
SAGERER: Das beschämt natürlich. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass es im engen Uni-Bereich Grund zur Besorgnis gibt. Ich glaube schon, dass alle sozialen Gruppen an der Universität wissen, dass es bei uns keinen Platz für Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder Ausgrenzung von Minderheiten gibt.

Die Uni hat viele ausländische Partnerhochschulen. Werden Sie gefragt, was los ist im Land?
SAGERER: Alle, die zu uns kommen, sprechen von einem freundlichen und annehmenden Umfeld. Natürlich wird auch über die nationalsozialistische Vergangenheit geredet. Aber niemand hat in Ostwestfalen-Lippe aktuell Angst; auch abends auf den Straßen nicht.

Aber erkennbar nichtdeutsche Studierende werden mitunter in Diskotheken abgewiesen.
SAGERER: Auf diesen alltäglichen Rassismus müssen wir achten. Das müssen wir auch öffentlich machen und diese Menschen unterstützen.

Eine Universität ist eine Republik freier Menschen. Gilt diese Freiheit eigentlich unbegrenzt?
SAGERER: Meiner Meinung nach nein. Freiheit ist auch immer Verantwortung und Respekt vor dem anderen und für das Gemeinwohl. Das sind Grenzen. Und wir müssen darauf achten, dass sie nicht überschritten werden.

Was tut Ihre Uni gegen die Gefahr von rechts?
SAGERER: Es gibt und wird keinen Platz dafür geben. Viele Wissenschaftler, in unterschiedlichen Disziplinen, setzen sich damit auseinander. Mit dem Institut für Konflikt- und Gewaltforschung haben wir einen Leuchtturm für diese wissenschaftliche Arbeit. Wir positionieren uns eindeutig gegen neonazistische Bestrebungen, denn wir brauchen ein tolerantes Klima wie die Luft zum Atmen.

Und was tut der Rektor?
SAGERER: Ich werde in der Universität auf die Veranstaltungen gegen den Aufmarsch der Neonazis an Heiligabend hinweisen. Und selbstverständlich gehe ich hin.