Wirtschaftsförderung Fast 100 Unternehmen suchen in Bielefeld dringend neue Flächen

Bielefeld. Für Wirtschaftsförderer ist die Bilanz niederschmetternd, für Umweltschützer ein Grund zur Freude: In Bielefeld sind in den letzten Jahren lediglich knapp zehn Hektar neue Gewerbefläche ausgewiesen worden. Das Angebot an freien Grundstücken ist derzeit null. Gleichzeitig ist die Nachfrage seit Jahren riesig. Aktuell liegen bei der Stadt 93 konkrete Anfragen von Unternehmen vor. Ein Viertel davon sucht nach Gewerbegrundstücken. Es geht um rund 66 Hektar. Die Situation beeindruckt offenbar auch die Parteien im Rat. Bisher waren vor allem FDP und CDU dafür, Gewerbe- und Industriebetrieben neuen Raum in der Stadt zu geben. Jetzt sind auch SPD, Grüne und Linke bereit, das Thema erneut anzugehen. Schon 2016 hatte die Stadt eine Gewerbeflächenbedarfsprognose erarbeiten lassen. Ergebnis: Bis 2035 würden - Flächen für Erschließungs- und Ausgleichsflächen eingerechnet - 318 Hektar Bruttobauland gebraucht, so die Gutachter. Zwar verfügt die Stadt über gut 200 Hektar Gewerbeland, doch nur theoretisch. Die Flächen sind nur in Plänen vorgemerkt, werden von den Eigentümern nicht verkauft, sind schadstoffbelastet oder sind nicht erschlossen. Was bleibt, ist ein riesiges Defizit. 1.000 Arbeitsplätze entstehen auf 15 Hektar Nur zwei größere Areale wurden in den letzten Jahren auf den Markt gebracht: Niedermeyers Hof (Erdbeerfeld) in Oldentrup und das interkommunale Gewerbegebiet in Altenhagen. Beide sind jeweils knapp über 20 Hektar groß. Die Gebiete wurden bereits 2014 und 2015 im Flächennutzungsplan der Stadt ausgewiesen. Die Grundstücke dort gingen weg wie warme Semmeln, etliche Firmen von außerhalb siedelten sich an. Und: "Auf 15 Hektar Gewerbegebiet kommen in der Regel rund 1.000 Arbeitsplätze. Und davon sind in neuen Gebieten mindestens ein Drittel neu geschaffene Stellen“, sagt Henrich Hardieck vom städtischen Wirtschaftsdezernat. Das Flächendefizit besteht auch, weil die Stadt bisher nicht den 2016 von den Gutachtern empfohlenen Flächenvorrat von 40 bis 50 Hektar anlegen konnte. Zwischen 2016 und 2021, so das Wirtschaftsförderungsdezernat, wurden nur 8,2 Hektar neue Gewerbeflächen geschaffen. Überraschende Reaktion der Ratsmehrheit in Bielefeld Die FDP sieht daher dringenden Bedarf, das Thema erneut ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen. In der letzten Ratssitzung beantragte sie Gewerbeflächenstrategie: Dazu sollen jedes Jahr Ziele zu Ankauf, Planung und Erschließung von Flächen festgelegt werden. Die Reaktionen der rot-grün-roten Mehrheitskoalition, bisher eher kritisch in Sachen Flächenverbrauch, überraschten die Liberalen. "Bei der Wirtschaftsförderung geht es nicht nur um Flächen", meint Sven Röhring von der SPD. Schließlich seien in den letzten zehn Jahren in Bielefeld "35.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs" entstanden. Allerdings: In Bielefeld brauche man mehr Wohnraum, mehr Naturflächen, aber eben auch mehr Gewerbeflächen. "Finde den Antrag gar nicht so schlecht" Dominik Hallau von den Grünen warb dafür, dass Grüne und FDP sich aufeinander zu bewegen. "Ich finde den Antrag gar nicht so schlecht", sagt er. Feste Jahresziele seien allerdings "eher suboptimal", das hätten die Vereinbarungen mit der Initiative Radentscheid gezeigt. Darin waren konkrete Vorgaben für den Bau neuer Radwege festgeschrieben worden. Bernd Vollmer (Linke) wies auf das "zentrale Problem" hin: "Gewerbeflächen sind wichtig, aber Landwirte sind nicht bereit, Flächen zu verkaufen." Die CDU hält neue Gewerbeflächen ohnehin für "zukunftswichtig". "Wir müssen etwa für den Wirtschaftsstandort tun", so Ralf Nettelstroth. Nun soll der Antrag der FDP im Wirtschaftsförderungsausschuss behandelt wrden. Die einen unken, dass die Sache dort wohl in aller Stille beerdigt wird. Andere sehen den Lichtstrahl am Horizont und hoffen darauf, dass sich eine breite Mehrheit für neue Gewerbegebiete findet. quer durch die .

Mehr zum Thema