Queeres Straßenfest Bielefelderin läuft als Drag-King beim Christopher Street Day mit

Bielefeld. Männer, die sich als Frauen verkleiden sind in Hollywood ein alter Hut: Tootsie, Mrs. Doubtfire oder Daphne und Josephine aus &bdquo;Manche mögen heiß“ haben sich längst Denkmäler aus Celluloid errichtet. Alle haben eines gemeinsam, sie kleben sich Wimpern auf, bemalen ihre Lippen, stopfen ihre BHs aus und ziehen sich Kleider an, um beruflich neue Wege gehen zu können. Sie sind Ikonen der Drag-Bewegung geworden, ähnlich wie Popstars, die mit ihrer Androgynität kokettieren, David Bowie etwa, Grace Jones und auch Madonna. Wobei letztgenannte bekanntlich Frauen sind, so wie Andrea Kumpe auch. Die 40-jährige Bielefelderin, und das hat dann doch Seltenheitswert, schlüpft zuweilen in die von ihr geschaffene Kunstfigur des &bdquo;Larry Long“, ein Bild von einem Mann (&bdquo;Männer? Diese haarigen Biester!“). Für ihren knackigen Six-Pack, den gepflegten Oberlippen-Bart, den scharfkantigen Wangenknochen und ihrer hoch toupierten Frisur braucht Andrea Kumpe drei Stunden vor dem Schminktisch. Sie ist nach ihrem eigenem Bekunden, die/der einzige Drag-King in der Stadt. Und ihre Verwandlung hat nichts mit ihrer beruflichen Karriereleiter zu tun: &bdquo;Ich nehme mir temporär die Privilegien eines Mannes“, sagt Kumpe. Ein angeflanschter Moustache auf der Oberlippe als Zeichen gegen das Patriarchat. &bdquo;Natürlich mach ich mich auch ein bisschen über diese Männlichkeit lustig“, gesteht sie. Kumpe ist dann eine Kunstfigur – wie auch Lady Gaga, Alice Cooper oder auch Wolfgang Petry. &bdquo;Ich nehme einen kleinen Teil meiner Persönlichkeit und übersteigere mein Äußeres“. Kumpe genießt dabei die Verwirrung, die dadurch entstehen kann: &bdquo;Es ist doch schön, wenn sich plötzlich ein schwuler Mann für mich interessiert“. Drag-King Larry Long genießt die Verwirrung Its Showtime: &bdquo;Voilà, das ist unser gemeinsames Zimmer“. Kumpe steht in ihrer Wohnung in einem Raum mit einer imaginären Trennungslinie. In der einen Hälfte lebt die Grafik-Designerin ein ganz &bdquo;normales“ Leben – &bdquo;Ich bin weiblich, es ist mir aber nicht so wichtig“, sagt sie von sich. Eine Kommode, eine Kleiderstange, ein Bücherregal, ein Bett, darüber hängt die Regenbogenflagge. Die andere Hälfte hat Larry okkupiert: ein Spiegel, ein Schminktisch, eine Ablage übersät mit Nieten, Federn, Kettengliedern, Kunstbärten, Latex-Nippeln und anderen Accessoires. Und eine zweite Kleiderstange auf denen Klamotten hängen, die man wohl nur in den verstecktesten Hinterhof-Läden im tiefsten Kreuzberg finden würde. Knöchellange Mäntel mit aufgenähter Boa, ranzige Lederjacken mit angenähtem schrillbuntem Federschmuck, durchlöcherte Netzstrümpfe oder einen, mit Stacheln bestückten Schulterpanzer – alles, was Grafik-Designerinnen mitunter so zu tragen pflegen. In einem Regenschirm-Ständer parkt ein Stock mit einem Totenkopf: &bdquo;Guck mal, der kann sogar sprechen!“ Daneben steckt ihr Steckenpferd: &bdquo;Eine Anerkennung von Bambi Mercury“. &bdquo;Drag-King zu sein, das bedeutet für mich das Ausleben der Wildheit männlicher Rockstars“, sagt sie. Wenn sie als Larry Long aus der Haustür geht, ist sie für ein paar Stunden nicht mehr Andrea Kumpe, auch nicht in ihren Bewegungsabläufen, ihrem Gang und das ist kein Wunder: &bdquo;Mit einem dicken Paar Wollsocken als Staffage zwischen den Beinen und nach außen gezogenen und dort fixierten Brüsten gehst Du natürlich auch ganz anders“, erklärt sie. Am Samstag, beim Christopher Street Day, wird Andrea Kumpe wieder in ihre Kunstfigur schlüpfen und den Nachmittag vor dem Schminkspiegel verbringen. Dann macht sie sich mit Wollsocken auf den Weg in den Club Nr.z.P. an der Große-Kurfürsten-Straße 81 und wird gemeinsam mit Friedel Fatale, Saroxa und Raffael a la Carte eine Drag-Performance abliefern (Eintritt: 3 bis 8 Euro). Mit Wollsocken auf den Weg in den Club Nr.z.P. Apropos Drag (&bdquo;Dressed as a guy“): Die Frage nach ihrer/seiner ganz persönlichen sexuellen Identität, Orientierung oder Ausrichtung haben wir weder Andrea noch Larry gestellt. Warum nicht? Weil es keine Rolle spielt! &bdquo;Selbstbestimmt“ ist das Motto des Christopher Street Day 2023 in Bielefeld.

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