Bielefeld. Es ist gescheitert – und war doch erfolgreich: das Bürgerbegehren, mit dem sich Silke Schüler und Annette Davidsohn für den Erhalt aller Bielefelder Grundschulen einsetzten. Und 40.000 Unterschriften einsammelten. Der Rat erklärte es Donnerstagabend nach emotional geführter Debatte für unzulässig. Und dennoch wird zunächst keine Schule geschlossen.
Stattdessen steigt die Stadt in ein zugesagt offenes Verfahren ein, in dem bis Juni 2011 die Vorschläge zum Schließen von fünf Grundschulen ausgesetzt werden – und "eine intensive öffentliche Diskussion über die Grundschulentwicklung" ermöglicht werden soll. Dabei ließ die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP durchblicken, dass sie weiterhin davon ausgeht, nicht um Schließungen herumzukommen.
Das Aussetzen der Planungen und Erarbeiten von Vorschlägen unter Hilfe eines externen Moderators in Mediationsgesprächen entspricht einem Antrag der Ampel-Koalition, den sie gestern in der hitzigen Ratssitzung mit ihrer Mehrheit durchsetzte. Abgelehnt wurde damit ein Antrag von CDU, BfB und Bürgernähe, der forderte, für drei Jahre keine Schließungsbeschlüsse zu Grundschulen vorzunehmen. Dabei stimmte Oberbürgermeister Pit Clausen als einziges Mitglied der Ampel-Koalition bei zwei Aspekten mit der Opposition: Der Aufforderung, die Verwaltung möge eine ganzheitliche Schulentwicklungsplanung mit Eltern, Schulen sowie Politik gemeinsam entwickeln und dem Beschluss, alle Maßnahmen zur Neuorganisation der Grundschullandschaft auszusetzen. Er unterlag damit mit der Opposition der Ampel, inhaltlich aber gibt es nur sprachliche Unterschiede zu dem zuvor gefassten Ampel-Beschluss.
Rechtlich unzulässig
Eindringlich hatte Clausen beim Entscheid des Rates über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auf dessen rechtliche Unzulässigkeit hingewiesen, unter anderem daran entzündete sich eine harte Debatte. Die Argumente, alle längst ausgetauscht, wichen teilweise fast beleidigenden, mindestens aber immer wieder herabsetzenden Reden.
Als "dilettantische Hauruck-Methode" kritisierte Rainer Lux (CDU) das Verfahren. Was in den vergangenen Monaten geschehen ist, sei ein "Stück aus dem Tollhaus". Lux: "Wenn Sie das den Bürgern als Einstieg in die Diskussion verkaufen, haben Sie nicht alle Tassen im Schrank." Annette Davidsohn als Initiatorin des Bürgerbegehrens machte den Grünen Komplimente dafür, dass sie nun ergebnisoffen agieren wollten, "davon nehme ich aber ausdrücklich Inge Schulze aus". Konsterniert davon wirkte die Fraktionschefin der Grünen, die ihrerseits wiederum Andreas Rüther als Vorsitzendem des Schulausschuss "Scheinheiligkeit" vorwarf, weil der jetzt mangelnde Öffentlichkeit beklage, aber selbst immer wieder den nichtöffentlichen Arbeitskreis zur Schulentwicklungsplanung gerechtfertigt hatte.
Gerd Kranzmann (SPD) berichtete aus diesem Gremium; dort habe ihm ein CDU-Mann ("kein Leichtgewicht") angeboten, beim Schulenschließen mitzumachen, "wenn wir nur die Migrantenschulen nehmen und nicht die Dornberger Schulen". SPD-Fraktionschef Georg Fortmeier bewertete die Opposition im Rat als "Koalition der Gesetzesmissachter".
Und Annette Davidsohn warf diese mögliche Perspektive auf die Abstimmungspanne im Bürgerausschuss, wo eine FDP-Frau die Wahl verpasste, weil sie mit ihrem Baby vor der Tür war, in den Saal: "Elegante Lösung."