Bielefelder Auswanderin betreibt mit ihrer Familie eine riesige Farm in Kanada

Bielefeld. &bdquo;Jetzt, wenn ich mich wieder so viel mit der Zeit beschäftige, bekomme ich Lust zu reisen“, sagt Melanie Radtke. Nach dem Abitur am Bielefelder Max-Planck-Gymnasium reiste sie mit einem &bdquo;Around the World Ticket“ durch drei Kontinente. Seit 2008 lebt sie mit ihrer Familie in Kanada. 1996 war sie ein Jahr unterwegs: USA, Neuseeland, Australien, Thailand, Vietnam. Sie jobbte mit kleinem Budget, putzte, erntete Weintrauben, renovierte ein Hostel und entdeckte ihre Leidenschaft für das Reisen in anderen Kulturkreisen. Zurück in Bielefeld studierte sie Pädagogik, mit dem Ziel, im Ausland zu arbeiten, reiste durch das südliche Afrika und Indien und absolvierte ihr sechsmonatiges Pflichtpraktikum an einer Vorschule in Gambia. &bdquo;Afrika hat mich fasziniert – die Energie, die Musik, das alltägliche Leben auf der Straße. Es war sehr wertvoll, in einem armen Land mit den Menschen zu leben. Solche Einblicke bekommt man als Tourist nicht“, sagt sie. Nach dem Studienabschluss 2002 zog Radtke nach Südafrika. Über den Landessportbund NRW arbeitete sie für das Projekt &bdquo;SPACE – Sports Against Crime“. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung in einer Provinz entstanden Sportstrukturen in Townships: Ligen, Schiedsrichter- und Trainerausbildung, mit dem Ziel, Jugendlichen aus Armut und Perspektivlosigkeit Wege abseits der Kriminalität zu eröffnen. Bielefelderin lernt Ehemann während Urlaub in Senegal kennen Parallel hatte sie am Auswahlverfahren des Deutschen Entwicklungsdienstes teilgenommen. Kurz darauf erhielt sie ein Angebot in Durban: Bei der Organisation &bdquo;Art Works Trust“ unterstützte sie Frauen und Jugendliche, die von Armut und Aids betroffen waren. Im Mittelpunkt standen Projekte, die Frauen ein eigenes Einkommen ermöglichen – etwa durch Nähen. Als ihr Vertrag endete, meldete sich die Vorschule aus Gambia mit einem Festangebot. Ab 2004 kehrte die heute 48-Jährige zurück, führte Fortbildungen durch und organisierte Spendenaktionen. Mit den Kindern bastelte sie beispielsweise Kalender, die in Deutschland verkauft wurden. Lesen Sie auch: Bielefelderin zwischen Wüstensand und Glaspalästen – eine Auswanderin in Abu-Dhabi Während eines Kurzurlaubs im Senegal lernte sie ihren heutigen Ehemann Joshua kennen, einen Kanadier, der zu Fuß durch das Land wanderte und nach Gambia weiterreisen wollte. Radtke lud ihn zu sich nach Gambia ein. Ihr Vertrag lief aus, beide hatten keine festen Pläne. Da Joshua Programmierer ist, gründeten sie gemeinsam eine Software-Firma. Familie lebt heute an der Westküste Nach zwei Jahren wollten sie aufgrund der politischen Unruhen in Gambia nach Kamerun umziehen. Sie kauften einen Sprinter und reisten mit zwei Hunden, die sie an Gambias Strand aufgelesen hatten, mehrere Monate durch Westafrika. &bdquo;Wir sind bis nach Ghana gekommen und dann brauchten wir eine Pause von Afrika, zu oft wurden wir krank oder sind ausgeraubt worden“, sagt die 48-Jährige. 2008 zogen sie daher nach Kanada, Joshuas Heimat, in der er seit zehn Jahren nicht mehr gelebt hatte. Dort wurden sie sesshaft, haben zwei Kinder bekommen und wohnen mittlerweile in Sooke, einem kleinen Ort auf Vancouver Island an der Westküste des Landes. Die Software-Firma hat Erfolg, Joshua konnte Bereiche abgeben, aber seine Frau stieg wegen der Kinder aus. Einmal im Jahr kommt die Familie zurück nach Bielefeld Zwei Kinder, Ehemann und Haus. Das klingt bei einem solchen Lebenslauf schon fast nach Ruhestand – Fehlanzeige! Als die Kinder älter waren, plante die Familie 2021 ein nächstes großes Projekt. Die am längsten durchgängig bewirtschaftete Farm in Westkanada liegt in Sooke und soll umgebaut werden. Das 33 Hektar große Grundstück wurde 1851 von schottischen Einwanderern gegründet und soll heute Menschen Natur und ökologische Landwirtschaft näherbringen. Für Kanada-Reisende bietet sich hier die Möglichkeit, mitzuarbeiten. Aus Bielefeld in die Welt: Junges Paar startet in den USA durch: von Bielefeld in die Traumfabrik am Pazifik Einmal im Jahr kehrt die Familie nach Bielefeld zurück – immer zur Weihnachtszeit. &bdquo;So einen schönen Weihnachtsmarkt gibt es bei uns nicht“, sagt Radtke. Auch das Altstadtflair mit Cafés und kleinen Läden fehle in Kanada, dort dominierten Malls. &bdquo;Wenn ich in Bielefeld bin, bummle ich den ganzen Tag durch die Innenstadt.“ Weitere Auswanderer-Geschichten: Menschen aus OWL berichten Für die Kinder ist anderes spannend: Bei ihrer Oma in Bielefeld finden sie es witzig, Wohnungsschlüssel zu benutzen. In Kanada wachsen sie ohne Schlüssel auf. &bdquo;Ich fühle mich hier extrem sicher – wir schließen weder Autos noch Haus ab. Manchmal ist der Besuch vor mir da und wartet schon auf dem Sofa“, sagt Radtke. Zudem schätzt sie die kanadische Offenheit. &bdquo;Da kommt unsere Bürgermeisterin und stellt sich mit ihrem Vornamen vor. Auch mit der Ministerin für Tourismus waren wir direkt per Du“, erzählt sie. Zurück nach Deutschland zu ziehen, könne sie sich nicht vorstellen. In ihrem Heimatland würde in vielerlei Hinsicht zu eng gedacht. Eine Lücke im beruflichen Lebenslauf beispielsweise sei oft ungern gesehen. In Kanada dagegen werde es bewundert, wenn jemand ein abenteuerliches Leben führte, wie sie es getan habe. Ungewöhnliche Auswanderung: Bielefelder zieht für die Liebe nach Asien

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