Prepaid-Karten streiken: Bielefelder Familie ist sauer – Mobiel bessert nach

Bielefeld. Mobiel hat im Ticketgeschäft eine umfangreiche digitale Performance hingelegt. Unter anderem wurde das von ÖPNV-Gelegenheitsfahrern geschätzte Papier-Viererticket aus dem Verkauf genommen, die letzten Entwerter in Bus und Bahn gehen in Rente. Die Alternativen sind eine Mobiel-App, eine Prepaidkarte und digitale Entwertungsautomaten. Das ist der Ist-Zustand. Der Soll-Zustand soll sein – das sollte alles funktionieren. Doch Mobiel muss sich immer wieder mit testfahrenden Kunden auseinandersetzen, die Lücken in dem neuen System finden, die die Systemerfinder und -umsetzer übersehen oder nicht bedacht haben. Es muss sich halt einruckeln, wie man so schön sagt. Doch das sehen nicht alle Mobiel-Kunden so. Eine solche Testfahr-Familie hatte nun mit der Redaktion Kontakt aufgenommen und sehr detailliert den Ist-Zustand aufgeführt, den sie im wahrsten Sinne erfahren hat. Und der befindet sich ihrer Meinung nach etwas zu weit entfernt von dem Soll-Zustand – oder besser gesagt – von dem realen Leben – dieser Familie. Was also ist passiert? Mobiel-Prepaid-Karte und Automat versagen Das Ticket des Anstoßes war zunächst die Prepaid-Karte von Mobiel – und die Mobiel-You-App. Doch dazu später. Es ging tatsächlich um eine Probefahrt für eine der zwei Töchter. Um erstmals mit dem Bus einen Ort in Bielefeld anzufahren, wurde die minderjährige Tochter von der Mama begleitet. Nachdem man die richtige Linie ausgewählt hatte, kam auch prompt der Bus. Soweit, so gut. Nun stellte sich bei der &bdquo;Probefahrt“ heraus, dass der neu installierte Automat weder die neu gekaufte Prepaid-Karte der Mutter, noch die der Tochter akzeptierte. Während des Entwertungsversuchs hatte der Bus mittlerweile die Zielstation erreicht. Streng genommen waren also Mutter und Tochter zwei Schwarzfahrerinnen. Denn auch aus zahlungstechnischen Gründen konnte zudem die auf dem Smartphone eingerichtete Mobiel-You-App nicht helfen. Es war ja auch schlicht zu spät. Lesen Sie dazu einen Kommentar: Neue Tickets in Bielefeld: Digital gut gedacht – praktisch schlecht erklärt &bdquo;Auf Rückfrage im Mobiel-Center am Jahnplatz wurde meiner Ehefrau mitgeteilt, es läge nicht an den Karten, es läge tatsächlich am Automaten, somit war das Problem bekannt“, sagt der Familienvater. Auf dem Rückweg wurde es dann noch kreativer. &bdquo;Auf der Rückfahrt war im Bus gar kein Automat für die Prepaid-Karten installiert, sondern es musste – unerwartet – in bar bezahlt werden“, erzählt er weiter. Preisaufschlag beim Fahrer, Mobiel reagiert &bdquo;Noch aufgebracht von dem vorausgegangenen Ereignis fragte meine Ehefrau, warum die Fahrt dann 2,10 Euro anstatt 1,90 Euro wie beim Automaten kosten würde. Die Antwort des Fahrers war: &bdquo;Ist halt so – es wäre eben ein Aufschlag, da man beim Fahrer kaufen würde.“ Der Familienvater griff also erbost zur Tastatur und schrieb eine Beschwerde an Mobiel. Das Unternehmen antwortete prompt. &bdquo;Guten Tag liebe Familie, (...) Wir möchten uns aufrichtig für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen – insbesondere dafür, dass die Probefahrt nicht den gewünschten Effekt hatte und für Ihre Tochter und Ihre Ehefrau unangenehm war. In den letzten Tagen konnten wir den Fehler bei den Prepaid-Karten identifizieren und beheben. Ursache war ein Problem bei der Verknüpfung zum Zahlungsanbieter. Die Bezahlung an den Automaten mit Prepaid-Karten funktioniert nun wieder zuverlässig.“ Mobiel-You-App und Minderjährige – Bezahlung schwierig Doch was genau hatte es jetzt mit der Mobiel-App auf sich, die eigentlich für den normalen Gelegenheitsfahrer zuverlässig funktioniert? Sofern man sich nicht schon wieder anmelden muss und natürlich das Passwort vergessen hat. Hier war die Sachlage deutlich komplizierter. &bdquo;Zusätzlich hatten wir auf jedem Smartphone unserer Töchter die Mobiel-You-App installiert, um diese als Zahlungsmittel verwenden zu können“, beginnt der Familienvater den zweiten Akt der Mobiel-Saga. &bdquo;Dabei sind wir jedoch für unsere minderjährigen Töchter schnell an Grenzen gestoßen.“ Denn um über Paypal Bezahlungen und Geschäfte abzuwickeln, muss der Kunde mindestens 18 Jahre alt und geschäftsfähig sein. Das ist hier nicht der Fall. Hintergrund: Papier-Tickets und Entwerter verschwinden: Was Bielefelder Fahrgäste jetzt wissen müssen Und für die weiteren Zahlungsmethoden der App ist der Familienvater nicht bereit. &bdquo;So wie sich jedoch Mobiel präsentiert, kommt es für uns nicht infrage, entweder unsere Online-Banking-Zugangsdaten oder unsere Kreditkartendaten in die App einzugeben.“ Aus Sicherheitsgründen, wie er sagt. Das bedeute, dass sich die Töchter mit den Prepaid-Karten behelfen müssten, da andere Zahlungsmittel wie Apple Pay nicht angeboten werden. Doch auch dafür hatte Mobiel eine Antwort zur Beschwerde parat. &bdquo;Wir (...) arbeiten aktuell an einer neuen Funktion in der Mobiel-You-App, von der wir überzeugt sind, dass dies die Nutzung für Familien deutlich erleichtern wird.“ Ticket ohne Kreditkarte: Familienfunktion geplant Das bestätigt Mobiel-Sprecherin Yvonne Liebold. &bdquo;Mobiel entwickelt eine Möglichkeit, über die App den minderjährigen Gästen ein gültiges Ticket erstellen zu können.“ Das könne in etwa so aussehen, dass Mutter oder Vater ein Ticket kaufen und es dem jungen Nutzer in der App zur Verfügung stellen, also zuweisen. Das werde allerdings noch etwas Entwicklungszeit benötigen. Also hat auch hier das Testfahren einer Bielefelder Familie der Digitalisierung eines Unternehmens geholfen? Natürlich beklagt der Vater zu Recht, dass das so nicht der richtige Weg sein könne. &bdquo;Mobiel hat ein funktionierendes Bezahlsystem abgeschafft, ohne zuvor parallel und ausreichend – in einem kleinen Benutzer-/Betroffenenkreis – die Zuverlässigkeit des neuen Systems sicherzustellen. Es gibt Dinge, die funktionieren müssen, dazu gehört die Feuerwehr, der Rettungsdienst, die Polizei, die Trinkwasserzufuhr, das Abwasser, der Strom – aber auch der ÖPNV.“ Bielefelder Familie erhält Entschädigung Mobiel-Sprecherin Yvonne Liebold widerspricht der Darstellung und sagt auf Anfrage: &bdquo;Natürlich haben wir die Automaten im Vorfeld getestet.“ Die bekannten Fehler und Probleme seien allerdings inzwischen behoben. Es könne halt passieren, dass sich so ein neues System einruckeln müsse. Die akribische Arbeit unserer Testfahr-Familie wurde übrigens sehr wohl zur Kenntnis genommen. &bdquo;Als Entschädigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten möchten wir Ihnen gerne einen Bädergutschein zusenden“, so Mobiel. Ob unsere wackere Bielefelder Familie die Fahrt zum Schwimmvergnügen mit dem Bus oder der Bahn antritt, ist noch nicht entschieden.

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